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Die Kunde — N.F. 25.1974

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Dieck, Alfred: Übergroße urgeschichtliche Schuhe und ihre Bedeutung
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https://doi.org/10.11588/diglit.73997#0153

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Übergroße urgeschichtliche Schuhe
und ihre Bedeutung
Von Alfred Dieck, Bad Reichenhall

In dieser Zeitschrift wies ich vor einigen Jahren 1 auf die Funde zweier
unnatürlich großer Mützen und eines übergroßen Schuhs hin, die in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts in Mooren Ostfrieslands geborgen wurden.
Leider sind die Fundgegenstände verschollen, und nur zeitgenössische Notizen
berichten von ihnen. Uber derartig große Mützen wurde mir seitdem nichts
Weiteres bekannt2; wohl aber etwas über andere übergroße Schuhe. Hierauf
soll im folgenden eingegangen werden.
Der Schuh vom Südmoor
Der oben erwähnte übergroße Schuh kam im Südmoor zutage, das einen
Teil des Meerhusener Moores auf der Grenze der niedersächsischen Kreise
Aurich, Norden und Wittmund bildet. Er hatte die ungewöhnlichen Ausmaße
von etwa einem Meter Länge und war verziert. Hierüber schrieb Johannes
Becker3 in sein Tagebuch4: „Im Jahr 1851 wurde im Südmoor ein großer
Schuh gefunden, fast drei Fuß lang. Er war aus einem Stück gearbeitet und
sehr schön mit Schnitten 5 verziert."
Trotz intensivem Literaturstudium sowie Rückfragen in Museen und Archi-
ven konnte über den Verbleib und die Datierung dieses Schuhs sowie über die
Motive seiner Herstellung und die Art seiner Verwendung im friesischen
Raum nichts in Erfahrung gebracht werden. Er scheint also damals in Privat-
besitz gelangt und dann später von den Erben als wertlos in den Müll ge-

1 A. Dieck, Moorfunde von unnatürlich großen Mützen und Schuhen in Ostfries-
land. Die Kunde N.F. 14, 1963, 207 f.

2 Höchstens könnte hier auf Märchen und Sagen verwiesen werden. So benutzt ein
junger Riese eine Glocke als Hut, vgl. B o1te-Po1ivka, Anmerkungen zu den
Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (1913-1918) 2, 268. - In der Legende
vom hl. Theodul, Theodor oder Joder der Walser in Churrätien wird diesem vom
Papst eine Glocke geschenkt. Diese mußte ihm der Teufel als Hut über die Alpen
bringen. Mit einem solchen Teufel mit Glocke als Hut wird der hl. Theodul zur
Kennzeichnung abgebildet, vgl. J. Pesch, Die Glocke in Geschichte, Sage, Volks-
glaube, Volksbrauch und Volksdichtung (1919); J. Braun, Tracht und Attribute
der Heiligen in der deutschen Kunst (1943); F. J. Vonbun, Beiträge zur deutschen
Mythologie. Gesammelt in Churrätien (1862) 21 ff.

3 Becker war Privatlehrer, nachdem er sein erstes theologisches Examen abgelegt
hatte. 1870 oder 1871 starb er an Cholera. Becker schrieb in einem daumendicken,
abgegriffenen Oktavband Notizen über ihn interessierende Bodenfunde jeglicher
Art und volkskundliche Beobachtungen aus dem nordwestdeutschen Raum.

4 Das Tagebuch befand sich im Mai 1939 in den Händen von Müller-Brauel. Viel-
fältige Notizen über Moorfunde diktierte mir dieser bei meinem damaligen Besuch
im Väterkunde-Museum in Bremen.

5 D. h. Kerbschnittmuster.

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