Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 58.1907-1908

DOI Artikel:
Gmelin, Ludwig: Die Ausstellung "München 1908", [2]: die Repräsentationsräume
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9043#0365

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Ausstellung „München >yv8".

587. („München (908".) Wohn- und Arbeitszimmer; von kfefsemer & Schmitt. Ausführung der Möbel von
Franz Schütter, des Lüsters von St einicken 6c Lohr, der Raumausschmückung von kfans Urbanifch.

(wand unten bunt auf grauem Grundton; Möbel bell Mahagoni mit schwarzen Intarsien; Boden und Polster grau.)

sind, sondern weiterglimmen, — daß es Künstler
von Rnf gibt, die unentwegt, aus Überzeugung die
alten Bahnen weiterschreiten, er hätte nicht un-
widerleglicher gebracht werden können als durch G.
v. Seidls Raumgruppe.

Sie wird eröffnet durch Frz. Naagers Bor-
halle mit den pompejanischen Wänden und der ein-
fachen holzdecke. Ri an sieht dem Ding an, daß sein
Meister halb Venezianer geworden ist; Kamin und
Türrahmen, Vasen und Brunnenschalen rc. sind in
ihrer mit genialer Flüchtigkeit aufmodellierten Orna-
mentik, die bald die Terrakottafarbe, bald einen Gold-
ansiug zeigt, bezeichnend für diese flotte, rein dekorative
Theaterkunst. Die gleiche Virtuosität, die Naager
und seine Leute bei den plastischen Arbeiten an den
Tag legen, offenbart sich auch, wo es sich um Auf-
gaben für den Maler handelt. In Wandmalerei,
Gobelinmalerei, Marmor, Intarsia, Schablonen-
malerei, überall schaltet er mit Mensch, Pflanze,
Tier, Architektur so frei wie die Handwerkskünstler
der altrömischen oder Renaissance-Zeit, denen er in
seinem ganzen Gebahren nahesteht.

Der anstoßende, wohl als „Diele" zu bezeich-
nende Hauptraum von Gabriel von Seidl ist einer
der schönsten der ganzen Ausstellung; man atmet
auf, wenn man nach der langen Folge normalhoher
Räume bier auf einen trifft, der darüber hinaus-

I geht und diese höhe zur Anordnung eines hohen
j weiten Fensters und einer niedlichen Galerie be-
nutzt (Abb. 567 u. 568). — Alles in der großzügigen
Art einer aus dem Vollen schöpfenden Künstlernatur,
die sich keiner kleinlichen Mittel bedient.

Wie dieser, so ist auch der nächste Raum —
| ein Musiksalon mit Oberlicht ganz im Geist der
Renaissance gehalten, unter starker Anwendung von
Goldleisten und vergoldeten Stuckornamenten (Bild-
hauer Ernst Fischer); auch jenseits des hier an-
geschlossenen Louis XVI.-Salons (ganz weiß mit
gelbem Wand- und Polsterbezug, nach G. v. Seidls
Entwurf von Otto F ritz sch e ausgesührt) herrscht
^ sowohl in dem gemütlichen Fensterplätzchen (mit dem
| graugestrichenen holzwerk und den reliefierten Leder-
polstern), wie in dem daran anstoßenden Gang der
Geist der Renaissance, — aber der unverfälscht
deutschen, der auch der bemalten Zimmereinrichtung
! daneben von Paul Ecke (Firma Schmidt & Co.)
und dem Gemach mit den köstlichen Schätzen von
Otto hupp seinen Segen gegeben hat. h Mit Fr.
v. Thierschs „dekorativem Raum", in dem das
Vergoldergeschäft von Konrad Barth & Co. seine
hohe fachliche Meisterschaft dargelegt hat — violetter
| Atlasbezug, unterhalb Holzgetäfel, oberhalb dunkel- *)

*) Von dem letzteren Raume werden wir bei einem späteren
Anlaß eine Abbildung bringen.

5^8
 
Annotationen