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Kunoth-Leifels, Elisabeth
Über die Darstellungen der "Bathseba im Bade": Studien zur Geschichte des Bildthemas ; 4. bis 17. Jahrhundert — Essen, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.17214#0016
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II. Das Mittelalter (4.—13. Jahrhundert)

1. Die Interpretation der Bathsebageschichte im frühen und

hohen Mittelalter

Die Bestimmung des Menschen zum Heil durch Gott ist der Grundgedanke der
frühchristlichen und mittelalterlichen Interpretation der Bathsebageschichte. Er
wird, wie wir deutlich in der theologischen Literatur erkennen können, unter zwei
Aspekten ausgesprochen.

Einmal steht der Glaube im Vordergründe, daß der Schwachheit menschlicher
Natur die immer zur Versöhnung bereite göttliche Liebe gegenübertrete. Jeder,
mag er auch noch so tief gefallen sein, kann wie David durch Reue und Bekenntnis
Verzeihung erlangen. Eine solche Auffassung von der Bathsebageschichte bleibt
mit ihren Vorstellungen im Bereiche des tatsächlichen Geschehens.

Ganz anders verhält es sich mit der zweiten mittelalterlichen Deutungsweise. Hier
leitet die Auslegung der Bathsebageschichte der Hauptsatz biblischer Exegese, den
Augustinus in die Worte faßt: „Testamentum novum in vetere latet et vetus in
novo patet“ oder „Novum occultatum erat in veteri, tamquam fructus in radice4.“
Diese Erkenntnis aber wird nicht aus den Vorgängen der Bathsebageschichte erneut
gewonnen, sondern als die einmal erkannte Wahrheit und Wirklichkeit in rein
logischer Gedankenverknüpfung aus den Ereignissen herausgelesen.

Es sind vor allem die Theologen der Ostkirche in der Zeit vom 4. bis zum 8. Jahr-
hundert, die im Zusammenhänge mit der Bathseba-David-Geschichte den Reue-
gedanken aussprechen. Der erste ist Cyrill (315—386), ihm folgen Johannes Chry-
sostomus (354—407) und Johannes von Damaskus (675—749). Alle drei entstammen
dem syrisch-palästinensischen Raum, Chrysostomus und Johannes Damascenus sind
Vertreter der antiochenischen Schule. Eine ausführliche Behandlung der Bathseba-
geschichte, die auf den Bußgedanken ausgerichtet ist, findet man außerhalb der
Ostkirche bei Chrysologus (um 400 bis um 450)5. Seine Homilien zum 50. Psalm
werden von Johannes Damascenus in seinem Florilegium, den „Sacra Parallela“,
unter dem Titel „De poenitentia et confessione“ zitiert6.

Alle diese Betrachtungen schildern zunächst mit Ausführlichkeit Davids Leben
bis zu seinem Ehebruch, um deutlich zu machen, daß er sich bis dahin als ein Mensch
von außerordentlicher Stärke und Weisheit erwiesen. Wenn dieser Mann aber
gefallen ist, wer kann dann auf die eigene Unfehlbarkeit bauen?! Daran schließt sich die
Aufforderung, wachsam zu sein; denn „wer auch nur einen Augenblick einschläft,
stürzt — wie David — alsbald in den Abgrund“ (Johannes Chrysostomus)7. Vor
allem aber sind die Sinne zu hüten und unter ihnen besonders die Augen, durch die
wir am meisten der Versuchung ausgesetzt sind (Chrysologus). Denn wer erst
einmal in Anfechtung geraten ist, wird nicht widerstehen. „Lege Heu auf eine

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