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Hl. Ordensmänner
(aus dem vorigen Bilde)
Abb. 38
(Texl S. 33)
Florcnz, S. Marco
(Kapitelsaal
Glorienschein, die ein seliger Geist aus Himmels-
auen auf unsere arme Erde verpflanzt hat, um
die Sehnsucht wach zu erhalten nach einer ewigen
Heimat."
Aber nicht nur Himmelsseligkcit wußte Fra
Angelico zu schildern, sondern er verstand es auch,
ernste, wehmütige Akkorde anzuschlagen,
wenn es galt, den bitteren Tod seines
göttlichen Meisters und das Herze-
leid der Gottesmutter zu malen.
Jn tief ergreifender Weise tat
er es auf dem Bilde der
großen 5?reuzabnahme
(Abb. 23), das wohl
während seines Auf-
enthaltes in Florenz
entstanden ist.
Gewiß wird das
GemäldeimDäm-
merlichtderKir-
che S.Trinitä,
für die es be-
stimmt war,
weniger grell
gewirkt ha-
ben, als jetzt
in dem hell
erleuchteten
Saale der
Kunstaka-
demie, aber Christus als Pilgcr Abb. 3!1
auch ohne- (Tcxt S. 311
hin macht es durch das zu häufig wieder-
kehrende ungemilderte Rot und Himmel-
blau einen unruhigen Eindruck. Für diese
erfte Enttäuschung wird man jedoch reich-
lichst entschädigt, wenn man den tief reli-
giösen Gehalt des Werkes, die klare und
feine Komposition in ihren edlen Linien
und die herrlichen Einzelheiten des Bildes
aus sich wirken läßt. Es ist keine lleber-
treibung, wenn man diese Kreuzabnahme
als eines der schönsten religiösen
Bilder der Welt bezeichnet hat.
Jn den mittlcren Bogen ragt das
Kreuz, an dessen Querbalken zwei Leitern
gelehnt sind, auf denen Josef von Ari-
mathäa und Nikodemus stehen. Sie haben
den heiligen Leichnam unter den Armen
gefaßt und lassen ihn sorgsam wie ein
kostbares Kleinod zu einem dritten Manne
(mit den Zügen Michelozzos, des Erbauers
von S. Marco) herab, während ein an-
derer die Kniee Jesu umfaßt und Johannes
sanft die Seite stützt. llnten kniet Maria
Magdalena und berührt behutsam mit
einem feinen, durchsichtigen Schleier die
Füße des Herrn, um sie zu küsseu. So
gleitet der edelgeformte heilige Leib, der
noch die Kreuzesform behalten hat, auf
den Schoß der Schmerzensmutter hernieder, die
in unsäglichem Herzensweh, aber in stiller Gott-
ergebung die Hände gefaltet hält und mitleidsvoll
zu ihrem göttlichen Sohne aufblickt. Sie sitzt
am Fuße des Kreuzes, umgeben von sieben from-
men Frauen, welche die sieben Schmerzen Mariä
versinnbilden.
Dieser Frauengruppe mit der Stadt Jerusalem
im Hintergrunde entsprechen rechts mehrere
Männer in Florentiner Tracht, in
einer Landschaft, die an die Hügel
von Fiesole erinnert. Einer von
ihnen zeigt den andern die
Dornenkrone und die Nägel,
und scheint die Worte zu
sprechen, die als Erklä-
rungunterdiesemTei-
le des Bildes stehen:
„Siehe, so stirbt der
Gerechte, und nie-
mand empfindet
es im Herzen?"
Anchsonsthat
der fromme
Maler kleine
Jnschrif -
ten ange-
bracht. So
steht im Hei-
ligenschein
Jesu: 6o-
roira. 6llo-
rias (Krone
der Herr-
Florcnz, S. Marco
(Kreuzgang)
4
Hl. Ordensmänner
(aus dem vorigen Bilde)
Abb. 38
(Texl S. 33)
Florcnz, S. Marco
(Kapitelsaal
Glorienschein, die ein seliger Geist aus Himmels-
auen auf unsere arme Erde verpflanzt hat, um
die Sehnsucht wach zu erhalten nach einer ewigen
Heimat."
Aber nicht nur Himmelsseligkcit wußte Fra
Angelico zu schildern, sondern er verstand es auch,
ernste, wehmütige Akkorde anzuschlagen,
wenn es galt, den bitteren Tod seines
göttlichen Meisters und das Herze-
leid der Gottesmutter zu malen.
Jn tief ergreifender Weise tat
er es auf dem Bilde der
großen 5?reuzabnahme
(Abb. 23), das wohl
während seines Auf-
enthaltes in Florenz
entstanden ist.
Gewiß wird das
GemäldeimDäm-
merlichtderKir-
che S.Trinitä,
für die es be-
stimmt war,
weniger grell
gewirkt ha-
ben, als jetzt
in dem hell
erleuchteten
Saale der
Kunstaka-
demie, aber Christus als Pilgcr Abb. 3!1
auch ohne- (Tcxt S. 311
hin macht es durch das zu häufig wieder-
kehrende ungemilderte Rot und Himmel-
blau einen unruhigen Eindruck. Für diese
erfte Enttäuschung wird man jedoch reich-
lichst entschädigt, wenn man den tief reli-
giösen Gehalt des Werkes, die klare und
feine Komposition in ihren edlen Linien
und die herrlichen Einzelheiten des Bildes
aus sich wirken läßt. Es ist keine lleber-
treibung, wenn man diese Kreuzabnahme
als eines der schönsten religiösen
Bilder der Welt bezeichnet hat.
Jn den mittlcren Bogen ragt das
Kreuz, an dessen Querbalken zwei Leitern
gelehnt sind, auf denen Josef von Ari-
mathäa und Nikodemus stehen. Sie haben
den heiligen Leichnam unter den Armen
gefaßt und lassen ihn sorgsam wie ein
kostbares Kleinod zu einem dritten Manne
(mit den Zügen Michelozzos, des Erbauers
von S. Marco) herab, während ein an-
derer die Kniee Jesu umfaßt und Johannes
sanft die Seite stützt. llnten kniet Maria
Magdalena und berührt behutsam mit
einem feinen, durchsichtigen Schleier die
Füße des Herrn, um sie zu küsseu. So
gleitet der edelgeformte heilige Leib, der
noch die Kreuzesform behalten hat, auf
den Schoß der Schmerzensmutter hernieder, die
in unsäglichem Herzensweh, aber in stiller Gott-
ergebung die Hände gefaltet hält und mitleidsvoll
zu ihrem göttlichen Sohne aufblickt. Sie sitzt
am Fuße des Kreuzes, umgeben von sieben from-
men Frauen, welche die sieben Schmerzen Mariä
versinnbilden.
Dieser Frauengruppe mit der Stadt Jerusalem
im Hintergrunde entsprechen rechts mehrere
Männer in Florentiner Tracht, in
einer Landschaft, die an die Hügel
von Fiesole erinnert. Einer von
ihnen zeigt den andern die
Dornenkrone und die Nägel,
und scheint die Worte zu
sprechen, die als Erklä-
rungunterdiesemTei-
le des Bildes stehen:
„Siehe, so stirbt der
Gerechte, und nie-
mand empfindet
es im Herzen?"
Anchsonsthat
der fromme
Maler kleine
Jnschrif -
ten ange-
bracht. So
steht im Hei-
ligenschein
Jesu: 6o-
roira. 6llo-
rias (Krone
der Herr-
Florcnz, S. Marco
(Kreuzgang)
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