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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Klaiber, Christian: Die Kunst deutscher Goldschmiede in Siebenbürgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0011

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DIE KUNST DEUTSCHER GOLDSCHMIEDE

IN SIEBENBÜRGEN.

Durch mehr als 7 Jahrhunderte haben die Sachsen Siebenbürgens unwandelbare Treue zur deutschen Kunst
und Kultur bis zum heutigen Tage gehalten. Kriege, Heerzüge, Fremdherrschaft, Not und Pestilenz haben
dort nichts vermocht gegen das eherne Erhaltungsgesetz deutscher Art und deutschen Wesens. Immer
kehren sich die Blicke zum Mutterlande und suchen Stärkung geistiger Art und Fühlung. Seit Jahrhunderten
ist es so, daß der Vater den Sohn, der Meister den Gesellen, an den Jungborn deutscher Kunst und Wissen-^
schaft ins Mutterland entsendet. Auf unseren Hochschulen und Fachschulen aller Berufe, nicht zuletzt
auf denen des Bau» und Kunstgewerbes seien uns diese treuesten Pioniere deutschen Wesens willkom-
men. Daß aber auch wir in dem eigenwüchsigen Schaffen der Siebenbürger Deutschen manche er-
frischende Anregung finden können, dafür bringe der folgende Aufsatz einen Beleg, der, auf ein viel»
leicht enges Teilgebiet sich beschränkend, den Meisterkelch in der Entwicklungder Jahrhundertebehandelt.

Die östliche Kulturinsel Siebenbürgen von vorbilde
lieh geistiger, innerer Kraft hat durch die Jahrhunderte
ihrer Wechsel* wie schmerzvollen Geschichte ihren
deutschen Charakter in allen Teilen des Volkstums bis
heute ungebrochen zu erhalten vermocht. In diesem
Festhalten am eigenen Sein und Wesen sind diese
200000 auf sich selbst angewiesenen Deutschen zu
allen Zeiten, besonders aber in der Gegenwart ein
herzerfrischender Gedanke für unser deutsches Mutter*
land. Wo immer wir uns auch hinwenden, sei es in die
Anlage der altehrwürdigen Städte, Burgen, Kirchen,
Bürger* und Bauernhäuser, sei es wie im folgenden in
ein engeres kunstgewerbliches Stoffgebiet, überall
finden wir Geist von unserem Geiste.

Wenden wir uns nun zu der edelsten Kunst des
Siebenbürgischen Gewerbefleißes, dem der Gold* und
Silberschmiede, so bieten uns zwei in deutscher Sprache
erschienene Werke die äußere Veranlassung. Einmal
hat der für deutsche Kunst rührige Direktor Emil
Sigerus in zwei Bänden die Kulturgeschichte der Sie*
benbürgischen Vorstadt Hermannstadt in deutscher
Sprache 1922 und 1923 gewissermaßen als Lebens*
werk eingehend behandelt. Einen Hauptteil widmet
er dabei der kunsthandwerklichen Behandlung von
Gold und Silber, als dem besten Gradmesser von
eigener Kultur. Bis zum 14. Jahrhundert war hiefür
Siebenbürgen im großen Ganzen Einfuhrland. Im
15. Jahrhundert findet sich zum erstenmal in Hermann*
Stadt, entsprechend der steigenden eigenen Kultur eine
Goldschmiedezunft, während Braunschweig sdion 1231,
Köln 1259 und Wien 1288 eine solche besaßen. Die
Zunftakten aus dem Jahre 1494 verlangten als
Meisterstück vor allem den Kelch, der den Abbildun*
gen in der Hauptsache zu Grunde liegt, außerdem einen
Ring und einen Taschenlöffel. Wer die vorgeschriebene
Legierung nicht einhielt, wurde ausgeschlossen und
wanderte in den heute noch erhaltenen Goldschmiede*
türm. Für die Verknüpfung mit dem Mutterlande aber
war besonders wichtig, daß derGeselle mindestens zwei
Jahre in der Fremde, wie in Augsburg, Nürnberg usw.

gearbeitet haben mußte. So erklärt es sich auch ohne
weiteres, daß wir unter den vielen uns noch bekannten
Meistern solche von Augsburg und Nürnberg finden.
Unter den in Siebenbürgen selbst geborenen war der
erfolgreichste Sebastian Hann. Von seiner Kunst wird
gesagt und auch heute noch durch ganz ausgezeichnete,
in den verschiedensten Museen aufbewahrte Arbeiten
bewiesen, daß er Hermannstadt zum Augsburg des
Ostens gemacht habe. In Leutschau an der Zips ge-
boren, verstand es der in Hermannstadt eingewanderte
Geselle durch Heirat zweifellos einer Goldschmiede*
tochter, daß er 1675 in die Hermannstädter Gold*
schmiedezunft als Meister aufgenommen wurde. Das
Zunftgebot gestattete zwar nur demMeister die Heirat,
so daß Hann mit 4 Gulden Strafe seine Liebes=Geni-
alität bezahlen mußte. Sein Sohn führte die berühmte
Werkstatt fort, während sein Enkel als Hofgoldschmied
der Fürsten der Wallachei sich betätigte. Insgesamt
sind uns rund 50 Meister bekannt. Der älteste ist
Thomas Stihn, geb. 1508.

Wie in Deutschland war audi in Siebenbürgen der
Stolz des wohlhabend gewordenen Patriziers, einen
reichen Silber* und Goldgeräteschatz zu besitzen. Mit
ihnen wetteiferten die Zünfte, wie auch die sogenannten
Nachbarschaften. Auch die sächsischen Trachten gaben
vielseitige Gelegenheit zur Betätigung, namentlich die
sogenannten Heftel, Bockel*, Schleier* und Kopf*
nadeln, wie Gürtel bedurften der Verschönerung durch
Gold und Silber. Welche Wertschätzung diesen Aus*
stattungsstücken geschenkt wurde, beweist, daß z. B.
Michael von Brukenthal seiner Tochter ein goldenes
Heftel im Werte von tausend Gulden hinterließ,
während gleichzeitig sein prachtvolles Haus nur mit
4000 Gulden bewertet war. Die Fülle der noch
erhaltenen Testamente gibt mit ihren reichen Verzeich*
nissen von Gold* und Silbergeräten ein vorzügliches
Bild für den Hochstand des edelsten Kunstgewerbes.
Ohne auf Einzelheiten einzugehen sei nur ein Beispiel
angeführt, wonach 1704 Georg Frank von Frankenstein
einen solchen Gold* und Silberschatz im Werte von

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