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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 60.1909-1910

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Schulz, Fritz Traugott: Die Neue Schnitzerschule in Oberammergau: Architekt: Prof. Franz Zell, München
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Unsere Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.9044#0395

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Unsere Bilder.

einen angenehmen, wohnlichen Gesamteindruck zu-
stande zu bringen. Der warme Ton des Lärchen-
holzes der Vertäfelung besticht unser Auge. Unter-
brochen wird er hier und da durch die dezente An-
wendung von Blau und Weiß, pübsch ist die Nische
für die Waschvorrichtung und namentlich der reiz-
volle Eckeinbau mit Uhr und Spiegelpavillon. Sehr
ungezwungen ist der Aamin (Heizkörperverkleidung)
in den Raum einkomponiert und damit eine schwierige
Aufgabe der modernen Innendekoration mit viel Ge-
schick gelöst. Das Zimmer, dem der Charakter eines
Arbeitsraumes nicht fehlt, ist von einer Holzdecke
überspannt, die aus Feldern besteht, welche um ein
größeres UUttelschild gruppiert sind.

Außen wie innen, im ganzen wie im einzelnen
trägt das Gebäude durchaus das Gepräge einer
starken persönlichen Eigenart. Gleichzeitig aber fügt
es sich der Rette der heimischen Bauten aus alter
Zeit derart ungezwungen ein, daß es als ein kon-
kreter Ausdruck dessen erscheint, was das spezifische
Wesen der Bauart und der bodenständigen Aunst
dieser Gegend ausmacht. Zell hat mit diesem Bau
aufs neue dargetan, daß er ein Meister ist in der
Verbindung von moderner Auffassung mit altüber-
kommener Tradition.

Or. Fritz Traugott Schulz.

(Unsere (Kikder.

Ser größere Teil der Bilder dieser Nummer
— Diez-Vignetten und Oberammergauer
Schnitzerschule — findet in den begleitenden
Texten seine Erläuterung, und die drei folgenden
(Abb. 76 s—763) sind durch die Nnterschriften ge-
nügend gekennzeichnet; leider läßt sich die durch den
Glanz der Goldperlen und der weißen Seide ent-
stehende prickelnde Wirkung der Bastarbeiten im
schwarzen Alischee nicht wiedergeben.

Mit den Bildern 76^—766 soll nachdrücklich
auf eine Gruppe der m u h am m e d a n ischeu Aus -
stellung hingewiesen werden, die wegen ihrer Ein-
schachtelung in die Handelsabteilung leicht übersehen
werden kann, während sie die höchste Beachtung
verdient. 1}. Aevorkian, ein Perser, der sich selbst
viel mit Ausgrabungen an den ergiebigsten Fund-
orten in Mittelpersien befaßt hat und dessen Ge-
schäftshaus in Paris seit einiger Zeit Museen und
Liebhaber mit keramischen und anderen mittelalter-
lichen Erzeugnissen Persiens versorgt, hat nicht nur
eine große Zahl ausgesucht schöner und seltener
Aeramiken zu der eigentlichen Ausstellung beige-
steuert, sondern auch eine erlesene Sammlung zu
einer Sondergruppe vereinigt, die u. a. Stücke ent-

hält, wie sie in gleicher Mannigfaltigkeit und Schön-
heit in der eigentlichen Ausstellung nicht zu finden
sind. Als Vorläufer und Herold einer eingehenderen
Besprechung der muhammedanischen Ausstellung
geben wir aus Aevorkians Schaustellung ein Grup-
penbild und die beiden Einzelbilder.

Für die mittelalterlichen persischen Aeramiken
kommen besonders die Fundstätten in der Gegend
von Teheran — Rhages und Sultanabad — in Be-
tracht, Städte, die seit dem letzten Einfall der Mon-
golen (vor {220) dem völligen Verfall überantwortet
waren. Wenn ein Reisender des ff. Jahrhunderts
(Nassiri-Ahosraw) von Tonwaren spricht, die dünn-
wandig bis zur Durchlässigkeit des Lichtes waren,
so läßt sich diese Schriststelle sehr wohl auf Gefäße
beziehen, von denen Aevorkian eine ganze Reihe
(aus Rhages) ausgestellt hat, Gefäße, die teils nur
mit vertieftem (im Scherben durchbrochenem und
wieder mit einer Glasurhaut geschlossenem) Orna-
ment, teils auch mit aufgemalten Zeichnungen (in
blau oder schwarz) geschmückt sind.

Bei anderen Stücken, deren Entstehung viel-
leicht in die Zeit zwischen dem zweiten und dritten
Mongoleneinbruch fällt, lassen sich in der figürlichen
Dekoration deutlich mongolische Typen erkennen. An
diese buntfarbigen Aeramiken reihen sich die Schlicker-
malereien von Sultanabad (Abb. 765 rechts und
Mitte, Abb. 766) und die Lüster-Fayencen, deren
Schönheit allerdings im schwarzen Bild nicht zur
Geltung kommt. Überhaupt erschließen sich die
Reize der mittelalterlichen Aeramiken Persiens erst
nach längerer Bekanntschaft und Beschäftigung mit
ihnen.

Außer den prächtigen Ganzsachen, die Aevor-
kians keramische Gruppe schmücken, liegen in anderen
Schaukästen zahlreiche Bruchstücke, deren Preise es
wohl auch minderbemittelten Privatpersonen, kera-
mischen Fabriken, Aunstgewerbeschulen ermöglichen,
Proben dieser alten Techniken ihren Sammlungen
einzuverleiben. Denn wie das Aind durch Zerlegen,
ja Zerstören seines Spielzeugs am meisten über
dessen Wesen lernt, so sind gerade solche töpferische
Bruchstücke oft für das Studium mancher Techniken
besser geeignet als unversehrte — aber oft genug un-
erschwingliche — Ganzsachen.

Wer sich eingehender um die Einzelheiten inter-
essiert und sich besonders mit ernsten Aaufabsichten
trägt, der findet in Aevorkians Sonderkammer im
Hintergrund der einen Aoje noch manches Stück, das
wert wäre, zur dauernden Anregung für die zeit-
genössischen Aeramiker in einer keramischen Werk-
stätte aufgestellt zu werden.

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