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Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

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Berühmte Kathedralen des Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.21075#0030
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Abb. 36 (Text S. 30) Mailand, Dom

die Baukunst sich nicht aus den Banden des rund-
bogigen Gewölbebaues zu befreien vermochte. Es
war die gewaltige Errungenschaft der damaligen
Neuzeit, daß man nach orientalischem Vorbilde den
runden durch den spitzen Bogen zu ersetzen begann.
Den nach den Seiten gehenden Dmck der Gewölbe
fing man außen mit Pfeilern ab, den Schub der
Gewölbe der Mittelschiffe durch Strebebögen, die
sich in kühnen Linien von diesen Strebepfeilern
außen zum Mittelschiffe hinüberschwingen und seinen
Gewölben den Halt geben. Nun löst sich alle
Schwere, die den romanischen Bauten eigen war,
in leichte Heiterkeit aus. Die wuchtige Wandfläche
weicht, mächtige Fenster treten an ihre Stelle.
Die Grundform des Kirchenbaues bleibt auch in der
gotischen Zeit jene der Basilika, die Form des latei-
nischen Kreuzes ist die herrschende. Stolze Pfeiler
von reichster Durchbildung trennen von den Seiten-

schiffen das Mittelschiff. Über ihren schlanken, spitzen
Bögen zieht sich ein niederer Säulengang hin, den man
das Triforium nennt. Über diesem leuchtet die Reihe
der oberen Fenster in das Mittelschiff hernieder. Wie
in alter Zeit fügt sich an dieses jenseits des Querschiffes
der Chor an. Seine Gewölbe setzen jenes des Mittel-
schiffes fort und vereinigen sich in dem mehreckigen
Chorschlusse, wo majestäiisch der Hochaltar sich er-
hebt. Um den Altarraum ziehen sich über das Quer-
schiff hinweg die Seitenschiffe, umkreisen deu Chor-
schluß und daran schließt sich an so mancher Kirche,
als wären es die Perlen in einer Krone, ein Kranz
von kleinen Kapellen. Uber das prachtvolle Bauwerk
aber erheben sich die Türme stolz iu die Lüfte, manch-
mal einer, vielfach zwei, wohl auch mehr, über dem
Kreuzungspunkte des Längs- und Querhauses —
der Vierung — ein zierlicher spitzer Dachreiter.
Schlank recken sich die Turmpyramiden empor, durch
 
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