Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

DOI Artikel:
Bröcker, Paul: Was soll uns die Bauernkunst?
DOI Artikel:
Buchwald, ...: Münchener Künstler in der Fremde, [2] : Theodor von Gosen; neuere Arbeiten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0173

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Münchener Künstler in der Fremde. II. Theodor v. Gosen; Neuere Arbeiten.

halb auch die damaligen formen bis auf die für
unsere Zeit charakteristischen fortzuführen verstehen.
Äas kann uns durch ehrliches Arbeiten für unser
wirkliches Bedürfnis gelingen, denn das bestimmt
im Bunde mit dem Material die Form, und es ist
selber so ein Entwicklungsprodukt, dessen Werden mit
dem des seelischen Gehalts zusammcnfließt.

Zn dieser Tradition als Ganzes aber ist die
Bauernkunst eine wichtige Einzelheit. Wir alle hatten
einst bäuerliche Kultur, die sich zur städtischen wan-
delte, wie ihre äußerliche Gestalt, die Wirtschaft, sich
aus der agrarischen in die gewerbliche und indu-
strielle entwickelte. Zn der agrarischen Wirtschaft und
in der bäuerlichen Kultur, also auch der Bauern-
kunst, wirkt die Stammesart am klarsten und am
wenigsten mittelbar, während in dem Gewerbe und
in der Zndustrie die nivellierende Tendenz des Wirt-
schaftlichen bis zur Riesenmacht anschwillt, die alles
zu überschwemmen droht. Wir sehen das deutlich
genug an der Gegenwart! And doch: weil Kunst
Persönlichkeitsausdruck ist, muß notwendig Stammes-
kultur in ihr sein. And nicht bloß als Spürchen:
— als Lebenssaft! Die gerade fehlt unserem Kunst-
gewerbe. Wir werden sie bekommen durch die Er-
ziehung des Bedürfnisses. Das städtische Bedürfnis
ist aus dein bäuerlichen hervorgegangen und muß
sich in diese Tradition zurückfühlen. Für das Be-
dürfnis aber arbeitet ja das Kunstgewerbe, das die-
selbe Tradition hat.

Anser Kunstgewerbe ist das Kind der Bauern-
kunst. hoffentlich währt's nicht mehr so lang, bis
nian von ihm sagen kann: Der Riese hat wieder
die Mutter berührt, und es wachsen ihm neu die
Kräfte. Paul Bröcker (Hamburgs.

Münchener Aünsiker in -er
fremde.)

II. Theodor von (6»osen; (Neuere -Arbeiten.

(Don Dr. lKuchivakd-Kreekau.

vor zwei Zähren Zgnatius Taschner
ich leider nur kurzer Lehrtätigkeit an
r Breslauer Kunstschule von uns schied,
n im Sande der Mark Gold zu suchen
und zu finden, kam ein anderer Münchener Bild-
hauer in sein Amt, der Rümann-Schüler Theodor
v. Gosen. Nahe lag es, Pergleiche anzustellen.
Man dachte an ein bekanntes Werk Taschners, den
„Strauchdieb", und stellte ihn mit der bekanntesten

') vgl. Seite 2\, Georg Grasegger.

267. Porträt (lllarmorstudie); von Theodor von Gosen,
Breslau.

Schöpfung Gosens zusammen, der feinen graziösen
Bronze des „Geigers". Da hatte man sofort den
Unterschied: der eine ist urwüchsiger als der andere
und verehrt in den gotischen Bildschnitzern und Stein-
metzen seine künstlerischen Ahnen, der andere ist kul-
tivierter und liebt die früheren Blüten der Renaissance-
kunst. Bei beiden aber bedeutet der ersichtliche Zu-
sammenhang mit alter Kunst nicht ein Nachahmen,
sondern nur eine Fortbildung vorbildlicher Traditionen.
Man könnte den Vergleich noch weiter ausspinnen.
Aber wichtiger als das, was sie trennt, ist, was sie
verbindet. Das ist die Zugehörigkeit zu jener Mün
chener Bildhauerschule, der Hahn, Wrba und andere
Künstler angehören, und die einmal ein besonderes,
sehr erfreuliches Kapitel in der Geschichte der Plastik
beanspruchen wird. Zhre Angehörigen sind allesamt
geschmackvolle Leute und tüchtige Künstler, klar und
vernünftig, in gesundein Sinne modern, nicht alltäg-

Kunst & Handwerk. 58. Iahrg. Heft 5.

\57
 
Annotationen