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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Kiener, Hans: Das Gräflich Doernbergsche Mausoleum von German Bestelmeyer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0098

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DAS GRÄFLICH

MAUS

VON GER MAN

DOER1N BERGSCHE

OLEUM

BEST ELM EYER

Motto:

„. . Denn det innete Gehalt des bearbeiteten Gegen-
standes ist der Anfang und das Ende der Kunst. Man
wird zwar nicht leugnen, daß das Genie, das ausgebildete
Kunsttalent, durch Behandlung aus allem alles machen
und den widerspenstigsten Stoff bezwingen könne. Ge-
nau besehen, entsteht aber alsdann immer mehr ein Kunst-
stück als ein Kunstwerk, welches auf einem würdigen
Gegenstande ruhen soll, damit uns zuletzt die Behand-
lung durch Geschick, Mühe und Fleiß die Würde des
Stoffes nur desto glücklicher und herrlicher entgegen-
bringe." Goethe

Es wird für die Baukunst immer das schönste Ziel
bleiben, die in einer bestimmten Aufgabe beschlos-
senen seelischen Werte mit ihren eigenen Mitteln künst-
lerisch wirksam zu machen. Solche Werte, die in einem
Mausoleum sprechen sollen, sind verschiedene: Ein-
mal ist es ein Grabmal: nach uraltem menschlichem
Gefühl ist es der steinerne Schutz, der größte Dauer
für die sterblichen Reste verbürgt, was man zu aller-
erst von einem Mausoleum verlangt. Dann klingen in
allem, was den Tod betrifft, religiöse Vorstellungen
unmittelbar an. Mit der Festigkeit allein ist es nicht
getan: der Gedanke an das Unsterbliche verlangt mit
innerer Notwendigkeit die Stimmung des Sakralen,
des Weihevollen; zum dritten ist ein Mausoleum ein
Grab für eine Familie von Stand: der Ausdruck einer
gewissen Gravität, der Ausdruck großmenschlicher
Würde erscheint als ein wesentliches Erfordernis.

Daneben stehen die negativen Forderungen: die
Abgrenzung gegen formal verwandte, aber gedank-
lich und stimmungsmäßig wesensverschiedene Dinge:
ein Mausoleum darf nicht wie ein Pavillon, aber auch
nicht wie eine Kirche oder Kapelle aussehen. Neben
solch allgemein geltenden Überlegungen treten dann
die Probleme der speziellen Aufgabe: die Gunst oder
Ungunst der baulichen Situation, des Geländes, der
zur Verfügung stehenden Mittel.

Der Graf Doernberg hatte der Stadt Regensburg
ein großes Vermögen vermacht mit der Auflage, die
Stadt müsse ihm ein würdiges Mausoleum bauen. Die
Stadt ihrerseits erklärte sich bereit, unter der Bedin-
gung, daß das gräfliche Mausoleum zur monumen-
talen Ausgestaltung des neuen evangelischen Friedhofs
dienen dürfe.

Was war für den Architekten erwünschter, als daß
er sich der Fährlichkeiten überhoben sah, die völlige
Isolierung und das Drinstehen in der freien Landschaft
einem Baue notwendig bereiten. Das leise ansteigende
Gelände des Friedhofs wird an seinem oberen Ende
einheitlich durch schlichte Pfeilerarkaden in bedeuten-
den Abmessungen zusammengefaßt. Auf der Folie
dieser Bögen springt in der Mittelachse das Mausoleum
um ein Bedeutendes vor. Es gibt den Arkaden Ge-
wicht und Mitte und empfängt von ihnen Rahmung
und Maßstab. Auf breiter, gelassener Freitreppe
ersteigt man zwischen Wangenmauern, auf denen
Löwen ruhen, die Terrasse, von der das Mausoleum
in drei schlichten, aber ganz groß gesehenen Pfeiler-
bogen aufsteht. Der Aufgang betont die Tiefenachse,
die Kuppel die Höhe, und das Motiv der Bögen, die in
den seitlich anschließenden Arkaden ihren Wider-
klang finden, die Breitenerstreckung. Die Grundrich-
tungen des Raumes in dem wir leben, in dem wir ge-
gründet sind, kommt mit seltener Klarheit und Ein-
fachheit zur Geltung. Der ganze Friedhof bekommt
in dieser Anlage Halt und architektonischen Sinn und
es ist immer ein gutes Zeichen für die Reife einer bau-
lichen Lösung, wenn man fühlt, wie der Bau über sich
hinauswirkt, wie er, selbst höchste, anschaulich ge-
machte räumliche Klarheit, diese Klarheit auch seiner
Umgebung aufdrückt. Menschen, die dafür empfäng-
lich sind, empfinden den Aufenthalt in einer so klar
geformten Umgebung als hohe geistige und körper-
liche Wohltat. Man wird nicht müde, den Zusammen-
klang der Freitreppe mit den würdevollen Pfeilern,
mit der klar betonten Kämpferlinie zu betrachten, diese
schlichten Pfeiler und klingenden Bogen aus edlem
Haustein, die so ruhevoll sich in ihren gesättigten Ver-
hältnissen entfalten. Sie sind der Ausdruck würde-
vollen, gehobenen Daseins. Es bleibt ein bedeutendes
Mauerstück um die Bogen stehen, um ihnen den künst-
lerisch nötigen Rückhalt zu geben. Dann folgt un-
mittelbar ein flaches, leise geneigtes Ziegeldach, das
ziemlich weit vorspringt und (optisch) bedeutsam Füh-
lung nimmt mit den Horizontalen der Terrasse und
der Treppe. Darüber erhebt sich, bedeutend zurück-
genommen, der mit schmalem Gesimse geschlossene,
kubische Hauptbau des Mausoleums noch um ein

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