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Die Kunst dem Volke <München> — 1909 (Nr. 1-4)

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Strunk, Innocenz M.: Beato Angelico
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https://doi.org/10.11588/diglit.21073#0161
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29

Kreuztragung (Abb. 30) gehen vor Jesu mit
gebundenen Händen die beiden Schächer den
Hohlweg zum Kalvarienberge hinauf, begleitet
von Soldaten, welche durch die auf ihren Schildcn
und auf der Fahne angebrachten Buchstaben
8-?-tz-R.- (86natus ?oputu8-(jus R.oing.nu8) als
Römer gekennzeichnet sind. Trauernd blickt sich Je-
sus nach seiner Mutter um, die von einem Soldaten
zurückgestoßen ivird und bittend die Hände faltet.
Auch die beiden ihr solgenden heiligen Frauen
falten auf gleiche Weise die Hände, während die
vierte sich zum Hauptmann umgewendet hat, um
dort Hilfe zu erlangen. Den drei heiligen Frauen
um Maria entsprechen um Jesus drei römische
Krieger, die durch Skorpione (vielleicht im An-

zweimal dargestellt, damit er stets sichtbar wäre,
mochte nun der Altar offen oder geschlossen sein.

Das schönste an diesem Werke, außer den
beiden Heiligen aus den Außenflügeln, sind die
12 Engel, die sich, ähnlich wie bei der Madonna
mit dem Sterne (Abb. 17), zu je sechs überein-
ander auf dem nach innen abgeschrägten Rahmen
befinden. Sie bilden gleichsam eine Jllustration
zum 150. Psalm — ein Himmelskonzert. Wer
kennte sie nicht, diese beliebtesten und volkstüm-
lichsten Schöpfungen des Beato Angelico, diese
ätherischen Gebilde, die auf Trommel und Tam-
burin, auf Trompete und Posaune, auf Geige
und Zither, auf Cpmbel und Orgel ihr „Salve
Regina" jubeln! (Abb. 31 und 64). So lieb und

Anbetung der hl. Drer Kömge

schluß an Ezechiel 2, 6) als seine er-
bitterten Feinde bezeichnet sind.

-l- -i-

Vonden in Florenz befindlichen Madonn en-
bildern seien die beiden interessantesten erwähnt,
die den Anfang und das Ende der großen Ma-
donnenaltäre des Frate bilden, die sog. Ma-
donna der Flachshändler und die Madonna von
S. Marco.

Die Madonna der Flachshändler (ctki
linajuoli), so genannt, weil sie für diese Gilde
gemalt wurde, ist eines der wenigen Bilder, von
denen die Entstehungszeit (1433) urkundlich bezeugt
ist. Es ist ein Flügelaltar mit Predella. Jn der
Mitte ist die wenig ansprechende Madonna mit dem
auf ihrem Schoße stehenden Jesusknaben abgebil-
det; auf den Jnnenflügeln sieht man die Heiligen
Johannes den Täufer und Markus; außen: Petrus
und Markus. Letzterer ist als Patron der Gilde

Florcnz, S, Marco (Zelle L9)

anmutig und glücklich schauen sie drein
mit ihren goldgelben Lockenköpfchen,
ihren bunten, mit feinsten Goldorna-
menten übersäten, in ruhigem Rhpth-
mus bewegten Gewändern und mit
ihren goldschimmernden Flügeln, daß der italie-
nische Kunsthistoriker Vasari meint, sie sähen aus,
als wären sie „vom Himmel herabgeregnet".

Die leider sehr beschädigte Madonna von
S. Marco (Abb. 32) ist um 1438 gemalt. Eine
kurze Vergleichung mit der Madonna von Cor-
tona (Abb. 13) zeigt den ganz bedeutenden Fort-
schritt des Meisters. Es fehlt der architektonisch
gegliederte, reich geschmückte Rahmen (wie z. B.
auf Abb. 23): nur die Gestalten des Bildes sollen
wirken. Während srüher die Heiligen mit der
Madonna auf demselben Plane standen und sym-
metrisch, jeder für sich, auf beiden Seiten ange-
ordnet waren, ist hier genau Vorder-, Mittel-
und Hintergrund geschieden und sind die Heiligen
zu einander in Beziehung gesetzt. Wir haben

Abb. 46
(Tcxt S. 37)
 
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