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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 65.1914-1915

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Fraunberger, Georg: Graphiken von E. J. Schmid
DOI Artikel:
Buchner, Georg: Was soll der Künstler, der Maler, von der Chemie wissen?, [5]: eine Einleitung zur Materialkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.8768#0235
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Heft 6 dieser Zeitschrift hat auch Silhouetten von
L. 3. Schmid gebracht. (Es braucht wohl nicht erst
gesagt zu werden, daß es echte, mit der Schere
geschnittene Silhouetten sind, keine Schwarzweiß-
kunst von jener Art, wie wir sie im vorausgehenden
besprochen haben. Der Künstler hat sie übrigens
nicht aus schwarzen Blättern gearbeitet, sondern
aus dunklem, mit Metallbelag versehenem Papier,
dessen matter, durch die einsetzende Oxydation
schon gemilderter metallischer Ton etwa die Mitte
hält zwischen Gold- und Knpferfarbe. Das gibt
den Originalen einen Reiz, von dem die Reproduk-

tionen leider keine Vorstellung mehr zu erwecken
vermögen.

Der Stil dieser Silhouetten überrascht durch seine
Neuartigkeit. )m allgemeinen galt es wohl bis-
her als Leitsatz, die Silhouette müsse das Lockere,
Leichte pflegen, das Leine, Zierliche, (Elegante
der Umrißlinie herausholen. Schmid geht dem
geflissentlich ans dem Wege. Seine Silhouette
ist schwer, bizarr, von grobianischer Heftigkeit.
Sie packt uns unmittelbar wie die Vierschrötigkeit
altdeutscher Späße und ist voll dramatischen Lebens.

G. Fraunberger, München.

Vas soll -er Rünstler, -er Maler, von -er Chemie wissen!

Eine Einleitung zur Malmaterialkun-e von Georg Suchner, chemisch-technisches Untersuchungs-
laboratorium München

Uberkaltetes Wasser ist also zwar existenzfähig, hat
aber die Neigung, diesen unnatürlichen Zustand zu
verlassen und in einen stabileren Zustand überzu-
gehen, sich in (Eis zu verwandeln. Dies kann durch
Bewegung, durch kleine, d. h. kleinste (Eiskriställchen
geschehen, d. h. beschleunigt werden. Der weiße
Phosphor kann bei Lichtabschluß bei gewöhnlicher
Temperatur unbegrenzt lange unverändert auf-
bewahrt werden; die relative Beständigkeit dieses
metastabilen Zustandes ist nur eine Folge der außer-
ordentlich geringen Geschwindigkeit, mit welcher die
Umwandlung der einen Zustandsform in die andere
bei gewöhnlicher Temperatur erfolgt. Dieser Über-
gang wird durch gewisse Stoffe oder (Energien,
welche diesen möglichen Vorgang erleichtern (Kata-
lysatoren) ungemein beschleunigt, z. B. durch Jod,
Wärme, Licht usw. In neuerer Zeit hat Siedentopf
die Umwandlung des weißen Phosphors in die
rote Zustandsform durch die (Einwirkung des Lichtes,
im Ultramikroskop direkt verfolgen könnend) Hier-
bei ist wesentlich wirksam das Licht des sichtbaren
Spektrums, wenn man die farblosen Phosphor-
dämpfe rasch abkühlt, dann tritt der Phosphor in
der weißen Zustandsform auf, weil die Dämpfe
hierbei in ein Temperaturgebiet kommen, in dem
die Umwandlungsgeschwindigkeit von weiß in Rot
praktisch gleich Null ist. (Es ist lehrreich, hier eine
Betrachtung anznschließen über die allmähliche
Umwandlung einer metastabilen Zustandsform im
Laufe der Zeit in die stabile Form, welche man
auch ganz passend mit dem „Altern" der Stoffe
bezeichnen kann, wie wir bereits oben gesehen
haben, kann man die Geschwindigkeit derartiger
Reaktionen oder Zustandsänderungen bei Tem-

-^Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft ,S(0.

peraturerhöhung so bewerten, daß eine Steige-
rung um (0° einer Verdoppelung der Reaktions-
geschwindigkeit entspricht und umgekehrt. Da nun
die Umwandlung des weißen Phosphors in den
roten bei 250° C in einigen Stunden vor sich geht,
so kann man berechnen, daß für die Umwandlung
bei einer Temperatur von 20" bereits ein Zeitraum
von (000 Jahren erforderlich wäre, würden wir
also heute weißen Phosphor darstellen und bei
gewöhnlicher Temperatur bei Lichtabschluß auf-
bewahren, dann könnte ein Beobachter, der in
(000 Jahren lebt, durch eine sog. plötzliche Umwand-
lung dieses Stoffes in ein rotes Pulver überrascht
werden.

Ähnliche Allotropien sind für viele andere (Ele-
mente bekannt, so beim Sauerstoff (gewöhnlicher
Sauerstoff und Ozon), beim Schwefel, Selen,
Tellur, Arsen, Antimon, Bor, Silizium, Kohlen-
stoff (Kohle, Graphit, Diamant), Zinn und anderen.
Die Verhältnisse des Zinns sind besonders, weil
für das praktische Leben direkt von Bedeutung,
lehrreich. Das Metall Zinn kann in Form des
weißen und derjenigen des grauen Zinns erscheinen,
wir haben gelernt, beide Zustandsformen beliebig
ineinander überzuführen. (Es ist seit langer Zeit
bekannt, daß in Gegenden mit starker Winterkälte
die sonst äußerst haltbaren Zinngegenstände nicht
haltbar sind. Orgelpfeifen, selbst Blöcke ans reinem
Bankazinn hat man unter solchen (Einflüssen unter
starkem Aufblähen zu Pulver zerfallen sehen. <Es
geht hier das Zinn spontan in eine andere Zustands-
form, in das graue Zinn, über; das graue Zinn
hat ein spezifisches Gewicht von 5,8, ist also volu-
minöser als das gewöhnliche weiße Zinn mit dem
spezifischen Gewichte von 7,28. Oberhalb 20° L

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