Die Kgl. Kunstgewerbeschule zu Nürnberg.
Anstaltsgebäudes nach seinen und Professor Aonradin Walthers
Plänen, der kurz vor seinem am s6. Juli s897 erfolgten Tode be-
zogen wurde und in dem sich die Aunstgewerbeschule noch heute be-
findet.
Wir nähern uns damit der Gegenwart und unserem eigentlichen
Ziele. Andere Anschauungen herrschen heute als vor anderthalb
Jahrzehnten und heischen mehr denn je gebieterisch, daß man ihnen
Rechnung trage. Es sollte Professor Franz Brochier Vorbehalten
bleiben, die Nürnberger Aunstgewerbeschule im Geiste eines gesunden
Fortschritts, der keineswegs die Solidität der alten Aunst, den Ernst
und die Sicherheit des Schaffens vergangener Epochen verleugnet, der
sich aber im ganzen sowohl wie im einzelnen den veränderten Lebens-
bedingungen unserer Tage anpaßt, in umfassendem Maße zu reor-
ganisieren. And wenn einer die Bedürfnisse der Anstalt nach dieser
Richtung genau kannte und richtig zu würdigen wußte, so war er es;
war er doch bei seinem Amtsantritt bereits neun Jahre als Lehrer
für ornamentales Zeichnen an
ihr tätig gewesen. Es ist hier
nicht der Grt, Brochier als
Aünstler zu würdigen. Nur
so viel sei hier in aller Aürze
bemerkt, daß sein Schaffen,
das sich vorzugsweise im
Aunstgewerbe und in der
Innenarchitektur dokumen-
tiert, getragen ist von einer
feinen Empfindung und so-
lidem Rönnen*).
Als Brochier die Leitung
der Anstalt übernahm, be-
stand der noch von Gnauth
*) vgl. hierzu meine Fest-
schrift zur Einweihung des Kunst,
lerhauses in Nürnberg, S. f.
53<*.
eingeführte Lehrplan,
der neben einem Vor-
kurs drei Fachklaffen
vorsah, in Geltung. Es
ergab sich sehr bald,
daß dieser den Forde-
rungen der Neuzeit nicht
mehr zu genügen ver-
mochte. Man bedenke
nur, daß den einzelnen
Unterrichtsfächern eine
Zeit nur von je zwei
Stunden zugeteilt war!
Die wirkliche Vertiefung
in die künstlerische Lö-
sung einer Aufgabe war
damit zur Unmöglichkeit
gemacht, mußten doch
die Schüler ohne Rücksicht-
nahme auf ihre Vorbil-
dung, ihre besonderen
Neigungen und Berufsziele
in schematischer Art den in aufsteigenden Massen erfolgenden
Unterricht absolvieren. Danien waren vom Besuch der Anstalt
grundsätzlich ausgeschlossen. Unter diesen Umständen mußte es
der neue Leiter als seine vornehmste Aufgabe betrachten, eine
durchgreifende Änderung der Satzungen und eine zeitgemäße
Reorganisation des Lehrplanes und des ganzen Unterrichtsbetriebes
herbeizuführen. Maßgebend wurde hierfür die freiere Basis, die
sich bereits an der Münchener Schwesteranstalt als erfolgreich
erwiesen hatte. Die vollständige Durchführung dieser vom Ugl.
Staatsministerium angeordneten Neugestaltung fällt in die Jahre
sstOS bis f9fO.
Der Lehrgang gliedert sich heute iu den allgemeinen und
in den Fach unterricht. Diesem sind weiterhin die praktischen
535-
555—537. Klasse Leistner: Schlußsteine,
entworfen und modelliert von Bichard
ksäußler (53<0, Franz May (535) und
Johannes Grtcl (53s). (Veo d. w. Gr.)
556.
205
Anstaltsgebäudes nach seinen und Professor Aonradin Walthers
Plänen, der kurz vor seinem am s6. Juli s897 erfolgten Tode be-
zogen wurde und in dem sich die Aunstgewerbeschule noch heute be-
findet.
Wir nähern uns damit der Gegenwart und unserem eigentlichen
Ziele. Andere Anschauungen herrschen heute als vor anderthalb
Jahrzehnten und heischen mehr denn je gebieterisch, daß man ihnen
Rechnung trage. Es sollte Professor Franz Brochier Vorbehalten
bleiben, die Nürnberger Aunstgewerbeschule im Geiste eines gesunden
Fortschritts, der keineswegs die Solidität der alten Aunst, den Ernst
und die Sicherheit des Schaffens vergangener Epochen verleugnet, der
sich aber im ganzen sowohl wie im einzelnen den veränderten Lebens-
bedingungen unserer Tage anpaßt, in umfassendem Maße zu reor-
ganisieren. And wenn einer die Bedürfnisse der Anstalt nach dieser
Richtung genau kannte und richtig zu würdigen wußte, so war er es;
war er doch bei seinem Amtsantritt bereits neun Jahre als Lehrer
für ornamentales Zeichnen an
ihr tätig gewesen. Es ist hier
nicht der Grt, Brochier als
Aünstler zu würdigen. Nur
so viel sei hier in aller Aürze
bemerkt, daß sein Schaffen,
das sich vorzugsweise im
Aunstgewerbe und in der
Innenarchitektur dokumen-
tiert, getragen ist von einer
feinen Empfindung und so-
lidem Rönnen*).
Als Brochier die Leitung
der Anstalt übernahm, be-
stand der noch von Gnauth
*) vgl. hierzu meine Fest-
schrift zur Einweihung des Kunst,
lerhauses in Nürnberg, S. f.
53<*.
eingeführte Lehrplan,
der neben einem Vor-
kurs drei Fachklaffen
vorsah, in Geltung. Es
ergab sich sehr bald,
daß dieser den Forde-
rungen der Neuzeit nicht
mehr zu genügen ver-
mochte. Man bedenke
nur, daß den einzelnen
Unterrichtsfächern eine
Zeit nur von je zwei
Stunden zugeteilt war!
Die wirkliche Vertiefung
in die künstlerische Lö-
sung einer Aufgabe war
damit zur Unmöglichkeit
gemacht, mußten doch
die Schüler ohne Rücksicht-
nahme auf ihre Vorbil-
dung, ihre besonderen
Neigungen und Berufsziele
in schematischer Art den in aufsteigenden Massen erfolgenden
Unterricht absolvieren. Danien waren vom Besuch der Anstalt
grundsätzlich ausgeschlossen. Unter diesen Umständen mußte es
der neue Leiter als seine vornehmste Aufgabe betrachten, eine
durchgreifende Änderung der Satzungen und eine zeitgemäße
Reorganisation des Lehrplanes und des ganzen Unterrichtsbetriebes
herbeizuführen. Maßgebend wurde hierfür die freiere Basis, die
sich bereits an der Münchener Schwesteranstalt als erfolgreich
erwiesen hatte. Die vollständige Durchführung dieser vom Ugl.
Staatsministerium angeordneten Neugestaltung fällt in die Jahre
sstOS bis f9fO.
Der Lehrgang gliedert sich heute iu den allgemeinen und
in den Fach unterricht. Diesem sind weiterhin die praktischen
535-
555—537. Klasse Leistner: Schlußsteine,
entworfen und modelliert von Bichard
ksäußler (53<0, Franz May (535) und
Johannes Grtcl (53s). (Veo d. w. Gr.)
556.
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