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Bild 1S. Aus Bochsteins Miirchenbuch: Vom tapferen Schneiderlein
werk nebenbei — wohlgemut und in hellen Freu-
den auf apostolischen Sohlen über die Alpen. Vor-
ersthatteRichter noch einenAbstecher nachBerchtes-
gaden und Salzburg gemacht, da die Dresdener
Akademie großmütig dem nach Jtalien pilgern-
den Maler ein Stipendium von hundert Talern
für eine nebenbei mitzunehmende
„Ansicht des Watzmann" beigesteuert
hatte. So ging's mit offenen Augen
und wenig Bedenken über Jnnsbruck
und denBrenner, durch das herrliche
Lombardenland, bisFlorenzund vou
da mit den damals landüblichen
Vetturini (zweiräderige Wagen) nach
Rom. Bei seiner Einfahrt in die
ersehnte Stadt begannen alle Glocken
zu.läuten, nicht zu Ehrenvon Richters
zwanzigstem Geburstag, sondern zur
FeierderErwählungPapstLeosXII.
Jn Rom stürzte sich Richter mit
Jubelindas hochgehendeMeerneuer,
überquellenderEindrücke. Außer dem
sanftenFriedrichOverbeckundPhilipp
Veit, welcher ihn zuerst mit Dürers
Stichen und Holzschnitten bekannt
Machte, kam Richter bald mit Josef
Anton Koch ') in Fühlung, dem ge-
nialen damaligen Altmeister der
historischen Landschaft, dann mit
Julius Schnorr von Carolsfeld ^),
welcher auch stark zur Landschaft
neigte. Mit innigster Herzensfreund-
schaft war Richter den jüngeren gleichstreben-
den Kunstgenossen zugetan, wie E. Oehme Z,
Peschel"), insbesondere aber dem edlen Liv-
länder Ludwig von Maydell^^) u. a. Gleich im
ersten Winter löste Richter seinen seltsamen Dres-
dener Auftrag und malte in Rom — die erste
deutsche Landschaft, den „Watzmann in Morgenbe-
leuchtung" ^); —man sollte meinen, um einen alt-
bayerischen Berg darzustellen, braucht man doch
einen Künstler nicht nach Jtalien zu senden. An
den Abenden wurde fleißig gezeichnet und unver-
geßlicheStunden unter deutschen Landsleuten und
Kunstgenossen in einer kleinen Osteria verbracht,
wo ernste Kunstgespräche und heitere Scherze im
unerschöpflichen Wechsel sich die Hand boten. Mit
dem Frühling wanderten die Maler der Sommer-
frische entgegen, in die Berge, reiche Studien ein-
zuheimsen: da ging es nach Albano, ins Sabiner-
gebirge, am liebsten nach dem damals erst ent-
deckten reizvollen Olevano — ein seliger Erden-
ivinkel, dessen Beziehungen zur Geschichte der
neueren Landschafterei doppelt wertvoll wurden,
da der dortige Eichenwald durch Edm. Kanolds
rechtzeitige Bemühungen vor Abholzung gerettet
und in Besitz des Deutschen Reiches gelangte.")
Andere Studienreisen führten nach Neapel und
zu Pästums Tempelresten, nach Amalfi oder trotz
Briganten und Sonnenhitze über Monte Cassino,
Tagliacozzo an den Fucinersee und den öden
Felsweg nach Civitella zurück.
Seine in Rom entstandenen, italische Gegen-
den vorstellenden Landschaften machten ihm einen
guten Nameu; in einige hatte Julius Schnorr
etliche Figuren, auch einen heiteren Zug mit römi-
schen Landleuten gemalt. Das gab unserem
Richter die naheliegende Jdee, auch künftig die
Bild II. Aus Bechstcins Mnrchcnbuch: Tie sieben Schwabcn.
Hollnnd, Ludwig Richtcr
Bild 1S. Aus Bochsteins Miirchenbuch: Vom tapferen Schneiderlein
werk nebenbei — wohlgemut und in hellen Freu-
den auf apostolischen Sohlen über die Alpen. Vor-
ersthatteRichter noch einenAbstecher nachBerchtes-
gaden und Salzburg gemacht, da die Dresdener
Akademie großmütig dem nach Jtalien pilgern-
den Maler ein Stipendium von hundert Talern
für eine nebenbei mitzunehmende
„Ansicht des Watzmann" beigesteuert
hatte. So ging's mit offenen Augen
und wenig Bedenken über Jnnsbruck
und denBrenner, durch das herrliche
Lombardenland, bisFlorenzund vou
da mit den damals landüblichen
Vetturini (zweiräderige Wagen) nach
Rom. Bei seiner Einfahrt in die
ersehnte Stadt begannen alle Glocken
zu.läuten, nicht zu Ehrenvon Richters
zwanzigstem Geburstag, sondern zur
FeierderErwählungPapstLeosXII.
Jn Rom stürzte sich Richter mit
Jubelindas hochgehendeMeerneuer,
überquellenderEindrücke. Außer dem
sanftenFriedrichOverbeckundPhilipp
Veit, welcher ihn zuerst mit Dürers
Stichen und Holzschnitten bekannt
Machte, kam Richter bald mit Josef
Anton Koch ') in Fühlung, dem ge-
nialen damaligen Altmeister der
historischen Landschaft, dann mit
Julius Schnorr von Carolsfeld ^),
welcher auch stark zur Landschaft
neigte. Mit innigster Herzensfreund-
schaft war Richter den jüngeren gleichstreben-
den Kunstgenossen zugetan, wie E. Oehme Z,
Peschel"), insbesondere aber dem edlen Liv-
länder Ludwig von Maydell^^) u. a. Gleich im
ersten Winter löste Richter seinen seltsamen Dres-
dener Auftrag und malte in Rom — die erste
deutsche Landschaft, den „Watzmann in Morgenbe-
leuchtung" ^); —man sollte meinen, um einen alt-
bayerischen Berg darzustellen, braucht man doch
einen Künstler nicht nach Jtalien zu senden. An
den Abenden wurde fleißig gezeichnet und unver-
geßlicheStunden unter deutschen Landsleuten und
Kunstgenossen in einer kleinen Osteria verbracht,
wo ernste Kunstgespräche und heitere Scherze im
unerschöpflichen Wechsel sich die Hand boten. Mit
dem Frühling wanderten die Maler der Sommer-
frische entgegen, in die Berge, reiche Studien ein-
zuheimsen: da ging es nach Albano, ins Sabiner-
gebirge, am liebsten nach dem damals erst ent-
deckten reizvollen Olevano — ein seliger Erden-
ivinkel, dessen Beziehungen zur Geschichte der
neueren Landschafterei doppelt wertvoll wurden,
da der dortige Eichenwald durch Edm. Kanolds
rechtzeitige Bemühungen vor Abholzung gerettet
und in Besitz des Deutschen Reiches gelangte.")
Andere Studienreisen führten nach Neapel und
zu Pästums Tempelresten, nach Amalfi oder trotz
Briganten und Sonnenhitze über Monte Cassino,
Tagliacozzo an den Fucinersee und den öden
Felsweg nach Civitella zurück.
Seine in Rom entstandenen, italische Gegen-
den vorstellenden Landschaften machten ihm einen
guten Nameu; in einige hatte Julius Schnorr
etliche Figuren, auch einen heiteren Zug mit römi-
schen Landleuten gemalt. Das gab unserem
Richter die naheliegende Jdee, auch künftig die
Bild II. Aus Bechstcins Mnrchcnbuch: Tie sieben Schwabcn.
Hollnnd, Ludwig Richtcr