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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 66.1915-1916

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Karlinger, Hans: Altes Kupfer
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U. H.: Wilhelm Bertsch
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https://doi.org/10.11588/diglit.7140#0194
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-chüssel mit Blumenranken und Inschrift in getrie-
benen Kapitallettern: ICH LIEB MICH ALS ICH
DICH NIT MER PEGER von ^599. Line noch
eiwas ältere gleicher Art trägt die Umschrift: BE-
FILCH DEM HERRN DINE WEG DER WIRTS
WOL MACHEN. Ähnliche rund vertiefte Becken mit
flachem Boden und getriebenen Borden verraten
sich an ihren Stilformen — Akanthusranken, Blu-
men usw. — als Arbeiten des \7. Jahrhunderts.
Besonders beliebt sind großblumige Muster, so wie
sie der Barock kennt. Seltener trifft man figürliche
Borwürfe, ab und zu einmal ein Fischweibchen
oder einen Meermann, einen Delphin u. a. In
der Form sind die einfacheren und großzügigeren
Hebrauchswaren durchweg origineller wie die fein-
getriebenen Schaustücke. Buckeln und Bossen, kan-
tige Windungen und Geflechte bilden die Haupt-
motive. Dazu kommt im Lauf des t8. Jahr-
hunderts das selbständige figürliche Bild: Frucht-
stücke, Geflügel und Fische und endlich, sichtlich
mit der Festigung des Gebrauchsstiles, auch man-
cherlei Dekor, der mit der Küche nichts mehr zu
tun hat, wie bfunde und anderes Getier und seit
dem Lnde des *8. Jahrhunderts selbst der Por-
trätkoxf. Neben der Gruppe der Becken ent-
wickelt sich die von der Pastete hergeleitete Formen-
welt der mehr oder weniger stilisierten Schüsseln
in Tierform, die Krebse, Fischmodel, die Schild-
kröten und bisweilen sogar ein Säugetier wie der
Igel auf S. kstl. Die Blütezeit der alten Tier-
model beginnt mit dem Rokoko, das noch ein wei-
^res, bjs zur Gegenwart am meisten verbreitetes
Gebilde schuf, die „Guge!hupf"-Form. Das kranz-
lärmige Becken mit der Röhre in der Mitte leitet
seine Abstammung von dem spätbarocken Geschirr

der hochgeschlagene Spiegel des Beckens ver-
längert sich zur Röhre. Die Kranzform des Kuchens
begegnet zuerst auf Modeln mit ausgesprochenem
Rokaillezierrat, wovon das Germanische Museum
in Nürnberg mehrere Beispiele besitzt, von den
einfachen Modeln sind die mit den gedrehten,

Mlhelm Sertsch

7- Februar schied der städtische Bauamtmann
Wilhelm Bertsch jäh und unerwartet aus einem
arbeits- und wirkungsreichen Leben. Line Würdi-
gung seiner speziellen Tätigkeit im Dienste der
^iadtgemeinde, wie ein Eingehen auf sein rein
architektonisches Schaffen bleibt seinen engeren
Fachgenossen Vorbehalten. Seiner besonderen
Verdienste um das aufstrebende Münchener Kunst-

spitzovalen Buckeln und pfeifen, dann die mit
den kantigen Riefelungen und Kerben die ge-
läufigsten. Zu Sternen, geschuppten Kränzen, zu
stacheligen, stalaktitförmigen Gebilden gestaltet sie
die rasch wechselnde Mode des zg. Jahrhunderts.
Technisch ist die Herstellung der Ringformen bis-
weilen eine recht komplizierte, daher die relativ
hohen Preise und die Wertschätzung alten Küchen-
kupfers. Hat man doch in der ersten Hälfte des
t9. Jahrhunderts die Innenseiten von Kupfer-
geschirren vielfach versilbert statt verzinnt, um sie
für den Gebrauch länger haltbar zu machen.
Konstanter in der Form wie der Model ist das
Hohlmaß. Als Gebrauchsstück begegnet es in der
Küche bis zur Neuzeit, nachdem kupfernes Trink-
geschirr längst durch Zinn, Fayence und dessen
Nachkommen verdrängt worden. Im wesentlichen
zeigen die Wasserbehälter immer wieder zwei
Typen: die zylindrische, von unten anlaufende
Kanne und den gebauchten Krug mit verengtem
Hals. Das Nieten der Blechstücke bestimmt den
Hohlgefäßen stärkere Formenbeschränkung wie der
Schüssel, worin aber speziell das Aparte der kup-
fernen Gemäße liegt. Barock und Rokoko stellen
die ältere ruhige Form der Kanne mehr zugunsten
der belebteren Silhouette des Kruges zurück. Der
Gberflächendekor ist bei Gebrauchsstücken fast immer
eine einfache punzierung. Das Hauptgewicht liegt
auf der Tektonik.

Erstaunlich ist, wie wenig unsere Museen von dem
einfachen Formenschatz alter Geräte für den täglichen
Gebrauch besitzen. Man trifft wohl Gerät, das um
seiner besonderen künstlerischen Gestaltung in einer
Sammlung Eingang fand, aber nicht das Einfache.
Erst die letzten Jahre haben mehr die Augen auf die
schlichte Form gelenkt, auf all das, was so gern unter
dem Begriff „Volkskunst" rubriziert wird, was aber
im eigentlichen Sinne „Handwerkskunst" ist. Lin
Feld für die Zukunft: eine Monumentalgeschichte
des Handwerkes, das ohnehin immer mehr aus
dem Leben fortrückt in das Reich des Historischen.

gewerbe und den Bayerischen Kunstgewerbeverein
wollen wir hier gedenken.

Wilhelm Bertsch gehörte dem Bayerischen Kunst-
gewerbeverein als Mitglied seit dem Jahre t8Y6
an. von *897 — *902; von \906—\9t5 war
er im Ausschuß tätig und von J903—^05 als
III. Vorstand.

während der Zeit seiner Mitgliedschaft machten sich

J85

Kanft und Handwerk. «6. Zabrg, Heft t/8.

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