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Die Kunst dem Volke <München> — 1909 (Nr. 1-4)

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Ludwig Richter
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https://doi.org/10.11588/diglit.21073#0065
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Bild 20. Aus Bechsteins Märchenbuch: Star und Badewännlein.

„Brautzug" (1847) — einWerk von solcher unge-
künstelt überguellenderSchönheit und herzigerHei-
terkeit der Stimmung, daß es allein ausgereichthätte,
seinen Namen unvergeßlich zu machen (Bild 50).
Jn den von einem Bächlein durchrieselten heiteren
Wiesengrund, wo in der Ferne unter schlanken
Tannen stille Rehe grasen und auf sanfter Hügel-
reihe eine kleine Burg erscheint, tritt aus dem
frischen Dunkel alter Eichen und Buchen in der
vollen Sonnenglut heraus ein etwas altdeutsch
kostümierter Brautzug, welchcr offenbar von der
tief im Waldesdickicht versteckten Kapelle herab-
kommt, begrüßt mit Jubelruf von den bei ihren
Herden auf einer blühenden Heide weilenden
Hirten. Qber den kleinen Brückensteg eilen, von
freudig kläffenden Hündlein begleitet, voraus
einige Blumen streuende und bebänderte Kränze
an Stangen tragende Kiraben und Mägdelein.
Dem bräutlich geschmückten, von weißen Tauben
umflatterten Paare folgt, an der Spitze der im
Ehrengeleit zahlreich nachziehenden Gäste, ein
wohlbeleibter Alter mit einem Mütterchen zur
Seite. Das bis ins kleinste sorgfältig und liebe-
vollst ausgeführte Detail erhöht die festlich glück-
liche Stimmung.") Von da war ihm der Name
eines gefeiertenMalers gesichert. Wie er diese Höhe
nicht nur bleibend behauptete, sondern durch neue

Überraschungen, wenn auch auf
mühsamen Wegen, erweiterte, wie
er der „Ludwig Richter" wurde,
welchen die Welt heute noch liebt
und immerdar verehren wird, ist
in der Schilderung seines Ent-
wicklungsganges nachzutragen.

-b -I-

-I-

Schon vor seiner Rückkehr
nach Dresden (1836), wo Richter
an der Akademie ganz an seiner
Stelle war (1841 erfolgte die Er-
nennung zum Professor und Vor-
stand desAteliers fürLandschafts-
maler, 1852 zum Mitglied des
akademischen Rates), erging die
Einladung zur Beteiligung an dem
inGeorg WigandsVerlag inLeip-
zig erscheinenden, das „Malerische
und romantische Deutschland" be-
titelten großartigen llnternehmen.
Richter lieferte Ansichten von der
„SächstschenSchweiz", von Fran-
ken, dem Harz, aus dem Riesen-
gebirge, welche Gegenden er des-
halb bereiste. Auch der Laie wird
leicht, namentlich in der Behand-
lung der Staffage, Richters Hand
erkennen. Für den verschiedenen
Charakter einer Gegend ist es
immer bezeichnend, ob ein ein-
samer Hirt oder Jäger selbe be-
sucht, ob Reisende sie beleben, ob
Landleute dort ihr Wesen treiben
oder eineGesellschast vonStädtern
sich einen frohen
Tag macht. Rich-
ter bewährt darin
seinenfeinenTakt,
indem er diese Fi-
guren und Grup-
pen mit einer
Fiille natürlicher,
ansprechender und
lebenswahrer
Motive ausstattet.

Leiderwurden da-
mals seine Zeich-
nungen meist vou
routinierten
Stahlstechern
ausgeführt, wel-
che weniger da-
nachtrachteten auf
die Eigentümlich-
keit seiner Hand-
schrift einzugehen,
als vielmehr einc
elegante und ge-
fällige Wirkung

O^'H'cheN. Eild 2l. Aus Bochsteins Mttrchcnbuch:

Blsher harre Dor Münch und das Böglein.
 
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