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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Brenneis, J.: Rechtsfragen in der Praxis der Kunst und des Handwerks, [11]
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0017

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gelegentlichen Schöpfungen, die aus bester Laune,
unbewußter Anmut und selbstbewußtem Rönnen
entstanden sind, erscheinen uns wie köstliche Ge-
legenheitsgedichte. Gelegenheitsgedichte möchten
wir sie deshalb nennen, weil immer ein festlicher
oder launiger Anlaß und die Wirklichkeit, die dem
Rünstler im Augenblick eine Gabe abforderte, Ver-
anlassung und Stoff dazu hergaben. Alle diese
Exlibris, Linladungs- und Neujahrwunschkarten
haben Grund und Boden und sind doch durchaus
frei empfunden und gestaltet. Sie zeigen wieder
einmal schlagend, wie es dem Rünstler nie an An-
lässen fehlen kann, um etwas zu produzieren.
Schließlich zeigt sich aber auch in dieser bieder-
derben, treuherzigen, heiteren Art, mit der der
Rünstler zupackt, ein feiner Blick für das Leben und
die Seele des Volkes. Der Rünstler hat das Volk
bei seiner Arbeit und geruhsamen Weile ausgesucht
und es in seinem wesen erfaßt; er hat Anteil an
seinem Herzen; in ihm lebt etwas von dem leichten,
heiteren, sinnigen Frankenblut und Gemüt, das
so gern singt und fabuliert. Manche seiner litho-
graphierten Blätter kann man in den Stuben
draußen auf dem Lande und in kleinen Städtchen
antreffen. Und Volksmänner, wie unser schwäbischer
Gewährsmann, der uns die kleine Sammlung
Schiestlscher Neujahrs- und Gelegenheitskarten vor-
legte, haben ihn verstanden und gewürdigt. Unser
Landsmann aus den Stauden, selbst ein Heim-
garten-, Feld-, Wald- und Wiesenpoet, spricht sich
über die hier abgebildeten Blätter wie folgt aus:
Die Art, wie Schiestl Land und Leute darstellt, ist
anheimelnd, ungeschminkt, innig, oft von stillem
Humor belebt, aber frei von Rarrikatur. Ihm ist
der Mann aus dem Volke Selbstzweck. — Darum
kann es nicht wundernehmen, daß seinen Arbeiten
eine ursprüngliche Frische und anziehende Natür-
lichkeit innewohnt. Er findet für jeden Gedanken
einen besonderen Ausdruck und bleibt immer klar
und verständlich. Da steht er selbst in seinem
eigenen Exlibris Ein junger Mann in derbem
Fuhrmannskittel mit dem Wappen der Runst, ein
Roß nach Art der Bauernpferde geschirrt, am
Zügel. Im Hintergrund thront die Romantik in
Form einer mittelalterlichen Burg. Das sagt genug
über seine Person, obwohl das Blättchen schon

vom Jahr fgoo stammt, und er 22 Jahre alt war.
von ganz ausgezeichneter Wirkung sind die von
ihm entworfenen volkstümlichen und volksbildenden
Postkarten, an denen das Volk selbst wohl die beste
Freude haben muß. Lin Beispiel dafür ist die Rarte
für die Leonhardifahrt in Tölz mit den prächtig ge-
schmückten Festrossen und ländlichen Reitern, die dem
kettenumspannten Leonhardikapellchen auf der Höhe
zustreben. Die Pferde sind, wie auch sonst bei 'hm,
mit besonderem Verständnisse, mit einer gewissen
innerlichen Zuneigung gezeichnet, die verraten,
daß sie ihm Gegenstand eingehenden liebevollen
Studiums sind. Das verraten auch die anderweitig
auftretenden Darstellungen sonstiger Haustiere. So
gerade in einer nicht leicht zu überbietenden weise
das bäuerliche Sorgen- und Freudenkind: das
liebliche, nützliche Schwein, wer kennt nicht seine
unübertreffliche farbige Radierung „der Sau-
handel"? Daß er auch das Figürliche in der Person
nicht weniger beherrscht, geht aus den Einladungs-
und Postkarten für die Bauernkirta hervor.

Lin eigenes Rapitel gäben feine Neujahrskarten ab,
die er alljährlich, einer schönen, in Rünstlerkceisen
üblichen Gewohnheit folgend, an seine Freunde
und Bekannte zu versenden pflegt.

Fürs Jahr tdll übermittelt er uns feine Glück-
wünsche durch einen romantischen Botenwagen, auf
dessen Rößlein das neue Jahr als Rind reitet,
während ein alter Bote mit der peitsche zur Seite
geht. Einen ähnlichen Gedanken verkörpert die
nächstfolgende Glückwunschkarte' eine putzige Rinder-
figur reitet auf einem bäuerlich gezäunten rassigen
Pferde durch eine Landschaft mit Giebelhäusern.
Die letzte, die heurige Rarte zeigt die künst-

lerischen Eigenschaften des Urhebers im bester: Lichte,
wiederum ein Rindchen, in altertümlicher wiege
schlummernd, hinter der wiege öffnet sich die
Gardine und die jugendliche Mutter tritt leise
an das Bett ihres Lieblings heran, während unser
Blick in das traulich von der Lampe erhellte,
dämmerige Stübchen dringt. Line Szene von
wundersam fesselndem, anheimelndem Eindruck.
Das Ganze spricht in Ton und Stimmung zu jedem
Kerzen. Solches schafft nur in Wahrheit ein
volkstümlicher Rünstler.

G. M.

Rechtsfragen in -er Praxis -er Runst un- -es han-rverks

(10. Zortsetzung)

wer der Vorschrift des § \<) Abs. 2 zuwider unterläßt, die be- § ;9 Abs. II lautet: „wer ein fremdes Werk in dieser weise

nutzte Quelle anzugeben, wird mit Geldstrafe bis zu einhundert benutzt, hat die Quelle, sofern sie auf dem Werke genannt ist,

fünfzig Mark bestraft (§ -0 A.G.). deutlich anzugeben."

Kunst und Handwerk. 65. Icihrg. Heft

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