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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 71.1921

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Wolf, Georg Jacob: Glaspalast 1921, [1]: allgemeines
DOI Artikel:
F.: Glaspalast 1921, [2]: die kunstgewerbliche Abteilung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8622#0047
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Auch im Bereich der Graphik ist viel Leben
— in diesem nur leider etwas nebensächlich be-
handelten und weit hinausgerückten Kabinet-
ten ist es noch am ehesten möglich, Eindrücke rest-
loser Freude zu sammeln: nicht aus der Gesamt-
produktion natürlich, aber durch zahlreiche Einzel-
leistungen vermittelt. Vermag dies auch nicht das
Gesamturteil über den Glaspalast wesentlich zu
beeinflussen, so ist es doch nach doppelter Seite
hin kennzeichnend. Fürs erste wirtschaftlich, denn
es zeigt, wie sich unter dem Druck der Zeit nicht
allein der Kunstkäufer sondern auch der Künstler
selbst einem Kunstzweig zuwendet, der bei billigem
Material und bei der Möglichkeit der Wiederholun-
gen ohne Preisgabe des Originalcharakters wohl-
feilen Verkauf und Ankauf zuläßt. Sodann aber

weil die Vergeistigung des Materiellen, die Über-
setzung der Wirklichkeit in die Ausdrucksform des
Schwarz-Weiß, das freie Schweifen der Phantasie,
das die Graphik zuläßt, einem Zuge der Zeit ent-
spricht, die mehr auf das Literarische als auf das
Bildkünstlerische, mehr auf das Spekulative als auf
das Kontemplative im engeren Sinne eingestellt ist.

Wenig, wie stets, gibt die kleine Architektur-
abteilung: erstaunlich ist es nicht, denn die Bau-
tätigkeit liegt darnieder und aus Proben von
Planungsarbeiten macht sich niemand viel. Die
freundliche Oase des Kunstgewerbes vermag den
Gesamteindruck nicht zu ändern — im einzelnen
aber wird über diese liebenswerte Ausstellungs-
gruppe noch besonders berichtet werden.

Dr. Georg Jakob Wolf

II. DIE KUNSTGEWERBLICHE ABTEILUNG

Wie in den Vorjahren, so ist auch heuer der Kunst-
ausstellung eine kunstgewerbliche Abteilung an-
gehängt. Ich sage ausdrücklich angehängt. Denn
die Art, wie in zwei kleinen Sälen ein großes Er-
gebnis kunstgewerblichen Fleißes zusammen-
gedrängt ist, macht für Besucher und gar für ein-
gehendes Studium die
Übersicht außerordent-
lich schwer. Manches-
mal kann man den Ein-
druck eines vollgefüllten
Schaufensters nicht los
werden, bei dem man
nicht weiß, was und wie
man betrachten soll. Es
ist ja anerkennenswert,
daß die alte kunstgewerb-
liche Tradition Münchens
auch heuer wieder in so
üppigem Flor steht, daß
so viele regsame Hände
und neue Triebe ihr Auge
auf die Jahresausstellung
gerichtet halten, aber es
müßte besser zu sehen
und zu würdigen sein.

Der allgemeine Ein-
druck ist: ehrliche Ge-
diegenheit in der Ausnut-
zung des Stofflichen, eine
sorgsame Weiterführung luise
beliebter Ausdrucksfor- Pollitzer

men und eine besondere Freude am Dekor, in
dem sich die Phantasie am meisten auslebt. Man
sieht es fast allenthalben: Das ausgestellte Kunst-
gewerbe wendet sich vorwiegend noch immer an
jene Kreise des Altadels und Altbürgertums, die
auf kulturelle Traditionen halten, die daher den

ererbten Künsten und
Techniken ihre Anhäng-
lichkeit, wenigstens ideell
bewahrt haben und, was
nicht uninteressant ist,
auch die Neoplutokratie,
um mit einem verschlei-
ernden Fremdwort die
typischen Erscheinungen
unserer Zeit im Erwerbs-
leben zu nennen, mit sich
reißen. Insofern zieht die
Mehrzahl des kunstge-
werblichen Schaffens,nach
den ausgestellten Proben,
ein vorsichtiges Weiter-
tasten im Stilistischen
kühnem und begeistertem
Drängen nach Fortschritt
und dem frischen Sursum
corda der Jugend vor.
Freilich fehlt es auch in
letzterem Genre nicht an
erfreulichen Proben; aber
das Verhältnis ist immer
noch das des frohgemuten

Farbiger Perl-
beutel

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