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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 77.1927

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Aus der Werkstatt eines Künstlers, [1]: Erinnerungen an den Maler Hans von Marées aus den Jahren 1880-81 und 1884-85
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Schinnerer, Adolf: Hans Thoma: Rede einer Gedächnisfeier der Akademie der Bildenden Künste in München am 18. Januar 1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.7094#0022

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heit oder Deutlichkeit begeisterte. Er forderte auch
niemals die genaue Wiedergabe einer beabsichtigten
Stellung des Körpers. Dem intelligenten Modelle er-
klärte er meist die darzustellende Handlung oder Be-
wegung; andernfalls gab er dieselbe allgemein an, ließ
das Modell gewähren und richtete sich darnach ein. Er
verabscheute den Zwang, welcher natürliche Bewe-
gungen verkünstelt und zog Personen, welche wenig
oder gar nicht Modell gestanden, den Berufsmodellen
vor.

Die zum Zeichnen nach der Natur verwendete Zeit

wollte Mare es weit eher kurz zusammengefaßt als lang
ausgedehnt wissen. Konzentration sei dem Hinaus-
schleppen vorzuziehen, das so leicht zu Pfuschereien
führt. Seinen Schülern beschränkte er das Modell auf
höchstens einen halben Tag. Er selber zeichnete an
den durchgeführtesten Studien in den letzten Jahren
selten länger als eine Stunde. Fortsetzung folgt

Diese Aufzeichnungen v. Pidolls, die von hohem blei-
bendem Werte sind, sind 1891 in Luxemburg als Privat-
druck erschienen und längst vergriffen.

HANS THOMA

REDE BEI DER GEDÄCHTNISFEIER DER AKADEMIE DER BILDENDEN
KÜNSTE IN MÜNCHEN AM 18. JANUAR 1925, GEHALTEN VON ADOLF
SCHINNERER, ORD. AKADEMIE-PROFESSOR

Bei einer der vielen Geburtstagsfeiern, die Thoma er-
lebte, hielt er in Frankfurt eine Rede. Er sagte da, es
sei einigermaßen unbehaglich so bei lebendigem Leibe
gefeiert zu werden, wenn man dagegen statt seiner die
Kunst feiern wolle — da falle aller Jubiläumsjammer
von ihm ab, da sei er mit ganzem Herzen dabei.

Dieses Wort fiel mir zum Tröste ein, als ich beauf-
tragt wurde über Hans Thoma vor Ihnen zu sprechen
und als mir klar wurde, wie schwer das sei. Einen
Mann, der in fast tausend Bildern, in Hunderten von
graphischen Blättern und schließlich in Vers und Prosa
sich über die sichtbare und unsichtbare Welt geäußert
hat, kann man, zumal vor Künstlern, eigentlich nur
damit ehren, daß man seine Werke zeigt. Das ist uns
hier nicht möglich und so müssen wir uns damit be-
gnügen von ihm zu sprechen. Aber, selbst wenn es
mir gelingen sollte, Hans Thoma so genau zu schildern,
daß Sie eine deutliche Vorstellung seiner Art und Sen-
dung bekämen, würden diese tausend Worte noch
nicht den Augenblick ersetzen, in dem Sie den Künst-
ler erkennen und in sich aufnehmen beim Anblick
eines seiner Werke. Diese Feststellung scheint selbst-
verständlich, aber ich muß sie mit allem Nachdruck
betonen, weil sie heute durchaus nicht mehr allge-
meine Geltung hat. Je mehr über Kunst geredet und
geschrieben wird, je mehr sie zerschwätzt und ver-

druckt wird, um so mehr tritt ganz natürlich die Rede
und die Schrift an ihre Stelle und Worringer hat es
mit dürren Worten gesagt, daß die Darstellung der
Kunst durch das Wort heute die allein mögliche Form
künstlerischer Betätigung sei.

Die Begriffe, die in ihrer logischen Folge zu diesem
reizenden Ergebnisse führten, sind vom Betrachter, vom
Kunstkonsumenten aus, gebildet worden, nicht von
der Naturgeschichte der Kunst, vom Schöpferischen
. aus. Deshalb sind sie schief und deshalb üben sie heute
eine geradezu verheerende Wirkung auf die heran-
wachsende Künstlergeneration aus, die beinahe mehr
von der Kunstzeitschrift als vom Meister unterrichtet
wird. Nicht die schlechten und dummen Bilder haben
unser Kunstleben in eine so heillose Verwirrung ge-
bracht — jene falsche geistige Einstellung zur Kunst,
die alle Begriffe auf den Kopf stellt und die innere Ein-
heit wahrer Kunst zerschlägt, hat die schlechten und
dummen Bilder ermöglicht und hervorgebracht. Thoma
hat dazu einmal den wahrhaft schönen Satz gesagt:
„Die unklaren Ideen über die einfachsten Dinge der
bildenden Kunst sind heute Gemeingut aller Gebilde-
ten geworden.“

In diese Zeit der Verworrenheit, der bittersten gei-
stigen Not, ja der unmittelbarsten Gefahr, daß der
Sinn und der Besitz der Kunst verloren gehe, in dieses

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