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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 78.1928

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Hoffmann, Karl: Die St. Gabrielskirche in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7095#0010
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DIE ST. GABRIELSKIRCHE

IN MÜNCHEN

VON PROF. DR. RICHARD HOFFMANN

Hauptkonfervator am Bayerifchen Landesamt für Denkmalspflege, München

Dreierlei foll für den Architekten bei Aus-
führung eines Kirchenbaues maßgebend fein:
Der Bauherr mit feinem Programm, der Bau-
platz mit feiner Umgebung, die künftlerilche
Einftellung im Geifte der Zeit und ihres Emp-
findens.

Beim Bau der St. Gabrielskirche (teilte ein
feinfinniger Bauherr den ausführenden Archi-
tekten Prof. O. O. Kurz und E. Herbert-Mün-
chen das Programm: Eine Franziskuskirche im
Sinne der franziskanifchen Idee einer großen
Volkskirche.

Die Bauherren waren Ordensleute und
zwar Söhne des hl. Franziskus, denen die Pa-
ftorierung der neuen Pfarrkirche anvertraut
worden ift. Die Kirche mußte von vornherein
im großen Maßftabe angelegt werden, um
den feelforglichen Bedürfniffen einer Pfarrei
mit jetzt fchon etwa 13000 Seelen zu genügen.
In erfter Linie galt es alfo, die Pfarrkirche mit
all den Bedürfniffen einer modernen Groß-
ftadtfeelforge erftehen zu laffen. Da Ordens-
leute die Pfarrei zu verfehen haben, ift auch
im Zufammenhange mit der Kirche die Er-
richtung eines Kloftergebäudes notwendig
geworden. Und es galt auch für die vorge-
fchriebenen liturgifchen Räume, welche der
Orden benötigte, wie vor allem für die Errich-
tung eines Mönchchores und einer Ordens-
gruft, im Zufammenhang mit der Großkirche
Sorge zu tragen. Von vorneherein trat daher
an die Architekten die Aufgabe heran, das
Konventgebäude wie auch den Mönchschor
künftlerifch gut ohne Beeinträchtigung der

ruhigen Monumentalerfcheinung der Kirche
zu erbauen, aber auch praktifch und zweck-
mäßig zu geftalten. Der Franziskanerorden
war der Bauherr, darum war auch der Wunfeh
begreiflich, die Kirche im franziskanifchen
Geifte zu löfen. Der Orden follte im Geifte
feines großen Stifters in einem fehr umfang-
reichen Pfarrfprengel der Großftadt feelforg-
lich wirken. Diefe Wünfche mußte der Bau-
künftler bei Löfung der äußeren Architektur
und des inneren Raumbildes, bei Durchbil-
dung des Presby teriums, bei Lage des Haupt-
altares für den feierlichen Pfarrgottesdienft
und des Sakramentsaltares, bei Geftaltung
der Seitengänge für die Prozeffionen, der
Orgelempore für ein zahlreiches Mufikper-
fonal ufw. R echnung tragen. St. Gabriel follte
Stadtpfarrkirche, nicht Klofterkirche werden,
aber wohlgemerkt Pfarrkirche, der ein Orden
vorfteht. Auf das alles hieß es künftlerifch und
praktifch Rückficht zu nehmen. Neben diefem
Bauprogramm mußten fich die Architekten
aber auch darüber klar fein, in welch künft-
lerifche Form in Anlehnung an die chriftliche
Kunft der Vergangenheit fie die Gefamtan-
lage bringen wollten. ProfefforKurz wählte
die Blütezeit der altchriftlichen Hofkunft
Italiens, die fpeziell in Ravenna fich im 5.
und 6. Jahrhundert entfaltete. Von ihrer Aus-
druckswelt, in die er sich an Ort und Stelle
vertiefte, ließ er fich infpirieren, da nach feiner
Vorftellung gerade diefe altchriftliche Kir-
chenkunft auch dem religiöfen Empfinden der
heutigen Zeit innerlich tief verwandt ift.
 
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