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lauerndeVorbeugendesKopfes
auf dem kräftigen Halse, die
von oben niederdrückende
dunkle Fläche des Baretts,
besonders der ftechende Blick
und der eingekniffene Mund,
das alles gibt diesem Charakter
einenZug fastfanatischen, ver-
haltenen Jngrimms. Jeden-
falls rvar dieser Herr Jmhoff
eine jähzornige, herrische,
fchwer zu behandelnde Natur.
Viel sympathischer be-
rührt uns das mehr zeich-
nerisch gehaltene Bildnis des
alten Hieronymus Holz-
schuher. Das ist der offene,
furchtlose, kampfesfreudige
Streiter für eine gerechte
Sache. Wie die prachtvolle
weiße Mähne um das rosig
blühende Greisenantlitz wallt
und sich ringelt, wie die klaren
Augen in jugendlichem Feuer
blitzen, wie sich die Lippen
schürzen, als schwebe aufihnen
ein zürnendes Wort! Hier,
wie im Jmhoff-Bildnis hat
Dürer zur Charakterisierung
des Mannes ihn im Momente
eines gewissen Affektes ge-
geben. Aufmerksamkeit und
Bewunderung verdient wie
in den beiden anderen Bild-
nissen die Stofflichkeit, womit
der Pelz wiedergegeben ist.
Es ist ein großer Ilnterschied,
ob ein solcher Stoff so dar-
gestellt ist, daß ich hin in
seiner Art nur erkenne, oder
ob ich, wie z. B. hier, die glän-
zende Weichheit des Pelzes
geradezu zu sühlen glaube.
Neben dem temperamentvollen Hitzkopf Holzschuher tritt die Eigenart des kühleren, leidenschasts-
losen Jakob Muffel umso deutlicher hervor. Ein vornehm gebildetes Aristokratengesicht, mit hoher
Stirn, lebhaften, nachdenküch blickenden Augen, kleinem, feinem Mund. Jede Partie dieses Gesichtes
ist wundervoll durchgebildet, das Wesen und die Denkweise dieses Charakters steht klarer vor uns,
als wenn wir seit Jahren Gelegenheit gehabt hätten, den Mann selber kennen zu lernen. Die höchste
Aufgabe der Bildniskunst erscheint in den drei besprochenen Porträts aufs glänzendste gelöst.
Uebrigens verdienen die beiden Patrizier Holzschuher und Muffel anch sonst unser Jnteresse.
Vom Standpunkt ihrer Zeitgeschichte fällt wirklich anf sie ein Strahl heroischer, tragischer Größe.
Sie sind die Vertreter einer untergehenden Welt. Zu der in Nürnberg immer schwächer werdenden
katholischen Partei gehörend, mußten sie mit ansehen, wie die Neuerung Luthers immer mehr Boden
gewann, wie die katholischen Gottesdienste abgeschafft, Klöster gestürmt, deren Jnsassen schmählich
drangsaliert wurden. Daß es diesen Kämpen um eine für Nürnberg verlorene Sache keine Lust war
zu leben, spricht deutlich genug aus dem zürnenden Antlitz des alten Holzschuher, aber auch aus den
resigniert-sorgenvollen Zügen Muffels.
Und nun kommen wir zu jenem Werke Dürers, das für sich allein schon genügen würde, seinen
Namen unsterblich zu machen, zu jenem Werke, das man ohne Uebertreibung als das bedeutendste
Gemälde bezeichnen kann, das je ein deutscher Künstler geschaffen hat. Es sind die beiden Tafeln
mit den Heiligen Johannes und Petrus, Paulus und Markus. Es lag für dieses Gemälde
nicht der Auftrag irgend eines Bestellers vor, die Jdee ist des Meisters eigenem Kopfe entsprnngen.
Hans Imhoff (?)
Madrid, Prado-Museum, 1521
lauerndeVorbeugendesKopfes
auf dem kräftigen Halse, die
von oben niederdrückende
dunkle Fläche des Baretts,
besonders der ftechende Blick
und der eingekniffene Mund,
das alles gibt diesem Charakter
einenZug fastfanatischen, ver-
haltenen Jngrimms. Jeden-
falls rvar dieser Herr Jmhoff
eine jähzornige, herrische,
fchwer zu behandelnde Natur.
Viel sympathischer be-
rührt uns das mehr zeich-
nerisch gehaltene Bildnis des
alten Hieronymus Holz-
schuher. Das ist der offene,
furchtlose, kampfesfreudige
Streiter für eine gerechte
Sache. Wie die prachtvolle
weiße Mähne um das rosig
blühende Greisenantlitz wallt
und sich ringelt, wie die klaren
Augen in jugendlichem Feuer
blitzen, wie sich die Lippen
schürzen, als schwebe aufihnen
ein zürnendes Wort! Hier,
wie im Jmhoff-Bildnis hat
Dürer zur Charakterisierung
des Mannes ihn im Momente
eines gewissen Affektes ge-
geben. Aufmerksamkeit und
Bewunderung verdient wie
in den beiden anderen Bild-
nissen die Stofflichkeit, womit
der Pelz wiedergegeben ist.
Es ist ein großer Ilnterschied,
ob ein solcher Stoff so dar-
gestellt ist, daß ich hin in
seiner Art nur erkenne, oder
ob ich, wie z. B. hier, die glän-
zende Weichheit des Pelzes
geradezu zu sühlen glaube.
Neben dem temperamentvollen Hitzkopf Holzschuher tritt die Eigenart des kühleren, leidenschasts-
losen Jakob Muffel umso deutlicher hervor. Ein vornehm gebildetes Aristokratengesicht, mit hoher
Stirn, lebhaften, nachdenküch blickenden Augen, kleinem, feinem Mund. Jede Partie dieses Gesichtes
ist wundervoll durchgebildet, das Wesen und die Denkweise dieses Charakters steht klarer vor uns,
als wenn wir seit Jahren Gelegenheit gehabt hätten, den Mann selber kennen zu lernen. Die höchste
Aufgabe der Bildniskunst erscheint in den drei besprochenen Porträts aufs glänzendste gelöst.
Uebrigens verdienen die beiden Patrizier Holzschuher und Muffel anch sonst unser Jnteresse.
Vom Standpunkt ihrer Zeitgeschichte fällt wirklich anf sie ein Strahl heroischer, tragischer Größe.
Sie sind die Vertreter einer untergehenden Welt. Zu der in Nürnberg immer schwächer werdenden
katholischen Partei gehörend, mußten sie mit ansehen, wie die Neuerung Luthers immer mehr Boden
gewann, wie die katholischen Gottesdienste abgeschafft, Klöster gestürmt, deren Jnsassen schmählich
drangsaliert wurden. Daß es diesen Kämpen um eine für Nürnberg verlorene Sache keine Lust war
zu leben, spricht deutlich genug aus dem zürnenden Antlitz des alten Holzschuher, aber auch aus den
resigniert-sorgenvollen Zügen Muffels.
Und nun kommen wir zu jenem Werke Dürers, das für sich allein schon genügen würde, seinen
Namen unsterblich zu machen, zu jenem Werke, das man ohne Uebertreibung als das bedeutendste
Gemälde bezeichnen kann, das je ein deutscher Künstler geschaffen hat. Es sind die beiden Tafeln
mit den Heiligen Johannes und Petrus, Paulus und Markus. Es lag für dieses Gemälde
nicht der Auftrag irgend eines Bestellers vor, die Jdee ist des Meisters eigenem Kopfe entsprnngen.
Hans Imhoff (?)
Madrid, Prado-Museum, 1521