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Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

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Berühmte Kathedralen des Mittelalters
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https://doi.org/10.11588/diglit.21075#0042
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halle; dreieckig ist sie zu Ehren der
allerheiligsten Dreifaltigkeit, gleich
der nördlichen Torhalle des Erfurter
Domes. Schließlich ist der Regens-
burger Dom unvollendet stehen ge-
blieben. Unvollendet seine Türme,
die erst Bischof Jgnatius von Sene-
strey 1859 bis 1869 mit Unterstützung
König Ludwigs I. von Bayern durch
den Architekten Denzinger zu Ende
führen ließ. Unausgeführt auch bis
zum heutigen Tage ist das Stück, das
dem Regensburger Dome die schönste
Vollendung hätte geben müssen, der
im Mittelalter geplante achteckige
Turm über der Vierung, dort, wo
jetzt ein bescheidener Dachreiter steht.
Unvollendet ist der Schmuck, dessen
Fülle uns dennoch, zumal an der
westlichen Front, mit Staunen er-
füllt. Denn es lebt eine Welt von
Stein an diesen Wänden, an diesen
Pfeilern, in der Pracht dieser Por-
tale. Die Schatzkammer plünderten
die diebischen Finger der Schweden.
Welch ein unermeßlicher Schatz muß
dem Regensburger Dome einstmals
gehört haben, daß trotz alledem noch
jetzt !so vieles Kostbare erhalten ist.
Und wenmwir bedenken, daß dieser
Regensburger Domschatz heute doch
nur einer von den kleinen ist, daß
es viel größere gibt, wie in Hildes-
heim, Halberstadt, Braunschweig, in
Aachen, Essen, Hannover, in Lüne-
burg, Limburg, Danzig, in den Do-
men von Siegburg, Bamberg und
in anderen, so müssen wir wohl
dankbar die göttliche Macht preisen,
die durch Zeiten namenlosen Un-
glücks doch ihre schützende Hand über
so vielem gehalten hat, was frommer
Sinn, vereint mit Kunstbegeisterung
an den heiligen Stätten dankbar auf-
gestellt hatte.

Jm stolzen Donaustrome wiegt
sich des Regensburger Domes Wider-
bild. Ja, es ist wahr, daß in unse-
ren Wassern Perlen zu sinden sind!
Die köstlichsten aber erglänzen in
der Krone der Kirche. Den Donau-
wellen entgegen wandern wir, solche
Kleinode zu suchen. Wo Bayern
und Württemberg sich die Hand rei-
chen, dort ist der köstlichsten eine.
Schaue diesen !Turm mit sonder-
licher Achtung an. Er ist der höchste,
den irgendeine Kirche der Welt be-
sitzt (Abb. 57). Ulm hat seit 1890
alle andern Städte überflügelt, selbst
Köln, dessen Domtürme ein weniges
niederer sind. Welcher Reichtum,

Abb. SS (Lext S. 86) München, Frauenkirche

Phot. G. Böttger, München
 
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