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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 72.1922

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Königsbauer, Andreas: Glaspalast 1922: rund durch die Säle
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Aus dem Leben des Vereins / Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8623#0053
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sodann die von Elfriede Breitenbach in gedämpften Tö»
nen und temperamentvoll ausgeprüften Motiven ge»
stickte Runddecke. Margarethe Schleifers in der Farbig-
keit und Ornamentierung wohl abgewogene Perlen»
beutel und Bänder, Wally Widemanns wie feinste
Klöppel gestrickte Spitzen, Hedwig Winters bunte
Bastsachen, Käthi Filchners Tüllstickereien, sowohl als
Emma Schnitzleins zierliche Täschchen. Neben den
künstlerisch gefloditenen und gezierten Wachsstöcken
von Josef Gautsch fällt eine Verkündigung aus rotem
Wachs von Eugenie Berner = Lange auf durch die in
diesem Material selten erzielte Bewegtheit der Auffas»
sung. Von den alten Blumenstilleben Paul Eckes so»
wie Julius Mössels Entwürfen für Wandmalereien,
von den sorgsamen Handdrucken Helene v. Frauen»
dorfer»Mühlthalers und einer Reihe graziös anzuschau-
ender Scheerenschnitte von Marianne Euler, Gertrud
Pfeil und HannaWeil hinweg gleitet schließlich der Blick
zu einer als naturgetreue Nachahmung technisch inte»
ressierenden Arbeit, dem Schiff von Johann Vielitz.

Ausgezeichnet und reichlich vertreten ist auch heuer
wieder die Glasmalerei mit erkennbaren persönlichen
Unterschieden durch F. X. Zettler, Anton Mayer,
Carl de Bouche, van Treeck, J. P. Bockhorn!, Alois
Staudinger, A. v. d. Heydt, dessen frühmittelalterlich
empfundene Evangelisten gläubige Glut verstrahlen.
Vollends mit Genuß kann man das wenige betrachten,
was an Möbeln da ist. Namentlich die barockisierende
Kommode von Mathes lenkt durch ihre füllige Zier»
lichkeit wohlgefällige Blicke auf sich, da hier nicht viel
gewollt und geklügelt, das Gewollte aber gelungen ist.
Das gleiche gilt von Josef Hallhubers wohlgegliederter,
leicht und maßvoll im Raum stehender Cheppendale»
Vitrine. Ein rotes Schränkchen mit Perlmuttereinlagen,
das chinesisch anmutet, hat Josef Urban so gefällig

kokett bemalt. Von den Spiegeln wirken die Rahmen»
bemalungen in Ziegelrot mit hellem Silbergrau Eu»
genie v. Schackys lustig wie ein ins Moderne versetzter
Biedermeier. Nur die Blumenstücke und Füllungs»
maiereien sind allzu flüchtig»dekorativ wiedergegeben,
in mißverstandener Kopie alter Vorlagen, gleichwie
an den kapriziösen, luxuriöser aufgemachten Rah»
mungen von Georg Fuchs, die übrigens auch die
Spiegelfläche selbst kunstvoll teilen. Die Früchten»
spiegel A. Lipperts (Radspielers Nachfolger) sind eine
berühmte Spezialität der Firma. Tragen sie mehr
Fröhlichkeit in das Heim, so wirkt ein geschnitzter
Hochglanzspiegel von der Art Hans Irlbachers wie
einem Märchenschloß Ludwig II. entnommen.

Konnte das Münchener Kunstgewerbe im Glas»
palast heuer nicht alles geben, was es vermag — und
wir wissen, daß es Köstliches vermag —, so hat diese
Ausstellung in der Wechselwirkung mit der Gemälde»
schau rings in den übrigen Sälen und im Zusammen»
hang mit der Gewerbeschau doch Befreiendes an sich.
Das Kunstgewerbe weiß infolge beider Ausstellungen
heute woran es ist. Es kann sich Veitstänze und hyste»
rische Krämpfe ersparen, der Gediegenheit in Tech»
niken nachspüren, ohne sich zu verhehlen, daß die Zeit
für einen neuen Stil angebrochen ist. Heute schon darf
das Kunstgewerbe ruhig schöpferisch in der neuen
Formenwelt vordringen. Was der Malerei zum Ver»
hängnis werden kann und zum Teil schon wurde:
das Erstarren im Handwerklichen, das Sichverträumen
in der Exstase der Äußerlichkeit, im Dekorativen, all
das darf das Kunsthandwerk wagen, weil just darin
seine Kräfte liegen. Wenn der Kunsthandwerker nur
der Sache, die er gestaltet, dient, sie als Sache, nicht als
Experiment behandelt!

Andreas Königsbauer.

AUS DEM LEBEN DES VEREINS

Ordentliche General = Versammlung am Dienstag, den
30. Mai 1922, abends 7» 8 Uhr. Anwesend sind bei Beginn der
Sitzung 38, am Schlüsse 42 Herren. Um 8tyi Uhr eröffnet Prä-
sident Dr. Halm mit Worten der Begrüßung die Versammlung,
gibt die Tagesordnung bekannt: a> Tätigkeitsbericht, b) Kassen-
beridit und Aufstellung des Haushaltungsplanes für 1922, c> Be-
schlußfassung und Entlastung, d) Bekanntgabe des Wahlresultates,
e> eingelaufene Anträge und f) Verschiedenes, und teilt mit, daß
die Ausschreibung der Versammlung rechtzeitig und satzungsge-
mäß erfolgt sei. Laut § 31 der Satzungen sei ein Herr zu wählen
welcher außer dem Vorsitzenden das Protokoll als Nicht-Aus-
Schußmitglied führt. Herr Georg Fuchs, Dekorationsmaler wird
dazu bestimmt.

Punkt der Versammlung „Bekanntgabe des Wahlergeb-
nisse s'Virdvorausgestellt, es werden eine Anzahl Herren gebeten,
die Sichtung derWahlzettel vorzunehmen. DieHerren werden durch
Zuruf gewählt und zwar Glasbrenner, Wörle und Schmid-Geiler.

Zu Punkt a) „T ä t i g k e i t s b e r i ch t" referiert der Präsident
über die Mitgliederbewegung. Am 31. XII. 1921 betrug der Mit-
gliederstand 1095, ausgetreten sind 35, gestorben sind 7, neu zu-
gegangen 94, Stand am 3C. Mai 1922 ca. 1150 Mitglieder.
Dazu kommen noch eine große Anzahl Neuanmeldungen, welche
noch nicht erledigt sind. Prof. Dr. Halm gedenkt der ver-
storbenen Mitglieder. Vor allem der Ehrenmitglieder
Prof. Fritz von Miller und Dr. Ritter von Thiersch, ferner der
Mitglieder: Prof. Römer, Hugo Ritter von Maffei, Otto Berner
und Max Richter. Zum Ehrenmitglied wurde im Jahre 1921
ernannt Herr Dekorationsmaler Adolf Lentner. Man ehrt sodann
die Toten durch Erhebung von den Sitzen.

Herr Professor Dr. Halm referiert weiter: Die Vereins-
tätigkeit war auch im Jahre 1921 eine äußerst rege. 18 mal
versammelte sich der Vorstand zu wichtigen Vorstandssitzungen.
Der geschäftsführende Vorstand behandelte alle möglichen Fra-
gen in 28 Sitzungen, während dem der Hauptausschuß 9 mal zu

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