Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

DOI Artikel:
Bernhart, Max: Die Entwicklung der Münztechnik
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0201

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Entwicklung -er Münztechnik

von vr. Max Sernhart

Der wirtschaftliche Verkehr hat die Befriedigung
der natürlichen Bedürfnisse (Nahrung, Kleidung,
Wohnung usw.) zürn Zweck. Auf den tiefsten
Stufen des gesellschaftlichen Lebens vollzog sich
die Ausgleichung dieser Bedürfnisse durch un-
mittelbaren Tausch (Tauschhandel). Der Wert-
messer beim Austausch von Gütern (Pandel)
wurde durch Naturalien dargestellt (Natural-
wirtschaft). Dies war bei größeren werten ge-
wöhnlich das Rind (das lat. Wort pecuniu — Geld
von pecus = Rind) oder das Streitroß (besonders
bei den alten Persern und Germanen, heute noch
bei Arabern und Beduinen). Kleinere werte wer-
den durch bestimmte Mengen Getreide, Schafe,
pühner u. a. dargestellt. Im eilten Testament wird
häufig mit Rindern, Schafen und Kamelen bezahlt;
in pomers Ilias wird der wert der Rüstungen,
die die beiden Pelden Glaukos und Diomedes ans-
tauschen, in Rindern angegeben. Noch heute zah-
len in den unteren Donauländern (Serbien, Bul-
garien, Rumänien) die Bauern ihre Steuern in
Naturalien, wie Getreide, Zwetschgen, Schweine
usw. Bei Naturalien liegt aber in der Natur der
Sache der schwankende tatsächliche wert. Lin Tier
kann seinen wert täglich ändern, es kann alt und
jung, fett und mager sein. Ls braucht Futter,
Pflege, Stall, kann krank werden und zugrunde
gehen. Ähnlich ist es bei den anderen Naturalien.
Dadurch wurde aber der Pandel und geschäftliche
Verkehr aufs äußerste erschwert, umständlich und
bedenklich.

Je mehr sich bei zunehmender Bevölkerungszahl
und Arbeitsteilung Industrie und Pandel ausbil-
deten, desto unerträglicher wurden diese Verhält-
nisse, vor allem in den Städten. Die fortschreitende
Entwicklung erforderte einen Wertmesser, der einen
größeren wert auf kleinem Raum vereinigt, in
eine Form gebracht werden kann, in der er leicht
aufzubewahren und zu transportieren ist, keine
pflege beansprucht, nichts verzehrt und nicht von
selbst zugrunde geht. So kamen die Kulturvölker
auf die Metalle Gold, Silber und Kupfer als
Tauschmittel. Die Naturalwirtschaft ging in die
Geldwirtschaft über. Die Edelmetalle Gold und
Silber eigneten sich wegen ihrer Schönheit, Selten-
heit, Teilbarkeit und Dauerhaftigkeit, Kupfer wegen
seiner praktischen Verwendbarkeit gut zu allge-
meinen Wertmessern. Sie wurden vom Käufer
dem Verkäufer zugewogen. Der pandlichkeit halber
goß man sie in Stangen- oder Ringform. Nach

dem Gewicht bestimmte man den wert ein Pfund
Silber, ein Pfund peller; heute noch in England
ein Pfund Sterling. Das jedesmalige Abwiegen
war jedoch sehr umständlich. Die wage zeigte dazu
nur das Gewicht an; der zweite für den wert
maßgebende Umstand, der Feingehalt der Edel-
metalle, mußte durch eine bei weitem schwierigere
Probe ermittelt werden. Ls entsprach dem Be-
dürfnis des fortschreitenden Verkehrs, das Gewicht
und den Gehalt kleinerer Metallstücke, wie sie der
Markt bedurfte, vermittelst eines von einer größeren
Gemeinschaft (Stadt, Staat) ausgehenden Zeichens
kenntlich zu machen. So waren die ersten Münzen
entstanden, und man nannte diese gezeichneten Me-
tallstücke „moneta", weil ein Erinnerungszeichen
für den wert darauf war.

Die ersten Münzen sollen nach einer allgemein
verbreiteten Ansicht unter dem König pheidon
von Argos (um 700 v. Ehr.) auf der Insel Agina
geschlagen worden sein. Glaubwürdiger erscheint
uns, was perodot erzählt, daß nicht die Agineten,
sondern die Lydier sich zuerst geprägter Gold- und
Silbermünzen bedient haben sollen. Die Kunst der
Münzprägung verbreitete sich in den Ländern und
Städten, wohin griechische Kultur drang, sehr
rasch. So ist uns eine von den Städten Siris und
Pyxns in Unteritalien gemeinsam geprägte Münze
bekannt, welche vor dem Jahre 580 v. Ehr. ge-
schlagen sein muß, da Siris in diesem Jahre zer-
stört worden ist. Ls ist also als zweifellos anzu-
nehmen, daß die Münzprägung mehr als zwei-
einhalbtausend Jahre alt ist.

Die ältesten griechischen Münzen sind mit ge-
ringen Ausnahmen von Silber, während die der
kleinasiatischen Völker zumeist von einer Gold-
Silber-Mischung waren. Die Alten vermünzten Gold
und Silber in reinem, unlegiertem Zustande. Der
Feingehalt der Münzen sizilischer Städte wechselt
zwischen bis 990 Tausendteilen. Gold und
Silber kommen aber in der Natur nur äußerst
selten rein vor. Ls muß also die Kunst, die Edel-
metalle zu reinigen, schon sehr frühe bekannt ge-
wesen sein. Als Münzmetall benutzten die Griechen
ferner das „küectrum", eine Legierung aus drei
Teilen Gold und einem Teil Silber, welches Metall
eine blaßgelbe Farbe hatte. Später diente noch
Kupfer und Bronze (Legierung aus \oo Teilen
Kupfer und 5 bis \2 Teilen Zinn) zur Münzprä-
gung. Die ältesten uns bekannten griechischen
Münzen haben nur auf einer Seite eine bildliche
 
Annotationen