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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Klein, Tim: Vom Kunstgeschmack und seiner Förderung
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Zu unseren Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0243

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den Antiquitätenschacher ausgeplündert ist, am
Haus, im Garten, im Hausrat und an den wän-
den wieder leuchtet, wenn das Volk sieht, daß die
goldenen Eimer der Schönheit auch hinabsteigen,
dann wird eine Harmonie gestiftet sein, die den
sozialen Gegensätzen viel von ihrer Erbitterung
nimmt. Man wird dann nicht mehr viel vom
guten Geschmack reden, sondern vom neuen schö-
neren Leben. Die wundervoll versöhnende
Kraft der Schönheit wird sich dann offenbaren.
Doch das sind Träume. Inzwischen gehn wir dem
Amerikanismus, der Lllenbogenkultur entgegen
oder stecken schon mitten drinnen. Auch diese
wird vorübergehen, und es wird an den Tag

kommen, daß ein Volk, das nur materiellen Zielen
nachläuft, verroht.

Zwar das Ausland versteht die Lage falsch, wenn
es meint, das „alte Deutschland", das Land einer
guten alten ästhetischen Kultur sei im neuen unter-
gegangen, und wenn es daraus die Gründe für
feine Antipathien herleitet. Aber etwas wahres
ist in der nicht ganz selbstlosen Klage um den
Untergang der alten deutschen Kultur enthalten:
die Mahnung nämlich, daß Arbeit, Macht und
Reichtum nicht Zwecke an sich sind, sondern nur
Mittel zum Aufbau einer edeln Kultur, die allein
den Untergang der Völker überdauert.

Tim Klein.

e. 3. s.

Au unseren Sil-ern

wir bringen diesmal ein Sammelheft, verschie-
denes erscheint in ein und demselben Rahmen, so
wie wir es etwa in unserer Ausstellungshalle und
in den Schaufenstern beieinander sehen, wo immer
das Neueste vorn dran steht. Neu ist auch alles,
was wir hier bringen. Neu und gut ist die ganz
modernen Ansprüchen und Bedürfnissen ange-
xaßte Drechslerkunst Streckers, der für sogenannte
„Kleinigkeiten", Knöpfe an Möbeln, Flaschenstöpsel,
Schlüsselschilder, Hutständer, elektrische Klingeln,
Dosen und Leuchter so gute plastisch gefühlte For-
men und eine dem jeweiligen Material, verschie-
denen hölzern, angepaßte Behandlung zu finden
und oft auch noch die Form durch farbig wirkende
Einlagen angenehm zu beleben weiß. Möbel und
Zimmereinrichtungen aus einer noch nicht be-
zogenen Wohnung find von Hermann Berndl ent-
worfen und von der Möbelfabrik Böhmler 6c Lo.
ausgeführt. Die Möbel find in charakteristischen
Formen gehalten und entsprechen in ihrer soliden,
gediegenen Ausführung den wohnlichen Bedürf-
nissen und der Bedeutung der verschiedenen wohn-
räume. Das licht und freundlich gehaltene Speise
zimmer zeigt solide Möbel in dunkel gebeiztem
Eichenholz, Sofa und Stühle mit antikem Rind-

leder überzogen und Beleuchtungskörper aus Alt-
messing. Besondere Erwähnung verdient das
Büfett mit den geschnitzten Füllungen von Bild-
hauer Franz Schildhorn. Eine Ecke aus dem Herren-
zimmer in dunkel gebeizten Lichenmöbeln zeigt
das gleiche Streben nach Solidität, Dauer und
Haltbarkeit der Möbel, wie nach Ausdruck eines
gewissen bürgerlichen Komforts. Das Toiletten-
schränkchen mit Spiegelaufsatz aus dem Schlaf-
zimmer ist in poliertem geflammten Birkenholz
ausgeführt. Die Beschläge in Altsilber stammen
von Steinicken 6c Lohr. Die von Otto vollnhals
entworfenen, von der Hofmöbelfabrik Kohlbecker
in München ausgeführten Möbel eines Wohn-
zimmers find aus schwarzem Nußbaumholz gefer-
tigt und zum Teil mit Llfenbeinintarsien ein-
gelegt. Die Farbe der Möbelbezüge ist weißliches
Schweinfurter Grün, die Entwürfe zu den Sticke-
reien rühren von Nina vollnhals, München, her.
Die Stickereien find ebenso wie die Vorhänge in
violetten Tönen gehalten. Lin geschulter Geschmack
für solide Eleganz und Vornehmheit spricht aus
dieser Einrichtung.

Angewandte kunstgewerbliche Schlosserei größeren
Stils veranschaulichen unsere Bilder: ein nach dem

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