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Die Kunde — N.F.16.1965

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Bothmer, Hermann v.: Das Langstreifenfeld von Hetendorf, Kr. Celle: Flur eines bifang karolingischer Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.72624#0164

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Reichsaristokratie" 7 angesprochen werden. Das Bleckmarer Schenkungsgut
(1 Hufe) erwies sich als von einem zwei Hufen großen Herrengut abgegliedert,
dessen Rest als Funktionsgut für den „Vogt" der villa Bleckmar verwandt
wurde, welcher als „Freier Förster" 8 dem Inhaber der hohen Forstgerichts-
barkeit zugeordnet war.
Auch zu Hittonbocho-Hetendorf ließ sich eine Hufe (Hetendorf Nr. 2, Hof b)
einem solchen „Freien Förster" (liber forestarius) zuordnen. Mit einem anderen
der Hetendorfer Höfe (Nr. 3, Hof c) war die Funktion eines „Holzgeschworenen"
(Pflegers der landesherrschaftlichen „Sünder") verbunden. Die „Holzgeschwo-
renen" lassen sich auf „Forstknechte" (servi forestarii) der frühmittelalter-
lichen Forstordnung zurückführen. Die liberi forestarii bildeten den „Umstand"
des „Wildgrafen" im hohen und des „Forstmeisters" im niederen Forstgericht;
ihre „Forsthufen" waren von dem Herrengut der „Erbenhöfe" auszusetzen
und hatten die Eigenschaft von „freiem" Gut. Den servi forestarii lag der
Forstdienst ob 9. An verschiedenen Stellen der Mark läßt sich über wüste
„Worthe" 10 ausweisen, daß solche servi forestarii ursprünglich in „Forstkoten"
an oder in den „Sundern" angesiedelt waren. Hetendorf Hof c hat eine solche
„Worth" im Sünder der Stellichte, dessen Pfleger sein Wirt ist. Als Wurzel des
bäuerlichen Hofes Hetendorf c darf somit die Kote eines frühmittelalterlichen
servus forestarius angesehen werden.
Außer den Höfen Nr. 2 (b) und Nr. 3 (c) gibt es in Hetendorf einen weiteren
Hof (Nr. l,a), einen Halbhof (Nr. 4, d) und eine Kote (Nr. 5, e). Außerdem ist um
die Wende des 15. Jhs. ein „Wüster Allodialhof" bezeugt ", der jedoch keine
Fluranteile, sondern lediglich Grundstücke in der Aue des Baches hat (A), an dem
Hetendorf liegt (Brunau). Der „Wüste Allodialhof" gehört, wie er urkundlich
wird, einer kleinen, nicht rittermäßigen Ministerialenfamilie, Lutterloh, welche
für eines Stammes mit der Hermannsburger Gogrevenfamilie Hogrefe - v. Ol-
dendorf gelten darf. Die Höfe b und c sowie die Kote e sind von 1430 an unter
landesherrlicher „Gutsherrschaft" auszuweisen. Auch an dem Halbhof d setzt
der Landesherr gutsherrschaftliche Rechte durch, allerdings in Konkurrenz mit
der Kirche Hermannsburg, welche an dieser Einheit das Recht des „Weinkaufs"
behauptet. Der Hof a gehört unter die „Gutsherrschaft" der Pfarre Hermanns-
burg. Die Parochialkirche Hermannsburg entstammt dem ausgehenden 11. Jh.
Der Bereich der Parochie Hermannsburg gehört noch 1065 zu einer parochia
Bergen, deren Bereich sich mit dem Bezirk der weiter oben genannten Mark
deckt. Im Zuge von Auseinandersetzungen, die aus der Kathastrophe der
sächsischen Politik Heinrichs IV. folgten, wurden aus der alten Mark und der

7 Dazu: G. Tellenbach, vom Karolingischen Reichsadel zum deutschen Reichsfürsten-
stand, Neudruck in „Wege der Forschung" II, Darmstadt 1956, S. 191 ff.

8 Vgl. Anm. 5.

9 Vgl. Anm. 5.

10 Die „Worth" (area) ist ein gehegter Wohnplatz. Der Besitz solcher „Worthe" er-
weist sich als ebenso beständig wie die Flurverhältnisse bis zur Verkoppelung; sie
bleiben in den meisten Fällen auch dann erhalten, wenn sie längst nicht mehr bebaut
waren. Im „Sünder" der Stellichte haben außer dem Hetendorfer Hof Nr. 3 (c) zwei
Höfe zu Widdernhausen solche „Worthe". Beide Höfe sind als jüngere Ausbauten
auszuweisen. Der dritte Hof des Weilers hat als „freie Forsthufe" zu gelten.

11 Pfarrarchiv Hermannsburg, Akten der St.-Jürgens-Gilde.

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