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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Roessler, Arthur: Randglossen zu den Arbeiten von Carl Cosmus
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0067

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Arbeiten von Carl Cosinus.

Kand^kossen zu den Arbeiten von
<Lark (Loemue.

PS ist nun schon eine ziemliche Reihe von
Jahren her, da wellte, aus England
kommend, eine starke künstlerische Be-
wegung über den Aontinent. Die
Malerei erfuhr eine starke Beeinflussung
noch stärker war die Wirkung aus das Aunstgewerbe,
wo sie anr augenfälligsten in der Buchausstattung
in Erscheinung trat. Walter (Traue und mehr noch
William Morris, später auch noch Aubrey Beards-
ley, waren die hauptsächlichen Anreger. Über Buch-
schmuck und angewandte Aleingraphik wurde viel
geschrieben und gesprochen, dafür und dagegen, und
viel wurde experimentiert und praktiziert. Ein förm-
licher Taumel schien Tausende Zeichner befallen zu
haben, und bald wimmelte es allenthalben von
nudelartig verschlungenem Liniengekräusel. Das illu-
strierte Buch war verpönt zugunsten des mit
graphischem Schmuck versehenen. Aber nicht nur
die Buchseiten waren bald mit dem extremsten
Liniengefasel überwuchert, auch die organische Form
anderer künstlerischer Gebilde drohte darunter zu
verschwinden. Es war dies jene Epoche, die wir

heute mit „Zugend-
stil" zu bezeichnen
pflegen. Zhr folgte,
eine naturgesetz-
mäßige Erschei-
nung, die Abkehr
vom allzu üppigen
Buchschmuck; der
Ausdruck „Buch-
schmückler" wurde
zum Schimpf. Den
Ausstattungskünst-
ler löste der sach-
liche Materialfex
und Gediegenheits-
fanatiker ab. Zweck-


l

Lv.


V

4

95. Geschäftsmarke; von Carl
Cosinus, München (s. Abb. 97).

mäßig, zweckentsprechend, materialgemäß, material-
entsprechend lauteten die neuen Schlagworte, und man
befleißigte sich einer puritanischen Strenge. Ein Ex-
trem vertrieb das andere, und neuerdings wird auf
allen Linien heftig gestritten. Solches mußte der Aluge
gottergeben hinnehmen; denn was würde es genutzt
haben, wenn er hätte sagen wollen, daß sich ein
Stil nicht „machen" läßt, daß es keinen Stil ohne
Gedanken und Gefühl gibt, daß Stil eine spezifische
und hoch entwickelte Form der Stellung ist, die sein
Urheber den Dingen gegenüber einnimmt. Dainit
sind wir auch schon bei der genaueren Betrachtung
der graphischen Arbeiten von Tarl Tosmus an-
gelangt.

Ehe wir dies tun, fei hier feine Biographie
knapp skizziert: Tarl Tosmus wurde zu Tondern
in Schleswig-Holstein geboren. Er erlernte das
Malerhandwerk und verdiente sich mehrere Zahre
lang, besonders auf Hamburger Werften, mit An-
streicherarbeiten fein Brot. reiste er, mit sehr

bescheidenen Ersparnissen und Unterstützungen, aber
desto mehr Unternehmungsmut ausgerüstet, nach
München, um sich hier in der Uunstgewerbeschule
weiter auszubilden. Sein Lehrer war von fflOH bis
fflOe fast ausschließlich Pros. Maximilian Dasio.
Seit sflOk arbeitet Tarl Tosmus selbständig. Er
schuf in den letzten Zähren emsig Entwürfe für
Tapeten, Teppiche, Goldschmiedearbeiten, Glasgefäße
und Buchschmuck. Wir haben es im folgenden
hauptsächlich mit seinen graphischen Arbeiten, also
nur einem Teil seiner Leistungen, zu tun.

Wir merken bei deren Besichtigung sogleich, daß
dieser junge üünstler augenschein-
lich in technischen Dingen sehr-
geschickt ist; auch daß er nicht
ohne guten Geschmack ist, wird
inan gerir zugeben, wenn auch
sein Stilgefühl noch einer weiteren
Ausreisung bedarf. Da er vom
Handwerk herkommt, darf man
hoffen, daß er mit zunehmender
Aönnerschaft auch immer Taug-

A

96.

Briefausdruck.

52
 
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