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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 59.1908-1909

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Heinicke, Andreas: Alte Portale
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Rentsch, Eugen: August Geigenberger
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https://doi.org/10.11588/diglit.9042#0341

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August Geigenberger.

737. Portal zur Johanniskirche in Saalfeld i. Thüringen.
Im Tympanon zwei Reliefs: Das jüngste Gericht und die
Heilige Kümmernis.

Naumburg angebracht. Die Figuren kennzeichnen
in ihrer Behandlung einen Künstler, der starkes Ge-
fühl für Ausdruck und leidenschaftliche Bewegung
gehabt hat.

Bei all deni Genuß, den man beim Betrachten
so mancher Bauwerke der Vergangenheit hat, ist
nicht zu verkennen, daß heute eine Strömung herrscht,
die infolge des gesteigerten Erwerbs- und Verkehrs-
lebetis unserer Zeit die Schöpfungen der Vorzeit
mehr bedroht denn je. Mas ist in mancher Stadt,
in manchem Dorf nicht schon verschwunden, was
leicht hätte erhalten werden können? Die alten
Bauernhäuser mit ihrer scharf ausgeprägten Eigen-
art, die alten Däuser der Städte mit ihren sinnvollen
Inschriften, dazu Tore, Türme, Portale und mit
ihnen die alten malerischen Straßenbilder schwinden
mehr und mehr und mit den Häusern schwinden die
alten Kunstwerke, die sie schmückten, schwindet der
alte edle Hausrat, der sie füllte. Selbst vor manchem
Kirchengebäude und denkmalartigen Bauten hat der
hastende Schritt der Zeit nicht Halt machen wollen
und hat sie in ihren: Bestände bedroht. Diese Denk-
niäler der Vorzeit, die Zierde des Landes, der Stolz
unseres Volkes, wie sind sie doppelt teuer dem, den
sie als altvertraute Bilder aus der Kindheit bis ins
Alter begleiten, dem sie die Stätte seines Lebens und
Schaffens bezeichnen.

Und doch sind sie noch mehr: als Schöpfungen
der Kunstübung unserer Vorfahren sind sie uns nicht
bloß (Quellen des Genusses, sondern auch Vorbilder
für das eigene Schaffen. In diesem Sinne seien
diese alten Kunstdenkmäler betrachtet und der In-
schutznahme eines Jeden empfohlen!

Außenseite bildet dieser Vorbau am Mstende des
nördlichen Seitenschiffes — infolge des dreieckigen
Baues „Triangel" genannt. Etwa um (350 er-
baut, zeigt dieser portalbau zwei sehr reich mit
Skulpturen (unsere Abbildung zeigt die Apostel) aus
dem Jahrhundert geschmückte Eingangspforten
und sonstige reiche und zierliche Ausstattung, wohl
das schönste Denkmal gotischer Baukunst in Thü-
ringen. Seine Bekrönung bilden von Fialen um-
gebene Mimperge, in deren Kutte große Fensterrosen
prangen. Darüber ragt der Gberbau empor, der
einen kleinen zugespitzten Turm trägt. Die aus dein
Portale in die Kirche führende Tür wird durch eine
Mittelsäule, auf der die hl. Jungfrau steht, in zwei
Teile geteilt. Im Tympanon ist ein Kruzifixus mit
Maria und Johannes, eine Nachahmung der be-
rühmten Kreuzigungsgruppe am Domlettner zu

August (AeizenßerHer.

nr 5. März dieses Jahres starb in
München im Frühlenz seines Le-
bens August G e i g e n b e r g e r, ein
Künstler von seltsamer Phantasie
und Fabulierlust. In der kurzen
Spanne Zeit, die zu leben ihm
vergönnt war, hat er manches vollgültige Kunst-
werkchen geschaffen, manchen köstlichen Einfall mit
launiger Hexenmeisterkunst zum besten gegeben. Aber
Tausendfältiges, das noch in ihm steckte und erst
noch durch Reife zur herrlichen Frucht werden sollte,
sank mit ihni in das Grab. Der Tod traf den
Schaffensfreudigen gerade in den: Moment, als fein
Auge die Gelände einer sorgloseren Zukunft matt
I dämmern sah und als seiner heiteren und lustigen

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