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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Karlinger, Hans: Die Pöffenbacher-Werkstätten und Eduard Pfeiffer
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0199

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die pössenbacher-werkstätten und Eduard Pfeiffer

von vr. Hans Rarlinger

Die Zeit, seit der München als Kunstgewerbestadt
in Süddeutschland anderen Grten den Rang ab-
gelaufen hat, ist eigentlich für den Historiker keine
gar weit zurückliegende. <£s sind nicht viel über
hundert Jahre, daß Augsburg für Möbelarchitektur
und Nürnberg für Ausstattungsgerät in den süd-
deutschen Landen und darüber hinaus die charak-
teristische Note abgaben. Durchblättert man heute
etwa ein Bilderbuch mit Mobiliar des Rokoko-
oder Zopfstils, so wird man überwiegend als Her-
kunftsort Augsburg lesen. Nürnberger Zinn, Fay-
ence, Messing ist nicht nur heute ein beliebter
Sammelgegenstand, sondern war im t8. Jahrhun-
dert ein ebenso begehrter Exportartikel, will man
den Zeitpunkt aufsuchen, wo etwa München an-
fing, aus die Ausgestaltung deutscher Innenarchi-
tektur breiter bürgerlicher Kreise vorbildlich zu wir-
ken, so muß man schon ins xy. Jahrhundert herauf-
gehen. Fiel auch vom Schaffen der Lnvillies und
Gunezrhainers schon manches außerhalb des Rah-
mens der freien Künste für angewandte Kunst ab,
so war doch einerseits der Interessentenkreis noch
zu gering, anderseits die eingesessene Grtstradition
anderer Grte zu groß, als daß das Münchener Kunst-
gewerbe des Zopfstils, eine der künstlerisch reichsten
und anmutigsten Epochen Münchener Kulturlebens,
in breiterem Maße hätte Schule machen können.
Noch zu Beginn des t9- Jahrhunderts wurde es,
soweit man mündlicher Tradition folgen darf, als
Zeichen gewählten Geschmacks angesehen, wenn der
vermögende Münchener Bürger auch hinsichtlich
seiner häuslichen Ausstattung der wiener Mode
folgte. Sicherlich ist unser Biedermeierstil von dort-
her beeinflußt worden.

Das persönliche Auftreten der Münchener Möbel-
architektur fällt in eine Zeit, von deren Produkten
wir heute nicht gerne viel hören, in die vierziger
und fünfziger Jahre des t9- Jahrhunderts,
vielleicht ist es mehr als Zufall, daß die Gründung
der Eisenbahn und die Verbreitung des Münchener
Kunstgewerbes, das seine ersten Sonnentage unter

König Ludwig I. sah, ziemlich nah zusammen-
rücken. Ich wage die Frage nicht zu entscheiden,
aber möchte an die Tatsache erinnern, daß München
schon vor dem Jahre ;870 mit seinem Kunstgewerbe
über die Grenzen Bayerns hinaus zu wirken an-
fing.

Die Umgestaltung, welche das Kriegsjahr \870/7\
in dem kulturellen Niveau des deutschen wohn-
raumes hervorbrachte, die Wiedergeburt der deut-
schen Renaissance und ihr Triumph durch Deutsch-
land, das alles ist uns Münchenern noch zu gut im
Gedächtnis, als daß es eigentlich erwähnt werden
sollte, wenn nicht die Pflicht dankbarer Erinnerung
damit verbunden wäre. Dem Siegeslauf im Felde
folgte ein Siegeszug der Gewerbe, der in freudiger
und auch harter Arbeit ja erst recht eigentlich den
Boden für die heutige Stellung geschaffen hat.
wir urteilen jetzt gern abfällig über die Epoche
Makarts und Gedons, denn wir vergessen zu leicht,
daß beide noch der Zeit nahe standen, wo im Kunst-
gewerbe Maschinenarbeit höher bewertet war als
Handarbeit.

wenn man in den Münchener kunstgewerblichen
Werkstätten der siebziger und achtziger Jahre Um-
schau hält, so steht der Name pössenbacher obenan.
Und die Fremden, die Jahr für Jahr die Königs-
schlösser Ludwigs II. besuchen, erinnern sich wohl
am besten, wie oft der Name Pössenbacher als der
des ausführenden Meisters verschiedensten Mobi-
liars dort zu erwähnen ist. Ls war die erste große
Zeit der Firma. Sie stand damals mit an der
Spitze der Renaissancebewegung und ihre Filialen
trugen deutschen Hausrat nach allen Weltgegenden.
London, Frankfurt und Leipzig besaßen Zweig-
stellen des Hauses. Für das Bukarefter Schloß
König Karols von Rumänien fertigte Pössenbacher
1,886 den Bibliotheksaal. Jahre schwerer Arbeit,
aber auch genußreichen Schaffens erlebte die Werk-
statt Anton Pössenbachers in der Baumstraße, wo
sie sich seit den siebziger Jahren etabliert hatte. Galt
es doch nichts weniger, als das ganze Gebiet tech-

Aunst und Handwerk. 66. Iahrg. Heft

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