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AUS DER ENTWICKLUNG VON LEUCHTER U. LAMPE

Die Entwidmung aller jener Beleuchtungskörper, die
sich durdi ihren veredelten Geschmack über das A1U
tägliche erheben, läuft, wie nicht anders zu erwarten
ist, zum größten Teil auf der Linie der allgemeinen
kunstgewerblichen Entwiddung. Wenn wirheute durdi
einen mit Licht durchfluteten Saal schreiten, dem ein
ganzer Wald leuditender Birnen den entschwundenen
Tag zurückzuerobern versucht, so erscheint uns diese
blendende Helle als fast nichts anderes, denn ein
Triumph über die Schatten der Nacht. Unsere Mittel
d. h. unsere technischen Mittel, erlauben uns das, und
es ist nur eine finanzielle Frage, wie weit wir der Sonne,
die eben nun einmal untergeht, eine möglichst starke
Lichtquelle entgegenstellen wollen. Die Kerzenstärke
der Birnen, der Bunsenbrenner, das Gasglühlicht, die
von Spiritus gespeiste Glühlichtlampe: alles stolze
Marksteine in der Entwicklung der Naturwissenschaft
ten, haben dem Kunstgewerbe nicht jene breite Entwick«
lungsmöglichkeiten gegeben, die gerade für ein „Organ
des Lichtes" in Betracht gekommen wären. Das Licht
ist prosaisch geworden. Wir können es so leicht erzeu-
gen, in jedem beliebigen Stärkegrad aufleuchten lassen.

Einst war es anders. Die Alten sahen in dem Feuer
etwas Heiliges, in dem Lichte den Abglanz der Götter.
Eine eigene Gruppe von jungfräulichen Priesterinnen
hütete das heilige Feuer. Durch eine große breite Öff-
nung im Mittelpunkt von Tempeln und Wohnhäusern
ließ man dasLichtin vollen
Fluten einströmen. Man
knauserte nicht mit einem
kleinen Fenster bald hier,
bald dort. Das Tageslicht
war heilig: der nie verlö'
sehende Segen des Helios,
der mit seinem glänzenden
Sonnengespanne tagtäg»
lieh die himmlische Bahn
durchstürmte. Die südli-
chen Völker konnten sich
allerdings diesenLuxus der
Vergöttlichung des Lichts
viel eher leisten, als die
düsteren Länder desNor-
dens. Und die Verhältnis*
mäßig geringe Not an zu
früh untergehender Sonne
nahm man zu einer Zeit,
die nicht das Drängen der
Moderne kannte, darum
viel leichter hin. Was wir

daher aus den ältesten Zeiten einer kunstgewerblichen
Unterstützung für ein „gemachtes" Licht kennen, geht
über einfache Ampeln kaum hinaus.

Das Christentum schuf hier gründlichen Wandel. In
seinen Anfangszeiten genötigt, in der stillen Verbor-
genheit der Nacht, am dunklen Ort, seine religiösen Zu*
sammenkünfte, seine Abendmahlsfeiern und Gottes*
dienste zu begehen, mußte es das künstliche Licht in
weitem Umfang einführen. Darum sind die altchrist*
liehen Lampen das meiste unter den Denkmälern der
Kleinkunst, wie sie in mannigfacher Form und Art
namentlich in den Katakomben seit Jahrhunderten auf-
gefunden werden. Karl Maria Kaufmann sagt darüber
in seinem Handbuch der christlichen Archäologie: „Bei
dem Bestreben der Alten, ihrem Hausrat durch sym-
bolische Zeichen und Bilder christliches Gepräge zu
verleihen, darf angenommen werden, daß gerade diese
Sepulkralfunde ein treffendes Bild, auch vom privaten
Beleuchtungsmaterial, vermitteln. Was davon erhalten
ist, trägt allerdings den Stempel des Kunstverfalls,
wenigstens soweit es sich um Töpferware handelt.
Die Bronzetechnik dagegen hat eine Reihe, nament*
lieh der Liturgie dienender, recht kunstvoller Ar*
beiten übermittelt." Die erhaltenen Bronzeexemplare
kann man in Hand*, Hänge* und Standlampen grup*
pieren. Die Ständerlämpehen sind die direkten Vor*
bilder der bis auf den heutigen Tag in der katholischen

Kirche erhaltenen Altars
leuchter. Diese beiden Ge-
Sichtspunkte: Notwendig*
keit den nächtlichen Got*
tesdienst zu erhellen und
ihm eine mystische Ver*
klärung zu schaffen, hat
den christliehen Gottes*
dienst bis auf die Gegen*
wart mit dem künstlichen
Licht verbunden. Dazu
kam, daß Christus sieh als
das Licht derWelt bezeidv
nete und daß damit der
antik=heidnisehen Mytho-
logie vom Licht* und Son-
nenkult eine ganz natür*
liehe Gegenüberstellung
durch die allerdings rein
geistig gemeinte Idee von
Christus als dem Erleuch*
ter der Welt gegeben war.

WANDLEUCHTER aus Messing, <18. Jahrh.) Bayer. Nat.^Mus. Es ist bekannt, daß gerade

Kunst und Handwerk. Jahrgg. 1922. 4. Vierteljahrsheft

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