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Abb. 6
(Text S. 7)
Ravemia
Jnricres von S. Vitale
Handelsverkehr zusammengekorirmen wa-
ren, oder die ihr Recht suchten, dienten
schon in der späten Zeit des Griechen-
tums, noch viel mehr bei den Römern
jene Gebäude, die nran Basiliken nennt.
Sie bestanden aus einem rechteckigen
Raume, der von einem selbstündig
überdachten, niedrigen Umgange ein-
geschlossen war. Für den aufsichtfüh-
renden oder rechtsprechendenBeamten
gab es gewöhnlich am Ende des
Mittelraumes einen erhöhten abge-
sonderten Platz in einer Apsis. Fan-
den sich in diesen Hallen die Leute
ihrer weltlichen Zwecke willen zusam-
men, so war derselbe Raum auch wie
geschaffen für gottesdienstliche Ver-
einigungen. So wurde die antike
Basilika seit dem 4. Jahrhundert das
Borbild, ihr einfacher zweckmäßiger
Grundriß die Unterlage sür den Ent-
wurf zahlreicher Kirchen der frühesten
Zeit.
Jm Orient wie in Deutschland,
auf französischem Boden wie auf
italienischem finden sie sich. Keine
aber ist so wichtig, keine verlangt
mit größerem Rechte danach, daß
ihrer hier zu allererst gedacht werde,
als die alte, zugrunde gegangene vati-
kanische Basilika des hl. Pelrus zu
Rom. Über dem Grabe des von Nero
hingemordeten heiligen Apostels erhob
sich das alte, erhebt sich das neue Ge-
bäude, wie der Bau der Kirche Christi
nach dem Worte des Heilandes aus
Petrus, den Felsen, gegründet ist. Jene war eine fünfschifsige
Basilika (Abb. 3). Hoch ragte das Mittelschiff mit seinem schlicht
gezeichneten Dachgiebel über die beiderseits anstoßenden Seiten-
schiffe empor. Durch Säülenstellungen waren diese voneinander
getrennt. Gerade vor sich sah man in der Mitte die jenseits
eines schmalen Querschiffes liegende niedrige sensterlose Nische
(Apsis), vor deren Stufen ein ums Jahr 790 errichteter Vorbau
mit zwölf Säulen, die in zwei Reihen hintereinander standen,
gleich einem Lettner (Abschlußschranke des Chores) aufgestellt
waren. Von der Wirkung jenes Bauwerkes, die gerade wegen
seiner schlichten Form imposant gelvesen sein muß, und die durch
reiche Ausstattung, durch Wandnralereien und anderes Werk der
Kunst gehoben ward, kann man sich jetzt noch einen Begriff
machen, wenn man ähnliche Kirchen anschaut, so in Rom
S. Clemente, S. Paolo fuori le mura mit seinem herrlichen
Schmucke von Marmor, Malereien und Gold (Abb. 4), in Mai-
land S. Ambrogio, in Parenzo die Basilica, in Ravenna die
herrlich erhaltene Kirche S. Apollinare in Classe, aus neuester
Zeit in Deutschland die S. Bonifatiuskirche, die König Ludwig I.
in München hat errichten lassen. Aber auch von einer echten
alten Basilika ist uns in Deutschland wenigstens noch ein Stück
erhalten. Es gehört zu dem Dome von Trier. Es ist die ältefle
aller deutschen Kirchen, zugleich eine, in deren äußerer Erschei-
nung alle Bauperioden späterer Zeit sich spiegeln.
Die alte Kirche des hl. Petrus zu Rom war ein Musterbeispiel
jener Richtung des Kirchenbaues, die auf die Grundform der
antiken Basilika zurückging. Jst es nicht wunderbar, daß ohne
Absicht die zweite Kirche S. Petri, Bramantes Werk, mit der
wunderbaren Kuppel, die Michelangelo schuf, ursprünglich aus
die zweite Grundgestalt zurückgeht, nach der schon früheste
Christen ihre Kirchen erbauten? Als ein Zentralbau war der
A'üb. 7 (Text S. 9)
Aachcn, Palastkapelle des Münsters
Phot. K. Meßbrldanstalt, Berlin
Abb. 6
(Text S. 7)
Ravemia
Jnricres von S. Vitale
Handelsverkehr zusammengekorirmen wa-
ren, oder die ihr Recht suchten, dienten
schon in der späten Zeit des Griechen-
tums, noch viel mehr bei den Römern
jene Gebäude, die nran Basiliken nennt.
Sie bestanden aus einem rechteckigen
Raume, der von einem selbstündig
überdachten, niedrigen Umgange ein-
geschlossen war. Für den aufsichtfüh-
renden oder rechtsprechendenBeamten
gab es gewöhnlich am Ende des
Mittelraumes einen erhöhten abge-
sonderten Platz in einer Apsis. Fan-
den sich in diesen Hallen die Leute
ihrer weltlichen Zwecke willen zusam-
men, so war derselbe Raum auch wie
geschaffen für gottesdienstliche Ver-
einigungen. So wurde die antike
Basilika seit dem 4. Jahrhundert das
Borbild, ihr einfacher zweckmäßiger
Grundriß die Unterlage sür den Ent-
wurf zahlreicher Kirchen der frühesten
Zeit.
Jm Orient wie in Deutschland,
auf französischem Boden wie auf
italienischem finden sie sich. Keine
aber ist so wichtig, keine verlangt
mit größerem Rechte danach, daß
ihrer hier zu allererst gedacht werde,
als die alte, zugrunde gegangene vati-
kanische Basilika des hl. Pelrus zu
Rom. Über dem Grabe des von Nero
hingemordeten heiligen Apostels erhob
sich das alte, erhebt sich das neue Ge-
bäude, wie der Bau der Kirche Christi
nach dem Worte des Heilandes aus
Petrus, den Felsen, gegründet ist. Jene war eine fünfschifsige
Basilika (Abb. 3). Hoch ragte das Mittelschiff mit seinem schlicht
gezeichneten Dachgiebel über die beiderseits anstoßenden Seiten-
schiffe empor. Durch Säülenstellungen waren diese voneinander
getrennt. Gerade vor sich sah man in der Mitte die jenseits
eines schmalen Querschiffes liegende niedrige sensterlose Nische
(Apsis), vor deren Stufen ein ums Jahr 790 errichteter Vorbau
mit zwölf Säulen, die in zwei Reihen hintereinander standen,
gleich einem Lettner (Abschlußschranke des Chores) aufgestellt
waren. Von der Wirkung jenes Bauwerkes, die gerade wegen
seiner schlichten Form imposant gelvesen sein muß, und die durch
reiche Ausstattung, durch Wandnralereien und anderes Werk der
Kunst gehoben ward, kann man sich jetzt noch einen Begriff
machen, wenn man ähnliche Kirchen anschaut, so in Rom
S. Clemente, S. Paolo fuori le mura mit seinem herrlichen
Schmucke von Marmor, Malereien und Gold (Abb. 4), in Mai-
land S. Ambrogio, in Parenzo die Basilica, in Ravenna die
herrlich erhaltene Kirche S. Apollinare in Classe, aus neuester
Zeit in Deutschland die S. Bonifatiuskirche, die König Ludwig I.
in München hat errichten lassen. Aber auch von einer echten
alten Basilika ist uns in Deutschland wenigstens noch ein Stück
erhalten. Es gehört zu dem Dome von Trier. Es ist die ältefle
aller deutschen Kirchen, zugleich eine, in deren äußerer Erschei-
nung alle Bauperioden späterer Zeit sich spiegeln.
Die alte Kirche des hl. Petrus zu Rom war ein Musterbeispiel
jener Richtung des Kirchenbaues, die auf die Grundform der
antiken Basilika zurückging. Jst es nicht wunderbar, daß ohne
Absicht die zweite Kirche S. Petri, Bramantes Werk, mit der
wunderbaren Kuppel, die Michelangelo schuf, ursprünglich aus
die zweite Grundgestalt zurückgeht, nach der schon früheste
Christen ihre Kirchen erbauten? Als ein Zentralbau war der
A'üb. 7 (Text S. 9)
Aachcn, Palastkapelle des Münsters
Phot. K. Meßbrldanstalt, Berlin