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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 76.1926

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Kunz, Isolde: Aphorismen von Isolde Kurz
DOI Artikel:
Nasse, Hermann: Adam und Eva von Mayer-Fassold
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https://doi.org/10.11588/diglit.7093#0190

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APHORISMEN VON ISOLDE KURZ

„Die Abhängigkeit von der Umgebung ist nur
unbedingt wahr für den gemeinen Menschen. Unser
,Milieu' sind nicht die Spießbürger, die in einer Stadt
mit uns leben, sondern der geistige Boden, aus dem
wir unsere Nahrung ziehen. Die großen Menschen
aller Zeiten, mit denen wir von klein auf verkehren,
die sind's."

„Wahrhaft großes Empfinden zeigt sich nicht
darin, daß man sich ausschließlich mit großen Dingen
beschäftigt, sondern daß man auch das Kleinste dem
Großen anzugliedern weiß."

»

„Das Genie zeigt sich nicht im Ausdenken des
Unerhörten, nie Dagewesenen, sondern daran, daß
das Alte, Abgeblaßte, von ihm berührt, auf einmal
wieder ganz frisch und neu wird."

*

„Immer spricht der Dilettant den Künstler als Bruder
an. Der Künstler mag sich dies ruhig gefallen lassen —
er hat keine Pflicht der Aufrichtigkeit gegen ihn."

»

„Manche dichterischen Erzeugnisse haben uns, so-
lange sie neu waren, zur Bewunderung hingerissen,
aber als wir sie zehn Jahre später wieder hervorholten,
sahen wir mit Schrecken, daß ihre Haut bereits zu
schrumpfen begonnen hatte. Abermals zehn Jahre,
und wir können sie gar nicht mehr zur Hand nehmen,
so welk und runzlig sind sie unterdessen geworden.

Es sind die Hoffräulein des Rübezahl, die einen

Tag lang im Sonnenlicht mit der Prinzessin lachen
und spielen und von ihr für lebendige Wesen gehalten
werden, wenn aber der Abend kommt, so liegen sie tot
und eingeschrumpft als welke Rüben da."

*

„Nicht durch eine mehr oder minder prätentiöse
Manier erweist sich die Individualität eines Künstlers,
sondern durch das, was er aus der Natur als Wesent-
liches herausholt und was er als nebensächlich oder
selbstverständlich liegen läßt. Der Inhalt selber ist der
Stil; darum ist der Stil eins mit der Persönlichkeit."

*

„Bei denen, die man die klassischen Dichter nennt,
ist durchweg die menschliche Größe der Untergrund
der dichterischen Größe gewesen. Für diese Unter-
scheidung hat merkwürdigerweise die Nachwelt ein
viel sichereres Organ als die Mitwelt, und nach ihr trifft
sie die Auslese der Bleibenden."

*

„Neue Kuns t. Das Wort ist schon deshalb ein
Widersinn, weil Kunst das Älteste ist, was es geben
kann. Sie stammt aus den Anfängen der Menschheit,
aus ihrem Spieltrieb und Kindersinn. Wo sie den ver-
leugnet, da hat sie schon aufgehört, Kunst zu sein. Es
gibt neue Kunstwerke, es kann neue Stile geben, aber
keine „neue Kunst". Weder von alter Kunst redet
mir noch von neuer, sondern nur von der großen,
echten, ewig einen. Ihr Inhalt kann leise wechseln
mit den Zeiten, ihre Mittel sind zeitlos und wechseln
nie."

A D AM UND E V A V O N MAYER - FAS SO L D

Niemand wird sich dem Liebreiz entziehen können,
der aus dem zarten Gliederbau und der süßen Anmut
des Köpfchens dieser Jungmädchengestalt spricht, die
als Eva, die noch von keiner Sünde weiß, ihrem kna-
benhaften Gespielen den lockenden Apfel hinhält. Sie
ist sich auch der Wirkung ihrer Schönheit nicht be-
wußt. Sie gleicht einer Blüte, die sich kaum dem
Lichte erschlossen hat. Wie in der eben in das Jüng-
lingsalter hineingewachsenen Gestalt des Adam noch
jenes undefinierbare kindlich Versonnene mit erwa-

chender Energiebetätigung und Willenskraft des
Mannes zu kämpfen scheint. Wie auch dieses Adams
Haltung und sein Ausdruck deutlich Zeugnis einer
noch wägenden, zögernd erst sich hingebenden Be-
wegung nach der scharmanten Versucherin hin ist.

Wenn vor einigen Jahren an anderer Stelle dieser
Zeitschrift die hoffnungsvolle Erwartung ausgespro-
chen wurde, Mayer-Fassold, schon kein ganz unbe-
kannter Bildhauer mehr, werde aller sich aus den Zeit-
umständen und den eigenen künstlerischen Problemen

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