Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunde — N.F.16.1965

DOI article:
Die Vervollständigung des Fürstengrabes Marwedel II
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.72624#0132

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
bei Boscoreale als Teil eines aus 103 Stücken bestehenden Silberschatzes auf-
gefunden und befinden sich als Geschenk des Barons Rothschild jetzt im
Louvre 17. Es handelt sich um zwei den Marwedeler Bechern in Form und
Verzierung ungemein ähnliche Gefäße, die allerdings durch Anlötung zweier
Griffe zu Kasserollen gemacht worden sind. Sie sind größer und schwerer als
die Marwedeler Becher. Aus den Abmessungen wird aber auch deutlich, daß
sie untereinander verschieden groß sind und im Vergleich mit dem Mar-
wedeler Paar in ihren Größenordnungen die Gruppe der größeren Hälfte
einer Garnitur repräsentieren könnten.
Boscoreale Nr. 48 Nr. 47
Durchm. Mündung = 12 cm = 12,8 cm
Durchm. Standring = 6,4 cm = 7,7 cm
Höhe = 7 cm = 8 cm
Die Inschrift MAXIM auf Nr. 47 könnte m.E. auch bedeuten, daß es sich
um das größte Stück einer Garnitur handelt und braucht vielleicht nicht als
Personenname gelesen zu werden.
*
Die Datierung der vier silbernen Gefäße, die an Hand der beiden zunächst
bekanntgewesenen getroffen worden ist und für die Mitte des ersten Jahr-
hunderts angenommen wurde, erfährt durch die nun geschehene Vermehrung
keine Veränderung 18.
Für eine oberflächliche Beurteilung könnte es daher so erscheinen, als ob die
Komplettierung des Fundes womöglich nur musealer Sucht nach Vollständig-
keit dient. Daß dem nicht so ist, mögen die bisherigen Darlegungen erkennen
lassen, die ja doch eine echte Problemstellung bedeuten. Überdies erschöpft
sich die Altertumsforschung nicht in Datierungsfragen. Diese sind lediglich die
Basis, auf der die wirkliche oder vermeinte Kenntnis von der Vorzeit aufzu-
bauen vermag.
Die beiden neuen Silbergefäße bedeuten vielmehr eine echte — und wie
man nun ex post zu sagen nicht vermeiden kann — notwendige Bereicherung
des Marwedeler Grabes. Sie machen es zu dem bedeutendsten Fund der
römischen Kaiserzeit, der seit der Aufdeckung des Hildesheimer Silberfundes
in Niedersachsen gemacht wurde. Der gesamte Grabfund repräsentiert jetzt
das wichtigste langobardische Fürstengrab und ist damit eine hochqualifi-
zierte Quelle zur germanischen Stammesgeschichte.

17 A. Heron de Villefosse, Le tresor de Boscoreale. In: Monuments et Memoires
Eugene Piot. T. V., Paris 1899.

18 Eine Bestätigung liefert vielmehr die unseren Silberbechern in Aufbau und Ver-
tiefung ähnliche Coppa di Ennione im Museum Turin, ein im Jahre 1873 in einem
italienischen Grabe gefundener zweihenkliger Glasbecher. In dem Grabe fand sich
eine auf das Jahr 46 datierte Münze des Kaisers Claudius. S. M. Carina Calvi, La
coppa vitrea di Aristeas nella collezione Strada, fig. 4. In: Journal of Glass Studies,
Vol. VII, (1965) 9 ff. (The Corning Museum of Glass).

106
 
Annotationen