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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Heilmeyer, Alexander: Die Deutsche Werkbundausstellung in Köln, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0287

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Die Deutsche Werkbunöausstellung in Roln

Alles, was bis jetzt vom Deutschen Werkbund kam,
hat programmatischen Eharakter. In seinen Jahr-
büchern, seinen Flugschriften, Artikeln, Reden hat
er immer wieder dokumentiert, was er anstrebt
und will. Er hat eine geradezu staunenswerte
propagandistische Arbeit geleistet. Er hat alle Ge-
biete des modernen Lebens: die Wissenschaft, die
Technik, die Industrie, den Pandel, den Verkehr
und selbstverständlich auch die Kunst für seine Kul-
turarbeit nutzbar zu machen gesucht. Er hat, wie
Muthesius sagt, fortgesetzt das pöchste gefordert,
er hat gegen das Übliche und Landläufige gekämpft
und die Forderung ausgestellt, es durch Besseres
durch Leistungen der «Dualität, durch vonr künst-
lerischen Geist getragene Werke zu ersetzen, er hat
den Gewerbetreibenden und Industriellen, den
Kaufmann zur höchsten Anspannung seiner Ge-
sinnung aufgefordert. „Als eine Vereinigung von
Künstlern, Gewerbetreibenden, Produzenten und
Kausleuten mußte sein Ziel in erster Linie die Ver-
allgemeinerung und Verbreitung derjenigen Be-
strebungen sein, die in den letzten (5 Jahren
hervortraten." Seine Ausgabe war vor allem eine
praktische. Er wollte die künstlerischen Ziele mit
den industriellen und kaufmännischen in Einklang
bringen, ein Zusammenarbeiten von künstlerischen
Kräften, Industrie und Vertrieb herbeiführen.

In diesem Sinne hat der Werkbund viel Gutes
gewirkt. Er hat sich aber dabei nicht allein darauf
beschränkt, aufklärend zu wirken und Werbearbeit
in den breiten Massen zu leisten. Seine Organi-
satoren und Propagandisten wollten nicht nur durch
wort und Schrift auf den Markt, auf Publikum
und Produzenten erzieherisch einwirken, sondern
auch dem Künstler die Wege weisen. Die Künstler
selbst kamen aus der heurigen Werkbundversamm-
lung in die schwierige Lage, sich über ihre An-
schauungen und Ziele erklären zu wollen. Mu-
thesius glaubte auf neue Wege in die Zukunft
Hinweisen zu müssen. Im Zusammenhang mit der
ganzen werkbundarbeit und mit den Zielen des
Werkbundes ergab sich ihm eine Betrachtung, die
im Sinne des Vertriebs und Exports eine Typisie-
rung künstlerischer Formen für tägliche Gebranchs-
gegenstände wünschenswert erscheinen ließen, was
natürlich noch keine Typisierung der künstlerischen
Formgestaltung und Arbeit zu bedeuten braucht.
Aber das wort erregte bei den Künstlern doch
Mißtrauen, und van de Velde stellte den Leit-
sätzen von Muthesius einen geharnischten Protest

in seinen Gegenleitsätzen, die von voraussetzungs-
losem, freiem, künstlerischem Schaffen ausgehen,
gegenüber. Nun gab es Erklärungen und Gegen-
erklärungen die Menge. Man glaubte sich ans einen
Kongreß für Ästhetik und Kunstwissenschaft versetzt.
Ls ist in der Tat neu, daß sich Künstler zusammen-
tun, um über Wege und Ausdrucksmöglichkeiten,
Richtungen und Inhalte ihrer Kunst zu beraten.
Man überlasse dieses traurige Geschäft doch der
Kritik der Kunst mit Vorschlägen über das, was
sie soll und nicht soll, unter die Arme zu greisen; beini
Künstler macht es immer einen merkwürdigen Ein-
druck, wenn er sich kritisch bemüht, den Inhalt
seiner Phantasie durch die Destille des Verstandes
hindurch in Begriffen und Leitsätzen darzustellen.
Aber das programmatische Reden über die Kunst
scheint einmal zur Signatur des Deutschen Werk-
bundes zu gehören. Die Freude an der Spruch-
weisheit geht durch die ganze werkbundansstellung.
Das österreichische paus ist mit Kunst- und Kraft-
sprüchen nach dem laufenden Meter geschmückt,
die Fabrik hat ihren Spruch, der Synagogenraum,
die Sonderhäuser haben ihre Sprüche, so daß der
aufmerksame Beschauer eine schöne Sammlung
Werkbundsprüche mit nach Pause nehmen kann.
Man hat so ungeheuer viel über die Ausstellung
geredet, daß es dem Unternehmen in der Tat
schwer fällt, den dadurch ungemein gesteigerten
Ansprüchen und Erwartungen gegenüber bestehen
zu können. Es mußte so kommen, daß der Werk-
bund mehr versprach, als die Ausstellung halten
konnte. Der Werkbund dachte sein Programm mit
den drei Pauptpunkten: Produktion, Markt und
Form verwirklichen zu können. Gelungen ist es
ihm eigentlich nur in der Farbenschau. Der werk-
bund dachte an eine Auslese des Guten und Besten
und an eine Fernhaltung alles Minderwertigen,
Gleichgültigen und Überflüssigen. Der werkbund
wollte vielleicht nur eine kleine bechränkte Anzahl
von Vorführungen und dachte damit einen Rekord
der (Dualität aufzustellen, nun ist aber ein Rekord
der Ouantität daraus geworden. Ls erging ihm
eben wie so manchen andern Ausstellungsarran-
geuren auch: der Künstler denkt und die Geschäfts-
leitung lenkt.

Der werkbund hat Jahre daran gearbeitet, der
Kunst einen breiten Boden im Wirtschaftsleben zu
gewinnen, er hat alle Überredungskünste aufge-
wandt, um die Industrie und die Kaufleute für
die künstlerische Produktion zu interessieren. Und

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Aunst und Handwerk. 6$. Iabrg. Heft

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