numentale Auffassung, die feierliche Ruhe und
die überaus einfache Komposition lasfen vermuten,
datz es aus der späteren Zeit des Meisters stammt,
etwa aus dem Jahre 1451, als er Prior von
Fiesole war.
Betreten wir nun S. Marco, dieses Museum
der Kunst des Beato Angelico, die hier um so
tiefer und eindringlicher wirkt, weil sich alle Bilder
noch an ihrem ursprünglichen Platze befinden.
Ueberall begegnet man den Gaben der Kunst
Beato Angelicos, alles erzählt von diesem liebens-
würdigen Meister, der keine grötzere Freude
gekannt zu haben scheint, als andern eine
Freude zu machen, und dcr dasselbe Lebens-
ziel vor Augen hatte,
das einZeitgenosse von
der heiligen Katharina
von Siena rühmt:
„Jhre Gedanken wa-
ren stets zum Himmel
gerichtet und darauf,
wie sie andere dahin
führen könnte!"
Bei der allgemeinen
Klosteraufhebung in
Jtalien 1867 mutzten
auch die Dominikaner
S. Marco verlassen,
das, wie andere ge-
raubte Kirchen und
Klöster, zum „Natio-
naldenkmal" erklärt
wurde. Nur einige Do-
minikaner blieben in
einem Teile des neue-
ren Kreuzganges als
„Custodi" der Kirche
wohnen, während ihr
Kloster zu einem öffent-
lichen Museuiu einge-
richtetwurde. Tagaus,
tagein slutet nnn der
Strom der Fremden
aus aller Herren Län-
der durch die stillen
Klosterräume; aber in
der heiheren Jahres-
zeit um die Mittagsstunde ist man oft der einzige
Fremde in S. Marco, und dann kann man mit
Fra Angelico Zwiesprache halten und sich unge-
stört seinen Betrachtungen überlassen. Denn be-
trachtet wollen diese Werke sein, wie sie auch
Fra Angelico aus tiefer Betrachtung geschaffen
hat, getreu dem Wahlspruche seines Ordens:
„Oonlkwplata aliia traciors" — Andern mitteilen,
was man selbst zuvor betrachtet hat.
Jm Kreuzgange (Abb. 34), der sich um den
viereckigen Klosterhof zieht und ganz mit Malereien
aus dem 17. Jahrhundert bedeckt ist, befinden sich
fünf Werke Fra Angelicos. lleber dem Eingange
zum Kapitelsaal sieht man den heiligen Domi-
nikus mit der Ordensregel und der Geitzel, als
wolle er mahnen, die Regel in ihrer ganzen
Strenge zu befolgen.
Zwei weitere Bilder zeigen uns treue Ordens-
söhne des Heiligen, Thomas von Aguin und, über
dem Eingange zur Sakristei, Petrus Martpr, der
im Jahre 1252 bei Mailand auf Anstiften von
Jrrlehrern ermordet wurde. Sie sind die ersten
heiliggesprochenenDominikancrund warendamals
noch die einzigen. So erklärt es sich, daß Fra An-
gelico immer wieder ihr Bild auf seinen Wcrken
anbringt. Der große Kirchenlehrer Thomas von
Aquin (ff 1274), seine Summa theologica auf-
geschlagen vor der Brust haltend, mahnt seine Or-
densbrüder zum beschaulichen Leben im Gebet und
ernstenStudium,wäh-
rend Petrus Mar-
tyr (Abb. 35), den
Dolch in der Schulter,
die klaffende Wunde
im Kopse, die Sieges-
palme und das Evan-
gelienbuch in der Hand,
an das tätige Leben
durch die Predigt er-
innert und auffordert,
den heiligen Glauben,
wenn es sein mutz,
selbst mit dem Blute
zu besiegeln. Ernst
legt er den Zeigefinger
auf den Mund, um an
das Stillschweigen zu
erinnern, das die Or-
densregel hier im
Kreuzgange, dem Ru-
heplatz der Toten, vor-
schreibt.
Mahnt Fra An-
gelico scine Ordens-
brüder in diesen drei
Bildern an die Sorge
für das eigene Seelen-
heil und das der Mit-
menschen, so fordert
das Gemälde über dem
Gastzimmer des Klo-
sters die Dominikaner
auf, auch das leibliche Wohl des Nächstcn nicht
zu vergessen und die in den Klöstern seit alters
heimische Tugend der Gastfreundschaft zu üben.
Wir sehen hier Christus als Pilger (Abb. 39).
Der göttliche Heiland im Pilgerkleid, mit Pilger-
stab und Pilgerhut wird von zwei Dominikaneru
begrüßt und zum Bleiben eingeladen. Bittend
scheinen sie mit den beiden Jüngern von Emmaus
zu sagen: „Bleibe bei uns, Herr, denn es will
Abend werden!" Schöner und einfacher sind wohl
niemals die Worte Jesu dargestellt worden: „Was
ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt,
das habt ihr mir getan!"
Eine solch übernatürliche Gesinnung, die stets
für das geistliche und leibliche Wohl des Nächsten
VerspoUung Christi
Abb. 49
(Text S. 37)
Florcnz, S. Marco
(Zelle 7)
die überaus einfache Komposition lasfen vermuten,
datz es aus der späteren Zeit des Meisters stammt,
etwa aus dem Jahre 1451, als er Prior von
Fiesole war.
Betreten wir nun S. Marco, dieses Museum
der Kunst des Beato Angelico, die hier um so
tiefer und eindringlicher wirkt, weil sich alle Bilder
noch an ihrem ursprünglichen Platze befinden.
Ueberall begegnet man den Gaben der Kunst
Beato Angelicos, alles erzählt von diesem liebens-
würdigen Meister, der keine grötzere Freude
gekannt zu haben scheint, als andern eine
Freude zu machen, und dcr dasselbe Lebens-
ziel vor Augen hatte,
das einZeitgenosse von
der heiligen Katharina
von Siena rühmt:
„Jhre Gedanken wa-
ren stets zum Himmel
gerichtet und darauf,
wie sie andere dahin
führen könnte!"
Bei der allgemeinen
Klosteraufhebung in
Jtalien 1867 mutzten
auch die Dominikaner
S. Marco verlassen,
das, wie andere ge-
raubte Kirchen und
Klöster, zum „Natio-
naldenkmal" erklärt
wurde. Nur einige Do-
minikaner blieben in
einem Teile des neue-
ren Kreuzganges als
„Custodi" der Kirche
wohnen, während ihr
Kloster zu einem öffent-
lichen Museuiu einge-
richtetwurde. Tagaus,
tagein slutet nnn der
Strom der Fremden
aus aller Herren Län-
der durch die stillen
Klosterräume; aber in
der heiheren Jahres-
zeit um die Mittagsstunde ist man oft der einzige
Fremde in S. Marco, und dann kann man mit
Fra Angelico Zwiesprache halten und sich unge-
stört seinen Betrachtungen überlassen. Denn be-
trachtet wollen diese Werke sein, wie sie auch
Fra Angelico aus tiefer Betrachtung geschaffen
hat, getreu dem Wahlspruche seines Ordens:
„Oonlkwplata aliia traciors" — Andern mitteilen,
was man selbst zuvor betrachtet hat.
Jm Kreuzgange (Abb. 34), der sich um den
viereckigen Klosterhof zieht und ganz mit Malereien
aus dem 17. Jahrhundert bedeckt ist, befinden sich
fünf Werke Fra Angelicos. lleber dem Eingange
zum Kapitelsaal sieht man den heiligen Domi-
nikus mit der Ordensregel und der Geitzel, als
wolle er mahnen, die Regel in ihrer ganzen
Strenge zu befolgen.
Zwei weitere Bilder zeigen uns treue Ordens-
söhne des Heiligen, Thomas von Aguin und, über
dem Eingange zur Sakristei, Petrus Martpr, der
im Jahre 1252 bei Mailand auf Anstiften von
Jrrlehrern ermordet wurde. Sie sind die ersten
heiliggesprochenenDominikancrund warendamals
noch die einzigen. So erklärt es sich, daß Fra An-
gelico immer wieder ihr Bild auf seinen Wcrken
anbringt. Der große Kirchenlehrer Thomas von
Aquin (ff 1274), seine Summa theologica auf-
geschlagen vor der Brust haltend, mahnt seine Or-
densbrüder zum beschaulichen Leben im Gebet und
ernstenStudium,wäh-
rend Petrus Mar-
tyr (Abb. 35), den
Dolch in der Schulter,
die klaffende Wunde
im Kopse, die Sieges-
palme und das Evan-
gelienbuch in der Hand,
an das tätige Leben
durch die Predigt er-
innert und auffordert,
den heiligen Glauben,
wenn es sein mutz,
selbst mit dem Blute
zu besiegeln. Ernst
legt er den Zeigefinger
auf den Mund, um an
das Stillschweigen zu
erinnern, das die Or-
densregel hier im
Kreuzgange, dem Ru-
heplatz der Toten, vor-
schreibt.
Mahnt Fra An-
gelico scine Ordens-
brüder in diesen drei
Bildern an die Sorge
für das eigene Seelen-
heil und das der Mit-
menschen, so fordert
das Gemälde über dem
Gastzimmer des Klo-
sters die Dominikaner
auf, auch das leibliche Wohl des Nächstcn nicht
zu vergessen und die in den Klöstern seit alters
heimische Tugend der Gastfreundschaft zu üben.
Wir sehen hier Christus als Pilger (Abb. 39).
Der göttliche Heiland im Pilgerkleid, mit Pilger-
stab und Pilgerhut wird von zwei Dominikaneru
begrüßt und zum Bleiben eingeladen. Bittend
scheinen sie mit den beiden Jüngern von Emmaus
zu sagen: „Bleibe bei uns, Herr, denn es will
Abend werden!" Schöner und einfacher sind wohl
niemals die Worte Jesu dargestellt worden: „Was
ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt,
das habt ihr mir getan!"
Eine solch übernatürliche Gesinnung, die stets
für das geistliche und leibliche Wohl des Nächsten
VerspoUung Christi
Abb. 49
(Text S. 37)
Florcnz, S. Marco
(Zelle 7)