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MESSINGLEUCHTER (17./18. Jahrh.) Bayer. Nat.^Mus.
Gienzen des Stimmungsvollen, des Biederen einiges
zu erobern. Es ist allbekannt, wie in den einfachsten
Formen von einkerzigen Leuchtern bis zu den mehr-
strahligen Deckenleuchtern mit zahlreichen originellen
witzigen und ernsten Motiven <Lüsterweibchen> ein
unerschöpfliches Abwandlungsgebiet in Anspruch ge-
nommen wurde. Leuchter aus Messing, schmiedeeiserne
Kronleuchter, prächtige Holzschnittarbeiten stehen in
edlemWettstreit. Vorübergehend schien es, als wolle die
geniale Erfindung des Gaslichtes alle kunstgewerbliche
Veredelung aus dem traulichen Kreis der Beleuchtungs-
gegenstände verbannen, umsomehr als die Epoche des
Gaslichts mit Deutschlands an Kunstsinn ärmster Peri-
ode zusammenfiel. Als aber das elektrische Licht mit
seiner leichteren Verwendbarkeit den Sieg über Gas
erfochten hatte, als die elektrische Birne schon in ihrer
Form Anreiz zu künstlerischer Idee bot, als man sie
in Kerzenmanier verarbeiten konnte (was freilich sehr
verschieden beurteilt wird), da kehrte die allgemeine
Freude an Veredelung der Beleuchtungskörper zurück.
Manche wollten sich an das Elektrische nicht so recht
gewöhnen, wenigstens nicht in Räumen, die ihnen als
Tempel feinsten Geschmad«, als Oasen des Alltags in
ihren Wohnungen erschienen, sondern hielten an der
Poesie des Wachses fest. Das garantierte eine gewisse
Kontinuierlichkeit des Leuchters, der ja schon wegen
der sakralen Bedeutung der Kerze immer in Pflege ste-
hen wird. Als Beispiele siehe die Leuchter von Za-

dikow und die von Prof. H. Waderc, die in der Geislin-
ger Metallwarenfabrik ausgeführt wurden. Ein neues
Gebiet, das lediglich bei dem feuersicheren elektrischen
Licht Verwendung finden kann und darum hier durchs
aus materialecht genannt werden muß, sind die zahl»
losen Kombinationen mit Stoffen einfarbiger und be-
musterter Steh= und Zuglampen. Unabsehbar sind ge-
rade hiefür die Möglichkeiten, weil bei der Leichtigkeit
des verwendeten Materials der kunstgewerblichen Fan-
tasie gar keine Grenzen gezogen sind.

Ein Gang durch die Straßen der Großstadt, nicht bloß
der belebtesten und Käuferviertel, sondern auch der
Vorstädte zeigt, daß die Geschäfte mit Beleuchtungs-
körpern gerade in der eben skizzierten Manier wie eine
üppigeSaat aus dem Boden gesproßt sind. Nicht immer
sind es Werke veredelten Geschmacks. Wenn gerade
diese Art von Beleuchtungskörpern und Lampen po?
pulär werden oder bereits sind, so erwächst dem deut-
sehen Kunstgewerbe die strenge Pflicht, auf den neuen
Massenartikel acht zu haben, daß Gutes und Edles in
die Massen getragen wird.

Diese kurzen Worte sind eigentlich nur erweiterte
Unterschriften unter die Haupterkennungswerke und
als Anregung gedacht, auf diesem fruchtbaren Gebiet
unermüdlich weiterzubauen, da auf ihm dem Ausland
gegenüber zahllose Möglichkeiten bestehen. JLF

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MESSINGLEUCHTER <17,'18. Jahrh.) Bayer. Nat.-Mus.

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