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Madonna mit Hciligcn Abb. 13 Cortona, S. Domcncio
(Tcxt S. 17)
Auch an künstlerischen Anregungeu fehlte cs
keinesrvegs. Stets hatte ja die Kunst im Domini-
kanerorden liebevolle Pflege gefuuden. Johannes
Dominici selbst war ein eifriger Miniaturmaler,
und so murde gewiß dem jungen Novizen gern
gestattet, die Kunst wciter zu pflegen und die
Kunststätten zu besuchen, an denen die Umgebung
von Foligno und Cortona so reich war. Nahe
bei Foligno lag ja Assisi, wo sich über dem
Grabe des heiligen Frauziskus die Doppelkirche
erhob mit dcn berühmten Fresken von Giotto und
den sienesischen Künstlern; inGubbio hatte er
Gelegenheit, die träumerische, milde Art der um-
brischen Malerei kennen zu lernen, und gemiß
hat er auch Siena besucht, das jedem Domini-
kaner als Stadt der heiligen Katharina lieb und
teuer war, und wo damals die holde, innige, mit
unsern alten Kölnern so verwandte Malerschule
in höchster Blüte stand, die auf Fra Augelico
einen so bedeutenden Einfluß ausgeübt hat.
Das tiefere Eiudringen in diesc Werkc, dazu
das strenge Leben im Orden, die Uebung des
feierlichen Chorgebetes und der Betrachtung,
das Studium des heiligen Thomas von Aquin,
der Schriften der heiligen Katharina von Siena
und der goldenen Legende des seligen Dominikaners
Jakobus von Varazze (a Voragine) (ch 1298), und
endlich die friedliche, weltgeschiedene Lage
des Klosters mit dem herrlichen, weiten Blick
ins Chianatal: das allcs wirkte zusammen, um
in Fra Angelico die tiese Frömmigkeit, das Gehalt-
volle und echt Religiöse, das Jnnige und Sinnige
seiner ganzen Kunst zu begründeu und ihn auf den
schönen, von der Vorsehung ihm bestimmten Beruf
vorzubcreiten, der Heilige unter den Malern
und der Maler unter d en Heiligen zu iverden.
Sicher beglaubigte Gemälde aus dieser Zeit
sind uns nicht erhalten. Wahrscheinlich hat Frcr
Angelico damals — abgesehen von Miniatur-
malereien sür die Chorbücher — Pinscl und Palette
ruhcn lassen; wenigstens verweiscn die heute in
Cortona und Perugia befindlichen Werke in ihrer
ganzen Ausführung auf eiue spätere Lebenszeit
des Künstlers. Auch waren diese Jahre, 1408
bis 1418, an erster Stelle dem Studium der Philo-
sophie und Theologie, sowie der sonstigen Vor-
Madonna mit Hciligcn Abb. 13 Cortona, S. Domcncio
(Tcxt S. 17)
Auch an künstlerischen Anregungeu fehlte cs
keinesrvegs. Stets hatte ja die Kunst im Domini-
kanerorden liebevolle Pflege gefuuden. Johannes
Dominici selbst war ein eifriger Miniaturmaler,
und so murde gewiß dem jungen Novizen gern
gestattet, die Kunst wciter zu pflegen und die
Kunststätten zu besuchen, an denen die Umgebung
von Foligno und Cortona so reich war. Nahe
bei Foligno lag ja Assisi, wo sich über dem
Grabe des heiligen Frauziskus die Doppelkirche
erhob mit dcn berühmten Fresken von Giotto und
den sienesischen Künstlern; inGubbio hatte er
Gelegenheit, die träumerische, milde Art der um-
brischen Malerei kennen zu lernen, und gemiß
hat er auch Siena besucht, das jedem Domini-
kaner als Stadt der heiligen Katharina lieb und
teuer war, und wo damals die holde, innige, mit
unsern alten Kölnern so verwandte Malerschule
in höchster Blüte stand, die auf Fra Augelico
einen so bedeutenden Einfluß ausgeübt hat.
Das tiefere Eiudringen in diesc Werkc, dazu
das strenge Leben im Orden, die Uebung des
feierlichen Chorgebetes und der Betrachtung,
das Studium des heiligen Thomas von Aquin,
der Schriften der heiligen Katharina von Siena
und der goldenen Legende des seligen Dominikaners
Jakobus von Varazze (a Voragine) (ch 1298), und
endlich die friedliche, weltgeschiedene Lage
des Klosters mit dem herrlichen, weiten Blick
ins Chianatal: das allcs wirkte zusammen, um
in Fra Angelico die tiese Frömmigkeit, das Gehalt-
volle und echt Religiöse, das Jnnige und Sinnige
seiner ganzen Kunst zu begründeu und ihn auf den
schönen, von der Vorsehung ihm bestimmten Beruf
vorzubcreiten, der Heilige unter den Malern
und der Maler unter d en Heiligen zu iverden.
Sicher beglaubigte Gemälde aus dieser Zeit
sind uns nicht erhalten. Wahrscheinlich hat Frcr
Angelico damals — abgesehen von Miniatur-
malereien sür die Chorbücher — Pinscl und Palette
ruhcn lassen; wenigstens verweiscn die heute in
Cortona und Perugia befindlichen Werke in ihrer
ganzen Ausführung auf eiue spätere Lebenszeit
des Künstlers. Auch waren diese Jahre, 1408
bis 1418, an erster Stelle dem Studium der Philo-
sophie und Theologie, sowie der sonstigen Vor-