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lischen und höllischen
Geister. Auch hier be-
achte man wieder das
künstlerisch fein berech-
nete, wilde Durcheinander
von schivarz und weiß,
das Kräuselir der Linien
und Formen, die hastig
ausgespanntenFlügelund
dazu den Gegensatz der
friedlichenunterenPartie.
Nngemein ausdrucksvoll
ist das Bewegungsmotiv
des Engels, der auf einen
der Satane tritt, und mit
allerWucht, deren er fähig
ist, ihm seinen Speer in
den ^eib bohrt.
Bei den zwanzig
Holzschnittblättern des
Marienlebens, die im
wesentlichen in den Jah-
ren 1504 und 1505 ent-
standen sind, kommt es
uns schwer an, eine Aus-
wahl zu treffen. Man
möchte am liebsten diesen
ganzen Bilderschatz voll
des lautersten Goldes der
Poesie in den Händen
unseres Bolkes sehen. Jm
Marienleben waltet nicht
mehr, wie in der Apo-
kalypse, die Poesie des
Grandiosen, elementar
Wilden, hier ist es mehr
der Ton des Lieblichen,
die sinnig-gemütvolle Er-
zählung und Schilderung,
worauf das Ganze ge-
stimmt ist.
Da ist gleich das
erste Blatt: „Joachim
vom Hohenpriester
zu rückgewiesen." Nach
einer im Mittelalter sehr
populären Legende waren
die Eltern Maricns lange Zeit kinderlos, was ihnen großen Kummer verursachte, zumal die Kinder-
losigkeit bei den Juden als Schmach und als Strafe Gottes angesehen wurde. Das bekam Joachim
schmerzlich zu fühlen, als er seiu Opser zum Tempel bringen wollte. Der Hohepriester wies dasselbe
als das eines mit dem göttlichen Fluch beladenen Mannes zurück. Diese Szene schildert uns Dürer.
Der Hohepriester mit dem Ausdruck vffizieller würdevoller Strenge gibt dem schmerzlich enttäuschten,
beschämten Joachim sein Lamm zurück, ebenso schiebt ihm ein Tempeldiener den mitgebrachten Käfig
mit den Opfertauben wicder zu. Aeußerst lebendig sind die Zuschauer gegeben, im Hintergrund die
Priester, wie sie den Fall unter sich besprechen und in der Schrift darüber nachlesen, rechts der bärtige
Mann mit dem Hut und die Frau, beide voll herzlicher Teilnahme an Joachims Mißgeschick. Ganz
vorzüglich ist auch der wartende Mann links, der, ohne besondere Jntelligenz zu verraten, voll
Vaterfftolz neben seinem kleinen Buben dasteht, und mit entrüstetem Blick auf Joachim des Priesters
Vorgehen für ganz bercchtigt hält. Eine feine, hcrzliche Komik liegt in dieser Figur. Hier, wie auch
sonst hat der Meister den Gestaltcn im allgemeinen unbedenklich das zeitgenössische Nürnberger Kostüm
gegeben.
Tief betrübt über die erlittene Kränkung hatte sich Joachim in die Wüste zurückgezogen, war
Mariä Heimsuchung
Holzschnitt aus dem Marienleben, vor 1506
lischen und höllischen
Geister. Auch hier be-
achte man wieder das
künstlerisch fein berech-
nete, wilde Durcheinander
von schivarz und weiß,
das Kräuselir der Linien
und Formen, die hastig
ausgespanntenFlügelund
dazu den Gegensatz der
friedlichenunterenPartie.
Nngemein ausdrucksvoll
ist das Bewegungsmotiv
des Engels, der auf einen
der Satane tritt, und mit
allerWucht, deren er fähig
ist, ihm seinen Speer in
den ^eib bohrt.
Bei den zwanzig
Holzschnittblättern des
Marienlebens, die im
wesentlichen in den Jah-
ren 1504 und 1505 ent-
standen sind, kommt es
uns schwer an, eine Aus-
wahl zu treffen. Man
möchte am liebsten diesen
ganzen Bilderschatz voll
des lautersten Goldes der
Poesie in den Händen
unseres Bolkes sehen. Jm
Marienleben waltet nicht
mehr, wie in der Apo-
kalypse, die Poesie des
Grandiosen, elementar
Wilden, hier ist es mehr
der Ton des Lieblichen,
die sinnig-gemütvolle Er-
zählung und Schilderung,
worauf das Ganze ge-
stimmt ist.
Da ist gleich das
erste Blatt: „Joachim
vom Hohenpriester
zu rückgewiesen." Nach
einer im Mittelalter sehr
populären Legende waren
die Eltern Maricns lange Zeit kinderlos, was ihnen großen Kummer verursachte, zumal die Kinder-
losigkeit bei den Juden als Schmach und als Strafe Gottes angesehen wurde. Das bekam Joachim
schmerzlich zu fühlen, als er seiu Opser zum Tempel bringen wollte. Der Hohepriester wies dasselbe
als das eines mit dem göttlichen Fluch beladenen Mannes zurück. Diese Szene schildert uns Dürer.
Der Hohepriester mit dem Ausdruck vffizieller würdevoller Strenge gibt dem schmerzlich enttäuschten,
beschämten Joachim sein Lamm zurück, ebenso schiebt ihm ein Tempeldiener den mitgebrachten Käfig
mit den Opfertauben wicder zu. Aeußerst lebendig sind die Zuschauer gegeben, im Hintergrund die
Priester, wie sie den Fall unter sich besprechen und in der Schrift darüber nachlesen, rechts der bärtige
Mann mit dem Hut und die Frau, beide voll herzlicher Teilnahme an Joachims Mißgeschick. Ganz
vorzüglich ist auch der wartende Mann links, der, ohne besondere Jntelligenz zu verraten, voll
Vaterfftolz neben seinem kleinen Buben dasteht, und mit entrüstetem Blick auf Joachim des Priesters
Vorgehen für ganz bercchtigt hält. Eine feine, hcrzliche Komik liegt in dieser Figur. Hier, wie auch
sonst hat der Meister den Gestaltcn im allgemeinen unbedenklich das zeitgenössische Nürnberger Kostüm
gegeben.
Tief betrübt über die erlittene Kränkung hatte sich Joachim in die Wüste zurückgezogen, war
Mariä Heimsuchung
Holzschnitt aus dem Marienleben, vor 1506