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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Brenneis, J.: Rechtsfragen in der Praxis der Kunst und des Handwerks, [12]
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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0042

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hinsichtlich derjenigen Werke, für welche die Voraussetzungen
des Absatzes 2 zutreffen.

Voraussetzungen des gesetzlichen Schutzes der Aus-
länder sind: das Erscheinen des Werkes im In-
lande. Es kommt nur das tatsächliche Erscheinen in Betracht.
Ls muß also der Betrieb, der die Vervielfältigung und Ver-
breitung anordnet und leitet, im Inland sein. Es genügt nicht
der Besitz einer Deckfirma oder die Vervielfältigung im Inlande
oder die Auslieferung im Inlande durch einen inländischen
Kommissionär. Ebenso wird umgekehrt das Erscheinen im
Inland nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Vervielfältigung
im Auslande erfolgt.

Das Werk darf nicht cut einem früheren Tage im Aus-
lande erschienen sein, Für die Bestimmung des Tages
kommt der Kalendertag des Auslandes in Betracht; astro-
nomische Zeitdifferenzen sind nicht zu berücksichtigen.
Gleichheitliches Erscheinen im In- und Auslande begründet
ebenfalls einen Schutzanspruch im Inlande.

Als Merk ist jede Darstellungsform anzusehen. Sind also die
Entwürfe eines Bauwerkes im Anslande erschienen, kann das
Bauwerk als solches, also auch der ausgeführte Bau in Deutsch-
land keinen Schutz genießen, soweit nicht die bauliche Aus-
führung des deutschen Architekten einen schutzfähigen Zuschuß
enthält. (Fortsetzung folgt.)

Chronik -es öaperischen Runstgewerbevereins

Zum Beginn der heurigen Vortragsabende hatte sich eine un-
gewöhnlich zahlreiche Versammlung von Mitgliedern und
Gästen des Vereins Dienstag, den 3. November, im Saale
unseres Vereinshauses eingefunden. Der x. Vorsitzende Herr
Prof. Lugen Hönig eröffnete die diesjährigen Vortragsabende
mit einer bemerkenswerten, allgemein beachteten Rede.

Meine Damen und Herren!

Ich eröffne die erste Wochenversammlung und heiße Sie alle
herzlich willkommen, besonders die Damen, welche an unseren
fachlichen und geselligen Bestrebungen von jeher Anteil ge-
nommen haben, wir leben in einer schweren, aber großen
Zeit; während draußen die Kriegsfurie die Länder durchrast,
finden wir uns zusammen in friedlicher Kulturarbeit, und wir
dürfen uns auch durch die äußeren Ereignisse nicht beirren
lassen. Gerade jetzt, wo Kunst-Künstler und Kunstgewerbe-
treibende vielfach zur unfreiwilligen Muse verurteilt sind,
ist es der geeignete Zeitpunkt zu innerer Arbeit und Samm-
lung, damit wir im Zeitraum kommenden wirtschaftlichen
Aufschwungs neu gekräftigt und gefestigt dastehen, um Kultur-
werte zu schaffen, wir, die Barbaren, deren tiefgründige wissen-
schaftliche und künstlerische Arbeit ganz gewiß auch von jenen
Hetzern nicht übersehen worden ist, die jetzt für eine Zeitlang
die halbe Welt mit ihrem Geheul erfüllen.

Meine Damen und Herren! „wer recht behalten soll und hat
nur eine Zunge, behält's gewiß."

wir alle ohne Ausnahme vertrauen felsenfest auf den endlichen
Sieg unserer Waffen und unseres Volkes, welches in so großer
Selbstlosigkeit, aber auch Sorglosigkeit alle Völker an seinem
Kulturschaffen hat teilnehmen lassen, unfähig des niederen
Gefühls von Neid, das unsere Kanalvettern dafür in um so
reichlicherem Maße entwickeln. Eher das Gegenteil war inrmer
bei uns der Fall, überströmende Bewunderung alles Aus-
ländischen und eine lächerliche Herzlichkeit des Verkehrs mit
diesen Herzlosen, das kann man unserem Volke nicht zu seinem
Vorteil nachrühmen. Daß dies nach der großen Abrechnung
anders wird, und zwar gründlich anders, auch davon sind wir
alle fest überzeugt. Zwar wir werden nie aufhören, von
anderen zu lernen, daran erst erkennt man die wahre Einsicht,
welche keine bornierte Selbstüberhebung aufkonrmcn läßt.
Aber vor jenem Fehler werden wir uns hüten müssen, unser
eigenes Gute gegen minderwertigen Import zurückzusetzen.
Und das haben wir getan, wir haben von den Engländern
nicht nur gelernt, sondern wir haben sie auch nachgeahmt in
Dingen, die bei uns nicht schlechter waren, wie dort, wir
. brauchen keine englischen Landsitze, unser eigenes historisch
gewordenes Land und Bürgerhaus enthält bessere und wert-

vollere Fingerzeige wie das unter ganz anderen Lebens-
bedingungen und klimatischen Verhältnissen gewordene eng-
lische Haus, wir brauchen auch keine englischen Möbel, mag
immer deren Kunstwert unbestritten sein, wir sind ein Volk
aus gröberem Stoff, und wenig paßt zu uns darum jene leichte
Eleganz, der diese schwindsüchtigen und gebrechlichen Formen
entstammen. Ich lobe mir dagegen deutsche Solidität und
Gediegenheit, für mich wenigstens hat dergleichen importierte
Ware immer etwas wesensfremdes gehabt, ich konnte dabei
nicht warm werden.

Denjenigen Künstlern und Kunstgewerblern aber, die ganz in
ausländischem Fühlen und Schaffen aufgehen, möchte ich Zu-
rufen: „Sitzt ihr nur immer! leimt zusammen, braut ein
Ragout von andrer Schmaus und bläst die kümmerlichen
Flammen aus eurem Aschenhäufchen 'raus, Bewundrung von
Kindern und Affen, wenn auch danach der Gaumen steht,
doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen, wenn es euch nicht
von Herzen geht." —

wir haben vor lauter Bäumen den Wald nimmer gesehen
und standen nahe daran, jenes Kleinod zu verlieren, jenes un-
ersetzliche, um das uns unbewußt die anderen Völker beneiden,
nämlich die künstlerische Schaffensfreude des Gemütes. Deut-
sches Gemüt, tiefes, echtes Empfinden hat allen Kunstwerken
unserer großen Vergangenheit einen unvergleichlichen Hauch
von herzlicher Wärme und menschlicher Nahbarkeit verliehen,
und hohles Pathos, falsche Töne waren drauf und dran, den
Kunstmarkt zu erobern.

wir müssen zurückkehren zu größerer Einfachheit und Schlicht-
heit, erst dann können wir wieder Werke schaffen, denen jene
heilige Einfalt innewohnt, welche einem echten deutschen
Kunstwerk der Vergangenheit anhastet.

Früher schon habe ich an dieser Stelle ausgeführt, daß wir
stillos werden, wenn wir keine Zurückhaltung und Bescheiden-
heit mehr in Material und Fornr üben. Um ein gerade mir
naheliegendes Beispiel zu wählen: Sind das echte Kunstwerke,
jene Kaufhäuser des Nordens, mit den teuersten Marmor-
verkleidungen, mit den edelsten und seltensten Holzarten ver-
kleidet, die Ramschware beherbergen und auf die besitzlose
Klasse, auf die bescheidensten aller Käufer rechnen. Ist das
Erziehung, wenn der kleine Mann in Bierpalästen unter fun-
kelndem Geflimmer seine bescheidene Mahlzeit einnimmt
und den Widerschein falschen Reichtums in seine vielleicht
armselige Wohnung mitnimmt, als ständige Anklage für die
Ungerechtigkeit der Verteilung irdischer Güter? Form und
Inhalt sollen sich bei einem stilvollen Kunstwerk decken. Es
sollen die Räume Rücksicht auf die Menschen nehmen, für die
sie in der Hauptsache bestimmt sind.

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