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ALb. S7 Mext S. SS>
Ulm, Münster von SLdwestcn
Phot. Konrad Wittwer, Stuttgart
an Schönheit welche Fülle! Als könnte sie sich
nicht genug tun, so quillt sie iin Turmbau empor,
nachdem sie seine Borhalle mit ihren Gaben über-
schüttet hat, so steigt sie hymnensingeud dem Him-
mel entgegen. Und jede Linie, jede Form schwingt
sich mit empor im brausenden Chorale, hoch über
das Leben des Alltags und doch ihm unablässig
vernehmbar, mahnend, tröstend, die Zuversicht nach
oben lenkend. Das Ulmer Münster ist längst denr
Dienste des protestantischen Bekenntnisses
übergeben. An die Zeiten seiner eigent-
lichen Bestimnmng mahnt aber noch jetzt
der köstliche Schatz edler, echt deutscher
Kunst, die in steinernen und gemalten
Werken au ihm, in ihm sich birgt, und
in denen der Herzschlag alter schöner
Zeit noch uns Nachkommen so freund-
lich entgegenpocht. Aus dem Nebel der
Vergangenheit taucht ihr Bild Zug um
Zug. Gestalt gewinnt und Leben, was
wir von ihr lesen in älten Büchern und
Mären, von hochgemuten Helden, von
ihres Erdenwallens Freud und Leid, von
Rittertum und Bürgerstoh und von der
Kirche Herrlichkeit, wie sie thronend
herrschte und die Herzen und die Welt
lenkte. Jn die Fluten des Rheines ver-
senkte Hagen den Nibelungenhort. Des
weltlicher Glanz verlockte niemand mehr
zu Raub und Gewalttat. Aber an den
Ufern des Rheines streute die Kirche
mit gütiger Hand köstliche Schätze da-
hin, bessere denn jene, und die kein
Rost zerfrißt, noch ein Dieb entführt.
Jenseits des Stromes, der seit Urzeit
die Straße der Kultur war, gründete
sie den herrlichen Dom von Metz (Abb.
59 und 60). Aber wieviel größer wird
unser Staunen, wie wir am Rheine
die Herrlichkeit unserer drei groszen go-
tischen Dome bewundern.
Blickt man von den benachbarten
Höhen auf die Stadt Freiburg, so ist
es, als versänke sie in der Tiefe, als
stiege der Riesenbau des Münsterturmes
(Abb. 58) immer mehr in die Höhe.
Erst hier ist zu verstehen, was die Maje-
stät eines Bauwerkes wie dieses zu be-
sagen hat. Erst hier, wo seine Riesen-
größe recht zu übersehen ist und da-
bei die wundervolle Leichtigkeit des
Spitzengewebes, womit der Genius seines
Kunstmeisters den Stein aufgelöst, seine
Schwere ihm genommen, seine Härte in
Zartheit gewandelt hat. Solches Wun-
derwerk der Kunst steht nun schon seit
dem Ende des 13. Jahrhunderts. Jn
dem Turme, dem frühesten, der von
seinesgleichen in Deutschland entstanden
ist, gipfelt alles; nichts vermag damit
den Vergleich auszuhälten. Und doch,
wie prachtvoll ist das westliche Por-
tal, wie wunderschön mit der Harmonie seiner
reichen Pfeiler, seines gesamten Bildes das
Jnnere, das im Chore seinen edeln Abschluß fin-
det. Wie kostbar sind des Domes Bildhauer-
zierden, die Glasmalereien, die herrlichen Altar-
werke, die uns ein Hans Baldung und andere
größte Meister deutscher Vergangenheit geschenkt
haben.
Straßburg wird im Volksmunde gepriesen als
ALb. S7 Mext S. SS>
Ulm, Münster von SLdwestcn
Phot. Konrad Wittwer, Stuttgart
an Schönheit welche Fülle! Als könnte sie sich
nicht genug tun, so quillt sie iin Turmbau empor,
nachdem sie seine Borhalle mit ihren Gaben über-
schüttet hat, so steigt sie hymnensingeud dem Him-
mel entgegen. Und jede Linie, jede Form schwingt
sich mit empor im brausenden Chorale, hoch über
das Leben des Alltags und doch ihm unablässig
vernehmbar, mahnend, tröstend, die Zuversicht nach
oben lenkend. Das Ulmer Münster ist längst denr
Dienste des protestantischen Bekenntnisses
übergeben. An die Zeiten seiner eigent-
lichen Bestimnmng mahnt aber noch jetzt
der köstliche Schatz edler, echt deutscher
Kunst, die in steinernen und gemalten
Werken au ihm, in ihm sich birgt, und
in denen der Herzschlag alter schöner
Zeit noch uns Nachkommen so freund-
lich entgegenpocht. Aus dem Nebel der
Vergangenheit taucht ihr Bild Zug um
Zug. Gestalt gewinnt und Leben, was
wir von ihr lesen in älten Büchern und
Mären, von hochgemuten Helden, von
ihres Erdenwallens Freud und Leid, von
Rittertum und Bürgerstoh und von der
Kirche Herrlichkeit, wie sie thronend
herrschte und die Herzen und die Welt
lenkte. Jn die Fluten des Rheines ver-
senkte Hagen den Nibelungenhort. Des
weltlicher Glanz verlockte niemand mehr
zu Raub und Gewalttat. Aber an den
Ufern des Rheines streute die Kirche
mit gütiger Hand köstliche Schätze da-
hin, bessere denn jene, und die kein
Rost zerfrißt, noch ein Dieb entführt.
Jenseits des Stromes, der seit Urzeit
die Straße der Kultur war, gründete
sie den herrlichen Dom von Metz (Abb.
59 und 60). Aber wieviel größer wird
unser Staunen, wie wir am Rheine
die Herrlichkeit unserer drei groszen go-
tischen Dome bewundern.
Blickt man von den benachbarten
Höhen auf die Stadt Freiburg, so ist
es, als versänke sie in der Tiefe, als
stiege der Riesenbau des Münsterturmes
(Abb. 58) immer mehr in die Höhe.
Erst hier ist zu verstehen, was die Maje-
stät eines Bauwerkes wie dieses zu be-
sagen hat. Erst hier, wo seine Riesen-
größe recht zu übersehen ist und da-
bei die wundervolle Leichtigkeit des
Spitzengewebes, womit der Genius seines
Kunstmeisters den Stein aufgelöst, seine
Schwere ihm genommen, seine Härte in
Zartheit gewandelt hat. Solches Wun-
derwerk der Kunst steht nun schon seit
dem Ende des 13. Jahrhunderts. Jn
dem Turme, dem frühesten, der von
seinesgleichen in Deutschland entstanden
ist, gipfelt alles; nichts vermag damit
den Vergleich auszuhälten. Und doch,
wie prachtvoll ist das westliche Por-
tal, wie wunderschön mit der Harmonie seiner
reichen Pfeiler, seines gesamten Bildes das
Jnnere, das im Chore seinen edeln Abschluß fin-
det. Wie kostbar sind des Domes Bildhauer-
zierden, die Glasmalereien, die herrlichen Altar-
werke, die uns ein Hans Baldung und andere
größte Meister deutscher Vergangenheit geschenkt
haben.
Straßburg wird im Volksmunde gepriesen als