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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 80.1930

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Segmiller, Ludwig: Das Moderne München
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https://doi.org/10.11588/diglit.7097#0134
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DAS MODERNE MÜNCHEN /VON PROFESSOR L.SEGMILLER

Die Regfamkeit einer Stadt wird heute nach dem Verkehr, den Werken der Technik und des Bauens
beurteilt. Durch eine Reihe von Umftänden find die Leiftungen Münchens auf diefen wichtigen Gebieten
nicht fo Gemeingut der deutfchen Oeffentlichkeit geworden, wie es der füddeutfchen Metropole, deren
kulturelle Bedeutung vom Rhein bis zur Enns und von Südtirol bis nach Mitteldeutschland reicht, im
Grunde genommen zukommt.

Im Zeitalter der Technik ftehen hier zwei Monumentalwerke im Vordergrund: der Ausbau des größten
elektrifchen Kraftwerkes in Europa, des Bayernwerkes mit feinen 12 Umfpannwerken, das die Elektrifi-
zierung der bayerifchen Bahnen fchon zum großen Teil durchzuführen ermöglichte, und die Vollendung des
durch Oskar von Miller gelchaffenen deutichen Mufeums, deffen Bibliotheksbau der größte Stahlfkelettbau
Süddeutfchlands ift, und deffen Führungslinie in den Schaufammlungen nicht weniger als 16 km beträgt.

Was den Verkehr betrifft, foll hervorgehoben werden, daß München den größten Bahnhof Europas
(j4 Bahnfteige), den dichteften deutfchen Autopark (j Auto auf 25 Einwohner) und die modernfte Ftug-
halle befitzt, die fich auf dem zweitgrößten und zweitwichtigften Flugplatz Deutfchlands befindet. Daraus
ergibt fich von felbft, daß der Fremdenverkehr der Ifarftadt enorm fein muß. Er ift tatsächlich relativ der
ftärkfte in Deutfchland. Wirtlchaftlich gefehen ift fie trotz Augsburg und Nürnberg die größte Induftrie-
ftadt Bayerns.

In rein technifcher Hinficht wurde München durch gewaltige Gebirgsquellwafferleitungen und durch ein
ausgebautes Syftem der Schwemmkanalifation zu einer der gefündeften Großftädte des Kontinents. Die
telephonifche Opernübertragung, die fich über ganz Bayern bis in die Pfalz erftreckt, fowie das längft voll-
endete automatifche Telephon-Syftem gehören zu den Neufchöpfungen, deren fich nicht alle anderen Groß-
ftädte rühmen können. Ein einhundert Meter hoher Gasturm, der mit Blinkfeuer für die nächtliche An-
fteuerung durch die Flugzeuge ausgerüftet wird, gehört ebenfalls zu den großen technifchen Leiftungen.
Im kommenden Jahr wird das bayerifche Nationaltheater über die modernften deutfchen Bühneneinrich-
tungen verfügen, denn bis dahin werden nach dreijähriger Bauzeit ohne Betriebsunterbrechung die vier
Verfenk- und Schiebebühnen fertiggeftellt fein.

Was München auf dem Gebiete neuzeitlichen Bauens gefchaffen hat, kann man nur überfehen, wenn man
fich abfichtlich blind ftellt. Schon die Tatfache, daß die bayerifche Metropole die viertgrößte und viert-
reichfte deutfche Stadt ift, bürdet in diefer Hinficht Verpflichtungen auf, zu deren rafcher Löfung allein

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