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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 64.1913-1914

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Brenneis, J.: Rechtsfragen in der Praxis der Kunst und des Handwerks, [9]
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Eisenacher Ordnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8767#0296
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Zustimmung abhängig sein. Es entspricht dies auch, wenig-
stens soweit es sich um die Verbreitung des Bildnisses
handelt, im wesentlichen dem geltenden Rechte."

Diese Bestimmung beruht auf der Erwägung, daß bei
Kunstwerken der Zweck der Identifizierung einer Person
durch das Bild hinter dem künstlerischen Zweck, d. h. dem
der Offenbarung einer künstlerischen Individualität zurück-
tritt. Diese Erwägung versagt nur bei solchen Werken, die
der Künstler nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Be-
stellung geschaffen hat, und zwar, wie die Motive richtig
hervorheben, weil die Bestellung ein Vertrauensverhältnis
zwischen dem Besteller und dem Künstler schafft.

Zulässig i st nur die Verbreitung und Schau-
stellung, die einem höheren Interesse der
K u n st dient.

Grundsätzlich dient jede Verbreitung und Schaustellung eines
Kunstwerkes einem höheren Interesse der Kunst. Denn das
künstlerische Schaffen hat die soziale Funktion, die Individu-
alität des Künstlers zu offenbaren; sie wird verwirklicht
durch Veröffentlichung des Kunstwerkes,
hieraus ergibt sich, daß die Grenzen der zulässigen Ver-
breitung oder Schaustellung durch negative Momente zu be-
stimmen sind.

Einem höheren Interesse der Kunst dient nicht die Verbreitung
oder Schaustellung solcher Bildnisse, die keinerlei künstlerisches
Interesse wecken, auch wenn sie an sich als Werk der bilden-
den Künste im Sinne des 8 \ des K.G. anzusehen sind. Da-
mit soll dem Richter nicht ein künstlerisches Werturteil zu-
gemutet werden, vielmehr werden hierfür die tatsächlichen
Begleitumstände der Veröffentlichung in Rücksicht zu ziehen
sein; ferner dienen einem höheren Interesse der Kunst nicht
Veröffentlichungen zu gewerblichen Zwecken, sofern der
Zweck über den der Verbreitung des Kunstwerkes hinaus-
geht. Dis Motive zitieren das Plakat und die Warenaus-
stattung.

Ausgenommen von dieser Freiheit sind Bildnisse, die auf
Bestellung angefertigt sind. B e st e l l u n g liegt vor, wenn
der Künstler sich verpflichtet hat, das Bildnis herzustellen,
dem Besteller zu überlassen und hierfür eine Vergütung er-
hält. In der Regel liegt hier ein Werkvertrag vor.
Doch kann die Bestellung auch durch Auftrag auf Grund eines
Dienstverhältnisses erfolgen.

Voraussetzung der Bestellung ist aber immer, daß der Künstler
eine Vergütung erhält, die für das Bildnis als solches oder
für die allgemeine Dienstleistung gezahlt wird.

lhat der Künstler das Bildnis auf Wunsch oder auf An-
regung des Abgebildeten geschaffen, liegt keine Bestellung vor,
ebensowenig, wenn der Künstler das ohne Auftrag geschaffene
Werk nachträglich an den Abgebildeten veräußert.

Unzulässig ist die Verbreitung und Schaustellung auch be-
stellter Bildnisse nur, soweit der Besteller nicht seine Ein-
willigung erteilt hat. Auch in den Fällen der Ziffer ^
bis 4 ist die Verbreitung und Schaustellung unzulässig,
wenn dadurch ein berechtigtes Interesse des
Abgebildeten, oder, wenn dieser ver star-
ben ist, seiner Angehörigen verletzt wird,
hierzu bemerken die Motive folgendes: „In allen Fällen,
wo hiernach die Verbreitung und öffentliche Schaustellung des
Bildnisses ohne Zustimmung des Abgebildeten zulässig sein
würde, soll sie gleichwohl dann nicht gestattet sein, wenn
durch sie ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten
oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt
wird, hierdurch soll namentlich verhütet werden, daß die
Vorgänge des persönlichen, häuslichen und familiären Lebens
an die «Öffentlichkeit gezogen werden, und daß das Bildnis
für Zwecke verwendet wird, mit denen, ohne daß der Fall
einer strafrechtlichen Beleidigung vorliegt, doch eine Ver-
letzung der dem Abgebildeten schuldigen Achtung oder eine
Kränkung oder die Gefahr einer sonstigen Benachteiligung ver-
bunden ist. Ausdrücklich hervorzuheben ist in diesem Zusammen-
hangs, daß die Vorschrift des 8 22 K.G. nur die Bildnisse im
eigentlichen Sinne des Wortes im Auge hat, d. h. die Dar-
stellung der Person in ihrer wirklichen, dem Leben entsprechen-
den Erscheinung. Dagegen gehört die Karikatur, als
eine mehr oder weniger willkürliche, nach einem bestimmten
Zweck ausgeführte künstlerische Bearbeitung eines Bildnisses
zu einer neuen Darstellung nicht hierher. Der Schutz der
Person gegen den Mißbrauch der Karikatur gehört dem all-
gemeinen Rechte an."

Was als berechtigte Interessen des Abgebildeten
anzusehen ist, deuten die Motive richtig an. Das berechtigte
Interesse kann verletzt werden durch die Art der Darstellung
oder durch die Art der Verbreitung oder Schaustellung.
Eine schematische Grenze für das berechtigte Interesse läßt
sich natürlich nicht ziehen. Alles hängt von den Umständen
des einzelnen Falles ab. Einerseits wird man der Sensations-
lust des Publikums keine Konzessionen machen, anderseits
aber auch die gesteigerte Empfindlichkeit eines Sonderlings
nicht zum Maßstab nehmen dürfen. Br.

kFortsetzung folgt.)

Eisenacher Grönung

für Serechnung kunstgewerblicher Entwürfe (ausgestellt un- angenommen vom verbanüe Deutscher
Kunstgewerbevereine)

Vorbemerkung.

Die vorliegenden Grundsätze für die Berechnung kunst-
gewerblicher Entwürfe (Eisenacher Ordnung) hat der neun-
zehnte Delegiertentag des Verbandes Deutscher Kunst-
gewerbevereine am 28. 3. 09 angenommen und der zweiund-
zwanzigste Delegiertentag am 2z. 6. \2 in ihrer jetzigen
Fassung bestätigt.

Der Tarif, den die Grundsätze enthalten (8 U bis 8 25), be-
zieht sich nur auf Einzelerzeugnisse und ihre Wiederholung.
Tarife für Entwürfe zu Massenerzeugnissen werden später
erscheinen; bis dahin empfiehlt der Delegiertentag, die Ent-
würfe für Massenerzeugnisse nach Zeitgebühr zu berechnen (8 <).

Der Verbandsvorort, zurzeit der Verein für Deutsches Kunst-
gewerbe, Berlin w. 9, Bellevuestraße 3, hat im Aufträge
des Delegiertentages eine Geschäftsstelle für Entwurfsverkehr
eingerichtet, die alle Angelegenheiten der Gebührenordnung
entgegennimmt und Auskünfte gibt.

Die Eisenacher Ordnung (abgekürzt E.D.) lautet wie folgt:

Grundsätze für die Berechnung kunstgewerblicher
Entwürfe (Eisenacher Ordnung).

8 ( Entwurf, Anschlag, Werkzeichnung.

Als Entwurf eines kunstgewerblichen Erzeugnisses gilt jede
Zeichnung und jedes Modell, sofern sie so gehalten sind, daß

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