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schauen, siehe da schwiudet die Erscheinung. Ein
anderer schreitet herfür, auch er stolz und gebieterisch.
„Kaiser Ludwig der Bayer" ruft seinen Namen draußen
das jubelnde Volk. Mitten nn Dome bleibt er stehen
und blickt sich um. Jn voller Arbeit sind die Bam
leute. Wird doch seit Jahren daran geschafft, den
Dom von Augsburg zu vergrößern. Glänzenden
Auges neben dem Kaiser steht der ehrwürdige Dom-
kustos Konrad von
Randegg und weist
voll Stolz und Be-
scheidenheit, wie herr-
lich nach seinem Plan
und Wunschedas Got-
teshaus wird, Altes
und Neues in ihm zu
Prachtvoller Harmo-
nie, obzwar nicht zur
Einheitsichverschmilzt.
Borüber auch sie!
Wer läßt seine Stim-
me durch den Raum
des Gotteshauses er-
schallen? Dort auf
der Kanzel steht der
Barfüßer Johannes
Capistranus. Gewal-
tig greift seine Pre-
digt ans Herz und
mahnt den Sünder
zur Buße. Der Laut
verhallt, das Bild ver-
schwimnck. Nur durch
das hehre Kirchen-
schiff zittert es wie
ein ferner Nachhall
und verliert sich in
den Chören, und die
Grabsteine in all den
Kapellen stehen stunnn
als Denkmäler der Er-
innerung.
Folget mir weiter.
Schon "steigt vor uns
die Riesemnauer der
Alpen empor, des
Deutschtums südlicher
Grenzwall. Basel heißt
dieser Ort, der so
altertümlich und an-
sehnlich sich vor uns
ausbreitet.
Dort gab es einen Tag, wo es schien, als sollte
es der Stadt ans Leben gehen. Das war der 18. Ok-
tober 1356. Am selbigen Tage kam ein gewaltiges
Erdbeben. Das rüttelte und schüttelte alles durch-
einander. Und als die Baseler danach ihre Stadt
anschauten, so war fast nichts unbeschädigt geblieben.
Selbst von dem stolzen Dome standen nur noch
Stücke. Darum sehen wir ihn heute als ein Gemisch
romanischer und gotischer Bestandteile. Von den
Resten, die noch vom alten Dome übrig sind, ist
gewiß der wertvollste die Galluspsorte (Abb. 25), die
nördlich vom Platze aus in das Querschiff leitet. Je
sünf zierliche Säulennischen mit Heiligenfiguren
darin rahmen zu beiden Seiten das reich verzierte
romanische Portal ein. Mit welch einer Fülle von
sinnvoller Bildhauerarbeit ließ man denHaupteingang
zur Kirche schmücken! Da ist der Heiland mit St. Pe-
trus und Paul, da sind die klugen und törich-
ten Jungfrauen, das
Jüngste Gericht und
manches andere. Uber
dem Portal aber öffnet
sich kreisrund ein präch-
tiges Fenster, eine
Rose, geziert mit einer
Darstellung desGlücks-
rades. Köstlich ist auch
der Schmuck des Jn-
nern.
Denn das Glück
oder sagen wir lieber
die Hand Gottes, die
es lenkt, bringt die
Schlichten zu Ehren
und beugt die Mäch-
tigen. Welches Volk
war einst mächtiger
denn das rönrische?
Und doch mußte seine
Jmperatorengewalt
niedersinken.
Auf der steilen Hö-
he, oberhalb der heu-
tigen Stadt Klausen
in Tirol, wo die Rö-
mer von ihrenr Kastell
Sabionaaus dasEtsch-
tal bewachten, grün-
dete der hl. Jngenuin
sein Bistum. Es ward
nachmals an die Stätte
Prichsna verlegt, die
heute Brixen heißt.
Noch zeigt der Dom
von Brixen in seiner
heutigen Gestalt Reste
aus alter Zeit. Aber
zunreist ist er weit
jünger. KasparJgnaz
Graf von Künigl,
Fürstbischof von Bri-
xen, ließ das Bauwerk
seit 1745 nach denr Plane des Bozeners Joseph
Delaja prächtig erneuern. Jtalienische und deutsch-
tirolische Kunst wetteifern rrnd zeigen sich der gro-
ßen künstlerischen Vergangenheit würdig, die hier in
Brixen so Herrliches geschaffen hat. Sieh im Kreuz-
gange die uralten gotischen Malereien. Sie zeugen
davon, wie vom Ende des 14. bis in das 16. Jahr-
hundert hinein frommer Sinn edelste Kunst hier
gestiftet und geschaffen hat zu einem Denkmal, des-
gleichen auf deutschem Boden sonst nicht zu sinden.
Abb. 33 <Text S. 2g) Bern. Münster
schauen, siehe da schwiudet die Erscheinung. Ein
anderer schreitet herfür, auch er stolz und gebieterisch.
„Kaiser Ludwig der Bayer" ruft seinen Namen draußen
das jubelnde Volk. Mitten nn Dome bleibt er stehen
und blickt sich um. Jn voller Arbeit sind die Bam
leute. Wird doch seit Jahren daran geschafft, den
Dom von Augsburg zu vergrößern. Glänzenden
Auges neben dem Kaiser steht der ehrwürdige Dom-
kustos Konrad von
Randegg und weist
voll Stolz und Be-
scheidenheit, wie herr-
lich nach seinem Plan
und Wunschedas Got-
teshaus wird, Altes
und Neues in ihm zu
Prachtvoller Harmo-
nie, obzwar nicht zur
Einheitsichverschmilzt.
Borüber auch sie!
Wer läßt seine Stim-
me durch den Raum
des Gotteshauses er-
schallen? Dort auf
der Kanzel steht der
Barfüßer Johannes
Capistranus. Gewal-
tig greift seine Pre-
digt ans Herz und
mahnt den Sünder
zur Buße. Der Laut
verhallt, das Bild ver-
schwimnck. Nur durch
das hehre Kirchen-
schiff zittert es wie
ein ferner Nachhall
und verliert sich in
den Chören, und die
Grabsteine in all den
Kapellen stehen stunnn
als Denkmäler der Er-
innerung.
Folget mir weiter.
Schon "steigt vor uns
die Riesemnauer der
Alpen empor, des
Deutschtums südlicher
Grenzwall. Basel heißt
dieser Ort, der so
altertümlich und an-
sehnlich sich vor uns
ausbreitet.
Dort gab es einen Tag, wo es schien, als sollte
es der Stadt ans Leben gehen. Das war der 18. Ok-
tober 1356. Am selbigen Tage kam ein gewaltiges
Erdbeben. Das rüttelte und schüttelte alles durch-
einander. Und als die Baseler danach ihre Stadt
anschauten, so war fast nichts unbeschädigt geblieben.
Selbst von dem stolzen Dome standen nur noch
Stücke. Darum sehen wir ihn heute als ein Gemisch
romanischer und gotischer Bestandteile. Von den
Resten, die noch vom alten Dome übrig sind, ist
gewiß der wertvollste die Galluspsorte (Abb. 25), die
nördlich vom Platze aus in das Querschiff leitet. Je
sünf zierliche Säulennischen mit Heiligenfiguren
darin rahmen zu beiden Seiten das reich verzierte
romanische Portal ein. Mit welch einer Fülle von
sinnvoller Bildhauerarbeit ließ man denHaupteingang
zur Kirche schmücken! Da ist der Heiland mit St. Pe-
trus und Paul, da sind die klugen und törich-
ten Jungfrauen, das
Jüngste Gericht und
manches andere. Uber
dem Portal aber öffnet
sich kreisrund ein präch-
tiges Fenster, eine
Rose, geziert mit einer
Darstellung desGlücks-
rades. Köstlich ist auch
der Schmuck des Jn-
nern.
Denn das Glück
oder sagen wir lieber
die Hand Gottes, die
es lenkt, bringt die
Schlichten zu Ehren
und beugt die Mäch-
tigen. Welches Volk
war einst mächtiger
denn das rönrische?
Und doch mußte seine
Jmperatorengewalt
niedersinken.
Auf der steilen Hö-
he, oberhalb der heu-
tigen Stadt Klausen
in Tirol, wo die Rö-
mer von ihrenr Kastell
Sabionaaus dasEtsch-
tal bewachten, grün-
dete der hl. Jngenuin
sein Bistum. Es ward
nachmals an die Stätte
Prichsna verlegt, die
heute Brixen heißt.
Noch zeigt der Dom
von Brixen in seiner
heutigen Gestalt Reste
aus alter Zeit. Aber
zunreist ist er weit
jünger. KasparJgnaz
Graf von Künigl,
Fürstbischof von Bri-
xen, ließ das Bauwerk
seit 1745 nach denr Plane des Bozeners Joseph
Delaja prächtig erneuern. Jtalienische und deutsch-
tirolische Kunst wetteifern rrnd zeigen sich der gro-
ßen künstlerischen Vergangenheit würdig, die hier in
Brixen so Herrliches geschaffen hat. Sieh im Kreuz-
gange die uralten gotischen Malereien. Sie zeugen
davon, wie vom Ende des 14. bis in das 16. Jahr-
hundert hinein frommer Sinn edelste Kunst hier
gestiftet und geschaffen hat zu einem Denkmal, des-
gleichen auf deutschem Boden sonst nicht zu sinden.
Abb. 33 <Text S. 2g) Bern. Münster