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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Kiener, Hans: Neue Münchener Arbeiten
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Kiener, Hans: Das Kriegerdenkmal in Neustadt a. H. von Hermann Hahn
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0088

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der Zeit Beiträge von unsern namhaftesten lebenden
Gelehrten bringen zu können, von Männern, die alle
etwas ganz Bestimmtes in klarer Form zu sagen haben.
Und wenn das Mißtrauen, das weite und gebildete,
ja sogar kunstgelehrte Kreise unseres Volkes der zeit-
genössischen Kunst entgegenbringen, verschwände,
angesichts des Erlebnisses, daß eine Kommission von
modernen Künstlern sehr wohl zu unterscheiden weiß,
daß der Sinn für Qualität noch nicht tot ist, so wäre
das als ein schöner Gewinn zu buchen. Nicht minder
aber auch umgekehrt, wenn das Mißtrauen, das die
Künstler den Kunstschriftstellern entgegenbringen,

aufgehoben würde durch die Erkenntnis, daß auch
im andern Lager echt von unecht zu scheiden ist. Und
es wäre wohl der schönste Lohn, den sich die alte,
in ihrem heutigen Bestreben junge Zeitschrift erhoffen
könnte, wenn sie bescheiden die Hand bieten dürfte
zur gegenseitigen Fühlungnahme der Echten aus den
verschiedenen Lagern und „Zünften", zur Hebung
des gegenseitigen Verständnisses und zur Stärkung
der gemeinsamen entschiedenen Abwehr des Unech-
ten, in dessen trüber Flut unser Vaterland heute zu

versinken droht. Hans Kiener

DAS KRIEGERDENKMAL IN NEUSTADT A. H.

VON HERMANN HAHN

Man wird es unserer Generation immer als das
Zeichen eines gesunden Kernes anrechnen, daß sie
sich der Pflicht, der Helden des großen Krieges zu
gedenken, nicht entzogen hat, sondern mit großer
Pietät Kriegerdenkmäler errichtete. Es ergäbe eine
interessante Gegenüberstellung, die Denkmäler anläß-
lich des siegreichen Jahres von 1870/71 mit unseren
heutigen zu vergleichen. Zugegeben, daß heute ge-
legentlich ärgere Entgleisungen vorkommen als da-
mals, so sind doch heute die Lösungen mannigfaltiger
und es wird ein intensiveres Verhältnis zu den for-
malen d. h. den eigentlich künstlerischen Problemen
spürbar. Und mag romantischer Sinn sich an der An-
lage von Gedächtnishainen oder kolossaler Ehrenmale
auf Bergeshöh erfreuen, ein gesunder Instinkt läßt es
doch in den meisten Fällen zu Lösungen innerhalb der
Stadt kommen, in einer von Menschenhand bereits vor-
geformten Umgebung, die immer wieder die besten
künstlerischen Voraussetzungen bietet.

Die zur Verfügung stehenden örtlichen Situationen
und die zur Verfügung stehenden Mittel lassen dann
die Entscheidung treffen, ob es sich um ein Wand-
denkmal oder um ein freistehendes handeln könne.

Unter den freistehenden Kriegerdenkmälern ist eines
der besten, die ich kenne, das, das Hermann Hahn für
Neustadt a. H. geschaffen.

Sehr geschickt der örtlichen Situation angepaßt,

vereinigt es Einfachheit und Würde. Auf niederem
Sockel die hohe Stele, die Trägerin der Inschriften, von
straffen, vornehmen Verhältnissen mit knappem Ge-
sims. Darauf steht die wuchtige Gruppe: ein nackter
Krieger mit Stahlhelm und Lanze reitet auf einem mü-
den, abgetriebenen Pferd. Das Geschlossene der Stele
findet seine Abwandlung in dem geschlossenen Kontur
der Gruppe. Die Gruppe nimmt Bezug auf die Vorder-
fläche der Stele und das ganze Denkmal steht parallel
zur Wand eines Hauses. Die Hochform des Denkmals
findet ihren Wiederklang in der engen Hohlform der
Gasse (s. Abb. S. 5). Das Denkmal zieht seine Kraft
aus dem Gegenspiel der Hochform des Pfeilers zur
Breitform des Reiters.

Diese Tektonik des Ganzen findet ihre differenzierte
Anwendung in dem Aufbau der Gruppe. Die statische
Verteilung der Massen gibt Ruhe und Sicherheit und
ist die Voraussetzung für die gute Wirkung der Sil-
houette. Der Reiter sitzt nicht straff, sondern lässig,
etwas zurückgeneigt und stützt sich mit der Linken
aufs Pferd. Er dreht den Oberkörper dem Beschauer
entgegen. Diese Drehung gibt der plastischen Kon-
zeption Reichtum und gibt die Rückneigung des Rei-
ters eine gewisse Angleichung seines Oberkörpers an
die Horizontale des Pferdes — wichtig ist auch die
vermittelnde Rolle der Lanze — so gewährt die Fron-
talität des Oberkörpers seine stattliche Entfaltung

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