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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 78.1928

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Fischer, Alfred: Die Ausstellungs- und Verkaufsräume des Badischen Kunstgewerbevereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.7095#0126
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DIE AUSSTELLUNGS- UND VERKAUFSRÄUME
DES BADISCHEN KUNSTGEWERBEVEREINS

VON REGIERUNGSBAUMEISTER B.D.A. ALFRED FISCHER

Der Badifche Kunftgewerbeverein wurde
1885 gegründet. Die Induftrialifierung des
neuen deutfchen Reiches drohte durch die
rafche Entwicklung das gefamte äußere Leben
zu verkitfchen. Dem Unfug - um ein drafti-
fches Beifpiel herauszugreifen - der Zink-
Ornamentfabrik fetzte man die handwerklich
technifche Arbeit entgegen. Daß das Hand-
werk dabei Kind feiner Zeit blieb und zu-
nächft Anlehnung an die romantifchen Stil-
übungen der Zeit fuchte, liegt im Wefen der
damaligen allgemeinen Entwicklung begrün-
det. Es waren drei Strömungen, die gegen-
einander auftraten. Renaiffance, Gotik und
Moderne. Ziel war, das heruntergekommene
Können folider handwerkstechnifcher Arbeit
neu zu fertigen. Diefer Weg mußte befchrit-
ten werden, denn nur er konnte zunächft Ab-
hilfe bringen, da die Mafchine Nachahmerin
fchon verdorbener handwerklicher Leitun-
gen war, alfo noch keine ihr eigentümliche
produzierende Kraft befaß und zudem nicht
als Dienerin im Arbeitsprozeß ftand, fondern
fich herrifch und unbekümmert in neue Ar-
beitsgebiete einzudrängen fuchte. In folcher
Lage verfuchte man allenthalben unter An-
knüpfung an ftilfichere Zeiten das Kunftge-
werbe - wie der neu geprägte Begriff lau-
tete - wieder felbftändig und lebensfähig zu
geftalten. Die teils früher, teils fpäter gegrün-
deten Kunftgewerbe-Vereine konnten in
Deutfchland einen ftarken Impuls zur He-
bung allgemein gefchmacklicher Leiftungen
geben. Diefe Entwicklung dauerte wohl bis
zur Jahrhundertwende. Als damals das ge-

famte künftlerifche Empfinden fich von der
überalteten Tradition zaghaft loszumachen
verfuchte, war gerade für das Kunftgewerbe
eine fchwere Klippe zu überwinden, da man
praktifch technifches Bedürfnis auch in äfthe-
tifcher Form nicht zu trennen wußte von dem
vielfach nur dekorativ überreich verzierten
Gewand.

Die Entwicklung aber unferer ganzen gei-
ftigen Grundlage, die durch den Krieg un-
geheuer befchleunigt wurde, deren Neuan-
fang aber vor dem Kriege lag, drängte nach
einer Gegenftrömung gegen die rein mate-
rialiftifch-empirifche Auffaffung der vergan-
genen Jahrzehnte.

Der Begriff der Gotik als einem geiftigen
modernen Problem wurde lebendig. Man ver-
gleiche Rodins »Kathedralen von Frankreich«
oder van Goghs Briefe und das Aufkommen
des Expreffionismus. Wenn wir in einer neu-
eren Publikation (Konrad Weiß, Das gegen-
wärtige Problem der Gotik, Dr. Benno Filfer,
Verlag, Augsburg) lefen: „Das Kunftwerk
ift eine fo fchmerzliche und glückliche Aus-
gebärung aus dem allgemeinen Plane der
Menfchwerdung, eine Verfpannungzwifchen
Gott und Erde, in deren Schnittpunkten eine
heimliche Offenbarung deutlich wird, deren
innerfter zeitlicher Kern felber die Geburt
des Logos aus der Fülle der Zeit als Rege-
lung aller zeitlichen Diftanz geworden und
geblieben ift", fo kann das nur als Ausdruck
gewertet werden einer Auffaffung, die fich
vom rein Dekorativen abwendet und das
Kunftwerk als künftlerifche und geiftige Ge-

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