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vorher im Akt durchzeichnet, hier überall nur die
großen Linien und Flächen herausholend, in großen,
breiten pinselstrichen in den feuchten Bewurf
setzend. Sind die Vorarbeiten mühselig und lang-
sam, so werden die Fresken selbst in unglaublich
kurzer Zeit — eine Riesenfassade in etwa zwei bis
drei Monaten — breitpinselig und wuchtig herunter-
gemalt, wodurch sie auch wie aus einem Guß ge-

wachsen vor der wand stehen. Zn der Technik
selbst ist der Künstler nach langen Studien zu Er-
folgen gekommen, die eine wetterfeste Beständigkeit
außer Frage stellen, hoffentlich gestalten sich die
gegenwärtig so düsteren Zeiten schließlich doch noch
so, daß ein Mann wie Brandes auch noch in künf-
tigen Tagen uns weitere schöne Proben seines
Könnens vorlegen kann.

Farbentherapie und Zarbenhpgiene

von 3. Leipfinger

lflus Sein „SunS Deutscher Dekorationsmaler" 1918)

„Die Menschen empfinden im allgemeinen eine große
Freude der Farbe. Das Auge bedarf ihrer, wie es des
Lichtes bedarf/' Goethe, Farbenlehre.

Die Dekorationsmalerei ist nicht etwa, wie man vielfach noch
meint, nur eine schmückende Kunst, die dem Luxus dient und
deshalb in Zeiten der Not zurückzutreten hat. Die Aufgaben
des Dekorationsmalers sind vielmehr, wie man namentlich in
neuerer Zeit mehr und mehr erkennt, tiefer begründet in ele-
mentaren naturgesetzlich geforderten Bedürfnissen des Auges.
Das Auge und der gesamte menschliche Organismus bedarf
notwendig jener Kräfte, die im farbigen Lichte ruhen. Die
Faden sind wichtige Naturkräfte, welche richtig erkannt und
gehandhabt, zum leiblichen und geistigen Wohlergehen der
Menschen mehr als wir glauben beizutragen vermögen und
welche deshalb nicht nur zufällig oder unbewußt instinktiv
in die Wohnungen hineingetragen werden sollen, sondern von
nun an zu bewußt und klar erkannten hygienischen und thera-
peutischen bjeilfaktoren ausgestaltet werden sollen. Sch möchte
in den folgenden Ausführungen auf diese bisher noch nicht
genügend auch in unfern Kreisen gewürdigte Seite und Auf-
gabe unseres Berufes erneut Hinweisen, und zwar insbesondere
in den gegenwärtigen Zeiten allgemeiner Erneuerung, wo
vielfach ein Neubau von Grund auf nötig geworden ist und
jeder Beruf sein Bestes zu geben haben wird, wenn er sich
wieder emporarbeiten will.

Ist doch gerade in unseren Reihen von vielen Seiten die Not-
wendigkeit einer erhöhten Berufspropaganda und Leistungs-
steigerung betont worden. Ich erinnere an die vielen Mah-
nungen dieser Art, welche der Bund deutscher Dekorations-
maler in den letzten Iahren in diesbezüglichen Aufsätzen zum
Ausdruck brachte. !Vie heben wir den Dekorationsmalerberuf
von der geistig-wissenschaftlichen Seite her?

Der Dekorationsmalerberus bedarf neben wirtschaftlichen Maß-
nahmen zu seiner eneuten ksebuizg auch einer vertieften
wissenschaftlichen Unterbauung. Hier vermag eine naturwissen-
schaftlich exakte und umfassend angelegte Farbenlehre wichtige
andere Gesichtspunkte dem Bildungsgehalte und der Werbe-
tätigkeit des Berufes zuzuführen. Wir müssen nur dem Farben^
Problem tiefer nachgehen als bisher und die dabei gewonnenen
Erkenntnisse auch wirksamer als bisher in weitere Kreise des
Volkes und der Gebildeten tragen. Die Farbe ist fein Luxus,

sondern ein notwendiges unaufhörliches hygienisches Be-
dürfnis.

Im Lichte und den aus ihm auferstehenden Farben schlum-
mern gewaltige Kräfte, ungeahnt auch von Massen unserer
Gebildeten.

So beginnt ein neuerer Farblichthygieniker die Einleitung zu
seiner Schrift „Licht und Farben im Dienste des Heeres und
Volkswohles". Er weist hier auf die Wirkungen hin, welche
Licht und Farbe auf Stoffe und Lebewesen, auf Körper und
Geist des Menschen ausüben.

Diese vielseitigen Wirkungen des Farblichtes sind zurzeit selbst
in wissenschaftlichen Kreisen noch nicht hinreichend bekannt;
aber auch dem profanen Leben müssen die Naturkräfte des
Farblichts noch mehr als bisher dienstbar gemacht werden.
Bei der großen Aufgabe der nächsten Zukunft, die kriegszer-
rütteten Nerven der Völker wieder ins Gleichgewicht zu bringen
und die tiefen Gemütsstörungen zu heilen, wird die Farbe,
welche doch ein Urelement aller wohltätigen Natnreindrücke ist,
eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Iedenfalls muß das
Problem der Farblichtkräfte viel bestimmter, viel wissenschaft-
licher und viel technischer in Angriff genommen werden, als
dies bisher infolge der Rückständigkeit unserer bisherigen Far-
benlehre geschehen ist.

Auf den Spuren von Goethes Farbkraftlehre muß die Wissen-
schaft den Menschen die Farbe auch lichttechnisch und hygie-
nisch dienstbar machen, nach dem bisher vorwiegend die Kunst
den Verkehr zwischen Farbe und Gemüt des Menschen her-
gestellt hatte.

Arzte, Lichtingenieure und Maler müssen in Hinsicht auf ratio-
neller Ausnutzung der in den Farben steckenden Naturkräfte
viel stärker als bisher Hand in Hand Zusammenarbeiten x) und
die theoretischen Ergebnisse der Farblichtwissenschaft auch prak-
tisch der Allgemeinheit dienstbar machen.

Die Farben wirken auf das Auge und durch dieses auf das
Gemüt, und jede einzelne Farbe hat ihre besondere Bedeutung.
Wir können uns diese Wirkungen seelisch-leiblich nutzbar machen

Prof. Dr. Karl Horn in Nr. J9, Jahrg. J9J7 der Zeitschrift
des Bundes deutscher Dekorationsinaler über „Die Farben im Dienste des
Heeres und Volkswohles".

vgl. ferner die Flugschrift des siebenbürgischen Sebastian-Hann-Vereins:
Die Farben in Stadt und Land. (Drottleff, Hermannstadt *9^8).

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