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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 71.1921

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Fischer, J. L.: Publizistik und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.8622#0028
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KARL KNAPPE, München

ist die Zahl der Kenner und innerlich sich
Beziehenden und um so stärker das Bedürfnis
der Masse nach Führung und Anlehnung.
Wohl ist letzten Endes die vox populi auch in
der Kunst vox Dei, aber niemals dem „Neuen"
gegenüber, sondern nur in dem, das sich dank
seiner starken inneren
Kraft durchgesetzt hat.

In der Unfähigkeit
der Masse, sich dem
Neuen gegenüber rich-
tig, mit Unbefangen-
heit, mit unbewußtem,
aber sicherem Empfin-
den, wie bewußter, von
Schulung des Ge-
schmacks orientierter
Reflexion einzustellen,
liegt die Notwendig-
keit einer Führung
durch Kenner, durch
die — „Kunstkritik".
Das ist zunächst etwas
Negatives, und darum
hören wir auch oft ge-
nug die Formulierung:
Die Kunstkritik ist le-
diglich ein notwendiges
Übel.. . Wer soll aber
diese Führung inne-
haben, wer soll die
Kunstkritik üben? Der
Künstler? an den man
zunächst denken wür-
de. ... Je größer aber
der Künstler, um so in-

KARL KNAPPE, München

16X16

toleranter ist, muß er sein gegen andere „Rich-
tungen". Der alte Menzel nannte den Impressio-
nismus „Malerei der Faulheit"; Böcklin war ein
begeisterter Verehrer Grünewalds, hatte aber für
Rembrandt nichts übrig. Das stärkste künst-
lerische Talent, von seiner Eigenmission aufs

vollkommenste über-
zeugt, wird immer in
einem mindestens la-
tenten Kampfzustand
gegen alle künstleri-
schen Nicht-Iche sein,
und das sprichwörtlich
impulsive Temperament
des Künstlers sich for-
muliert sich seinen ei-
genen Tonfall im Aus-
druck!

So geht die Aufgabe
an andere über, an jene,
die man Kunstkritiker
nennt: berufsmäßige Ur-
teiler und Kenner, oder
philosophisch gespro-
chen, an die größtmög-
liche Objektivierung
künstlerischer Rezepti-
vität und deren Wieder-
gabe in kunsttechnisch
vollendeter literarischer
Form. Das ist aber ein
Teil des Pflichtenkreises
der modernen Publizi-
stik, gleichviel ob in
der Tages- oder in der
periodisch erscheinen-

Entwürfe zu farbigen
m Ofenkacheln

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