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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 56.1905-1906

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.10293#0173

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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.



Mochenversammkungen.

Programm für die nächsten Wochenversammlungen.

6. März: Vortrag von vr. Alex. Eibner über A n strich -
und Malerfarben (mit Vorführungen).

J 3. März: Vortrag von vr. Joseph p ell über die Blütezeit
Cordoba's unter arabischer Herrschaft
(mit Lichtbildern).

20. März °. Vortrag von Konservator Dr. PH. M. Palm .

Aus den Schätzen des Bayerischen Nationalmuseums
(mit Lichtbildern).

27. März: Generalversammlung.

3. April: Ausstellung und Vorführung von Lückeburger
Volkskunst durch Maler Brandes,
jo. April: Vortrag von Alex, p e i l m ey e r: Mo d er ne Plastik.
2-J. April: Lehrlingsfeier und SchIußabend.

Siebenter Abend — den 9. Januar J906 — Vortrag
von Prof. vr. Berthold Riehl über Eugen Napoleon Neu-
reuther, dein Maler und Radierer, der zu den Gründern
des Kunstgewerbevereins zählt und dessen hundertster Geburts-
tag in diese Zeit — J5. Januar — fällt. Eugen Napoleon
Nenreuther war der Sohn eines Zeichenlehrers; er kam gerade
zur Zeit, als Lornelius die Glyptothek ausmalte — J822 —
nach München, wo der genannte Meister bald in den: neuen
Schüler das aufs Vrnamentale gerichtete Talent erkannte und
darum den noch sehr jugendlichen Künstler zur Mitarbeit an der
Ausschmückung des Trojasaales in der Glyptothek heranzog.
Neureuther bevorzugte in seinen Studien besonders die ein-
heimische Flora, er beschränkte sich dabei nicht auf das Bluincn-
malen, sondern er ging bei dein Pflanzenstudium aus das
Wesentliche, aus die Struktur in fast moderner Weise ein. Als
er Ende der zwanziger Jahre zu seiner Erholung sich einige Zeit im
Gebirge aushielt, gaben ihm Landschaft und Volksleben reiche
Anregung, dereii reichste Frucht die Illustrationen zu den
„Schnaderhüpfeln" (j83p waren; diese waren ihrerseits so be-
deutend, daß Cornelius den jungen Neureuther auf die Goethe-
scheu Balladen verwies, deren Illustrierung sogar den Alt-
meister Goethe selbst sehr befriedigten. Auf diesein Wege ge-
riet Neureuther in das Gebiet des Buchschmuckes, das er in
hohein Maße beherrschte und bereicherte; schon er stellte den
Grundsatz aus, daß Text und Buchschmuck ein Bild sein sollen.
— Nachdem Neureuther in den dreißiger Jahren an der Aus-
malung der neuen Residenz tätig gewesen war (Wieland-Fries),
wandte er sich, J857, nach Italien. Er blieb aber ein guter
Münchener, und als bald nach seiner Rückkehr die ersten An-
fänge des Wiederauflebens der pandwerkskunft sich zeigten,
da war Neureuther einer der ersten, die sich mit solchen Ar-
beiten — in Entwürfen — befaßte; so kam es, daß er auch
J8-J8—j856 als Inspektor der Nymphenburger Porzellan-
manusaktur angeftellt wurde. Der „angewandten Kunst" blieb
er aber auch sonst treu; so entwarf er J868 die Sgraffiten
für die Fassaden des Münchener Polytechnikums, und er

mar dann an der Kgl. Kunstgewerbeschule als Lehrer der
Dekorationsmalerei bis zu seinem Rücktritt (j878) tätig. Er-
starb J882. Neureuther war einer der ersten, die die For
derung, daß alles künstlerisch gearbeitet werden soll, aufstellte
und nach Kräften erfüllte. Er war ein bedeutender Mann in
bedeutender Zeit, der ruhig seinen eigenen Weg gegangen ist
ohne viel Lärm zu machen. — Der — wie immer — geistvolle
Vortrag, der von einer großen Menge Zeichnungen, Radie-
rungen re. begleitet mar, fand den lebhaftesten Beifall.

Achter Abend — den je. Januar — Vortrag von Pros
vr. Karl Giesenhagen: „Aus dem Formenschatz der Meeres-
algen". Der Vortragende leitete seine Ausführungen ein mit
dem porazischen Wort: „Adel und Tugend, wenn nicht das
nötige Kleingeld damit verbunden ist, sind weniger wert als
eine Meeresalge" und wies damit hin auf die den Algen ent-
gegengebrachte Geringschätzung, die auch heute noch vielfach
herrscht, obgleich ihre Bedeutung zur Gewinnung von Jod
und Soda bekannt ist und obgleich ihre Schönheit in Formen
und Farben sehr vielfach mit der der Landpflanzen den ver-
gleich aushält. Einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen
den Algen und den Landpslanzen besteht darin, daß in ersteren
das Grün — das Chlorophyll — nur einen verschwindend
kleinen Bestandieil ausinacht. Der Mangel des Lichtes be-
günstigt braune bis purpurrote Färbungen; bis <joo Meter
Meerestiefe reichen die letzten Einwirkungen der Lichtstrahlen.
Schon bei joo m Tiefe verschwinden Rot und Gelb, dann Grün
und Blau, zuletzt das Ultraviolett. Die Verschiedenheit der
Algen ist von der sie umgebenden Atmosphäre abhängig; sie
muß fest am Boden haften, gegen Ziehen und Zerren ge-
sichert, nicht steif und starr, sondern biegsam sein. Zur Aus-
nahme der Nährstosle muß ihre Gberfläche im vergleich mit
ihrer Masse möglichst groß sein, daher sie vielfach aus dünnen,
blattartigen Formen bestehen. Trotzdem sind — wie die vor-
gesührten Lichtbilder und die in einem prächtigen perbarinm
gezeigten Beispiele lehrten — ihre Formen ungemein manch-
saltig: sadenartige, bandwurmsörmige, durchlöcherte, zerfetzte,
keulenartige u. a. Blattsormen, Palmenwedel, Rosetten, baum-
und pilzähnliche Bildungen re. Unter den Algen findet sich auch
die wohl überhaupt größte Pflanzenart — Makrocystis —, die eine
Ausdehnung von 300 Metern erreicht. Unter dem pinweis
auf die große Bedeutung, welche die Algen für den Mrnamen-
tiker haben, sprach Redner zum Schluß den Wunsch ans, daß,
wenn es einmal zur Verlegung des botanischen Gartens
komme, es dann auch wohl ermöglicht werde, die Meeresalgen
des hiesigen botanischen Museums dein allgemeinen Studium
zugänglich zu machen. Der Vortrag, dem die zahlreiche Zu-
hörerschaft mit gespannter Aufmerksamkeit folgte, erntete leb-
haftesten Beifall.

Die W 0 ch e n v e r sa m in l u n g e n werden mit ihrem
Thema stets im Dienstag-Vorabendblatt der
„M. N. N." unter dem nebenstehenden (im Dri-
ginal größeren) Vereinszeichen bekannt gegeben;
da Änderungen im Wochenprogramm sehr leicht
eintreten, empfiehlt es sich, stets jene Anzeigen auszusuchen.

veranlw. Red.: Prof. k. Gmelin. — lZerausgegeben vom Bayer. Runstgewerbeverein. — Druck und Verlag von R. Dldenbourg, München.
 
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