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dort aber von einem Engel mit der Verheißnng einer Nachkommenschaft getröstct morden. Freudig
eilt er nun heimwärts und unter der goldenen Pforte des Tempels begegnet ihm sein
Weib Anna, die mittlerweile dieselbe himmlische Botschaft erhalten hat. Welch ein Wiedersehen
jetzt, nach langem Leid! llnd mit welchem Adel und welcher Zartheit erzählt uns Dürer das! Wie
Anna in demütigem Glück an die Brust des Gatten sinkt und er sie mit ehrfürchtiger Liebe umfaßt,
— ist die Gattenliebe jemals keuscher, idealer dargestellt worden? Charakteristisch sind die beiden
Zuschauer im Mittelgrund, von denen der eine die Neuigkeit von dem unerwarteten Glück des Ehe-
paars seinem ganz überraschten Freunde mitzuteilen scheint. Aufmerksamkeit verdient auch der Hinter-
grund mit dein Mauerwerk und der schönen Landschaft, sowie der ornamental prächtig behandelte
Torbogen, der gleichsam den Rahmen zu der Szene bildet und die „goldene Pforte" vorstcllen soll.
Mariä Heimsuchung. Die beiden gesegneten Frauen, Maria und Elisabeth begrüßen sich
voll Herzlichkeit. Rechts, etwas weiter zurück, sind die Begleiterinnen Aiariens; unter der Tür seines
Hauses erscheint der greise Zacharias, der wie verlegen über die Ehre des Besuches den Hut in den
Händen hält. Von ganz außerordentlicher Schönheit ist hier der Blick auf die Landschaft, die mit
ihren Felsen, Wäldern, Burgen und dem fernen Gebirge wic im Sonnenschein daliegt.
DieAnbetung der
heiligen Dreikönige
(s. p. 32). Hier entfaltet sich
wieder die ganze Romantik
einer verfallenenBurg.Grü-
nes Strauchwerk wächst
aus dem Gemäuer, reiz-
volle Durchblicke bieten sich
in Hallen, wohin die Hirten
schüchtern zurückgewichen
sind, der angebaute Stall
mit dem zerrissenen Dach
vollendet den malerischen
Charakter des Schau-
platzes. llnd wie prächtig
sind mit den schlichten
Linien des Holzschnittes
die verschiedenen Personen
in Haltung, Bewegung
und Ausdruck charakteri-
siert! Joseph verfolgt mit
Spannung die Entwick-
lung der Dinge, er hat
sich wie zum Schutze hinter
die Gottesmutter zurück-
gezogen, ganz in die Nähe
des Ochsen und Eseleins,
die auch neugierig die
Köpse aus ihrem Verschlag
herausstrecken. Maria hält
mit demütig gesenkten
Zlugen und doch voll müt-
terlichen Stolzes ihr Kind
den Königen dar. Der eine
von ihneu kniet schon an-
betcnd in tiefcm, strengem
Ernste da, der andere hat
noch die Reisekapuze über
die Krvne gezogen und
winkt dem dritten, der, um
ja nicht zu spät zu kom-
men, eilig herbeiläuft.
Sehr schön wirkt die be-
wegtellmrißliniederfigür-
lichen Komposition, diesich
von Joseph zum knieenden Di- Fiucht nach A-gM-n
^2) önnn Holzschnitt aus dem Marienleben, vor Ü506
dort aber von einem Engel mit der Verheißnng einer Nachkommenschaft getröstct morden. Freudig
eilt er nun heimwärts und unter der goldenen Pforte des Tempels begegnet ihm sein
Weib Anna, die mittlerweile dieselbe himmlische Botschaft erhalten hat. Welch ein Wiedersehen
jetzt, nach langem Leid! llnd mit welchem Adel und welcher Zartheit erzählt uns Dürer das! Wie
Anna in demütigem Glück an die Brust des Gatten sinkt und er sie mit ehrfürchtiger Liebe umfaßt,
— ist die Gattenliebe jemals keuscher, idealer dargestellt worden? Charakteristisch sind die beiden
Zuschauer im Mittelgrund, von denen der eine die Neuigkeit von dem unerwarteten Glück des Ehe-
paars seinem ganz überraschten Freunde mitzuteilen scheint. Aufmerksamkeit verdient auch der Hinter-
grund mit dein Mauerwerk und der schönen Landschaft, sowie der ornamental prächtig behandelte
Torbogen, der gleichsam den Rahmen zu der Szene bildet und die „goldene Pforte" vorstcllen soll.
Mariä Heimsuchung. Die beiden gesegneten Frauen, Maria und Elisabeth begrüßen sich
voll Herzlichkeit. Rechts, etwas weiter zurück, sind die Begleiterinnen Aiariens; unter der Tür seines
Hauses erscheint der greise Zacharias, der wie verlegen über die Ehre des Besuches den Hut in den
Händen hält. Von ganz außerordentlicher Schönheit ist hier der Blick auf die Landschaft, die mit
ihren Felsen, Wäldern, Burgen und dem fernen Gebirge wic im Sonnenschein daliegt.
DieAnbetung der
heiligen Dreikönige
(s. p. 32). Hier entfaltet sich
wieder die ganze Romantik
einer verfallenenBurg.Grü-
nes Strauchwerk wächst
aus dem Gemäuer, reiz-
volle Durchblicke bieten sich
in Hallen, wohin die Hirten
schüchtern zurückgewichen
sind, der angebaute Stall
mit dem zerrissenen Dach
vollendet den malerischen
Charakter des Schau-
platzes. llnd wie prächtig
sind mit den schlichten
Linien des Holzschnittes
die verschiedenen Personen
in Haltung, Bewegung
und Ausdruck charakteri-
siert! Joseph verfolgt mit
Spannung die Entwick-
lung der Dinge, er hat
sich wie zum Schutze hinter
die Gottesmutter zurück-
gezogen, ganz in die Nähe
des Ochsen und Eseleins,
die auch neugierig die
Köpse aus ihrem Verschlag
herausstrecken. Maria hält
mit demütig gesenkten
Zlugen und doch voll müt-
terlichen Stolzes ihr Kind
den Königen dar. Der eine
von ihneu kniet schon an-
betcnd in tiefcm, strengem
Ernste da, der andere hat
noch die Reisekapuze über
die Krvne gezogen und
winkt dem dritten, der, um
ja nicht zu spät zu kom-
men, eilig herbeiläuft.
Sehr schön wirkt die be-
wegtellmrißliniederfigür-
lichen Komposition, diesich
von Joseph zum knieenden Di- Fiucht nach A-gM-n
^2) önnn Holzschnitt aus dem Marienleben, vor Ü506