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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 80.1930

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Zwiener, Bruno: Statt Kupferplatten Papier
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https://doi.org/10.11588/diglit.7097#0105
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STATT KUPFERPLATTEN PAPIER

NEUE RADIERMÖGLICHKEITEN VON BRUNO ZWIENER, mit 5 Aufnahmen des Verfaffers

Es ist nicht jedermanns Sache, (ich in alle die verfchiedenen
Vervielfältigungsverfahren zu vertiefen. Die Reproduktions-
technik und mit ihr die Photographie eilt mit Riefenfchritten
vorwärts, fie befchleunigt das Tempo fo, daß man bei den
Riefenauflagen der illuftrierten und nichtilluftrierten Zeit-
fchriften allen Ernftes um die Baumbeftände in Sorge ift und
hohe Preife auf die Erfindung ausfetzt, die uns das Papier
z. B. aus dem billigeren und öfters nachwachfenden Gras
erflehen läßt. Hier nun, bei der Herftellung des Papieres
und der Vervielfältigung des Bildmaterials Höchftleiftungen,
wahre Wunder der Technik, die fcheints kaum noch über-
boten werden können, auf der anderen Seite, wie z. B. beim
Holzfchnitt, bei der Radierung, den allerdings, weil nicht ma-
fchinellen, fondern manuellen edleren Vervielfältigungsver-
fahren, die feit Jahrhunderten fchon geübte Praxis. Man denkt
an das Primitive des Topfformens mit der Drehfeheibe oder
an fonft eine uralte Technik, wenn man dem Holzfchneider
zufieht. Und der Radierer von heute gebraucht für die Be-
arbeitung feiner Kupferplatten noch genau dasfelbe Ma-
terial wie jener des Mittelalters. Nichts hat fich geändert.
Es fei denn der Preis für diefes Material. Der ift allerdings
um ein Erhebliches gegen früher geftiegen. Und fo ift man
denn auch hier und dort dabei, die teure Kupferplatte für
Kaltnadelradierungen durch ein billigeres Metall zu erfetzen.
Man muß zugeben, es ift hierbei fchon vielerlei verfucht wor-
den. Daß aber auch Kartonpapier die Kupferplatte erfetzen
kann, ja, daß das Arbeiten hiermit auch viel bequemer ift,
dürfte noch wenigen bekannt fein. Aber die Sache ift rafch
erzählt und fchnell umriffen. Wenn ein Stück ftärkeres weißes
Kartonpapier und etwas farblofer Spirituslack im Haufe
find, haben wir eigentlich unfer neues Radiermaterial fchon
zur Hand. Wer da den Werdegang einer Kupferradierung
kennt, weiß, daß der Anfänger fich in zweierlei Dinge dort
nicht hineinfinden kann. Erftensmal gibt es kaum eine Mög-
lichkeit, mit dem Stift die Zeichnung auf die fpiegelblanke
Kupferplatte zu bringen. Zum zweiten verdrießt es jeden,
daß er die dunklen Striche mit der Nadel im Kupfer hell fieht.
Umgekehrt hier. Hier zeichnen wir in aller Ruhe wie fonft
jetzt unfer Motiv mit Blei dunkel auf den weißen Karton,
können da mit dem Gummi radieren und hinzufetzen wie
es uns eben beliebt und wie es notwendig ift. Wir verfügen
alfo über eine durchaus fichere Grundlage und dies nicht nur
in einer Zeidmung in knappefter Form, fondern fo durchge-
arbeitet, wie wir fie eben brauchen. Nun nehmen wir unfer
Fläfchchen mit farblofem Spirituslack (Tür 10 Pf. in der Drogerie
in reichlicher Menge erhältlich) und übergießen den Karton
mit der Zeichnung. Den überflüffigen Lack läßt man vom Blatt
an einer Ecke wieder ins Fläfchchen zurücktropfen, um nach
einiger Zeit diefe Prozedur ein zweites- und drittesmal zu
wiederholen. Der Spirituslack trocknet recht rafch und erhärtet
auch entfprechend fchnell. Jedenfalls genügt die kurze Trok-

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