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Die Kunst dem Volke <München> — 1911 (Nr. 5-8)

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Joseph Ritter von Führich sein Leben und seine Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.21075#0070
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Medaille „Vv ai-tk msrito" eiupfangeu, crhielt er
nun das Ritterkreuz des päpstlichen St. Gregorius-
Ordens, nne die gleiche Dekoration des öster-
reichischen Franz Joseph-Ordens — ein Beweis,
daß sein Wirken und Schaffen von den höchsten
geistlichen und weltlichen Autoritäten anerkannt
worden. Dabei blieb dem Künstler stets ein Trost
sein Freundeskreis: in Schönlinde noch hatte er cin
Töchterchen zu Grab geleiten müssen, nächst Vater
und Mutter hatte er manch teueren Freund verlo-
ren, wie Schroff und Jarcke — dafür traten andere
in diese Lücken. Nach wie vor blieb sein schlichtes
Heim ein gern gesuch-
ter Sammelpunkt stim-
mungsverwandterSee-
len und Gelehrter, wic
Arndts, Philipps, Al-
bertJäger, Maaßen,die
Dichter Redwitzund Ei-
chendorff, Dr. Gruscha
undBrunner, Vertreter
aus geistlichem wie aus
demLaienstande — na-
türlich nicht zulctztseine
Zunftgenossen, wie Ku-
pelwieser und Schwind
und seine eigcnen Schü-
ler fanden sich in dem
gemütlichen Kreise, in
dem der einfache Hcms-
vater,seineSchemnitzer-
pfeife rauchend, das do-
minierende Präsidium
unbestritten innehatte.

Die 1851 erfolgte
llmgestaltung der Wie-
ner Akademie brachte die
Aufhebung der Proses-
sur für Kompositions-
lehre mit sich, zum Leid-
wesenFührichs und sei-
ner Schüler, auf deren
Bitten er die gewohnten
Vorträge durch längere
Zeit in seinerWohnung
forts etzte; sie sind später-
hin zum Teile in den
Broschüren „Von derKunst" (Manz, Regensburg),
sowie „DieKunst und ihre Formen" (Woerl,Würz-
burg) in Druck gelegt worden. An der Akademie
wurde ihm eine der neuerrichteten Meisterschulen
für Malerei zugewiesen.

Nun trat endlich auch eine Aufgabe an Führich
heran, welche ihm die Gelegenheit bot, sein künst-
lerisch-schöpferisches Können in hervorragender
Weise zu zeigen. Jn einer Zeit, „wo allc Pläne
für öffentlicheBauten von architektonisch gedrillten
Beamten der staatlichen Baubureaus entworfen zu
werden pflegten", übertrug Kultusminister Graf
Leo Thun dem Meister die Jnnenausschmückung
der eben vollendeten romanischen Kirche „Zu den
siebenZufluchten" inderVorstadtAltlerchenfeld, ein

Auftrag, au dessen Ausführung Führich mit Feuer-
eifer und voller Begeisterung schritt. Bald konnte
er den von ihm entworsenen Gesamtplan dem
Minister vorlegen und erhielt dessen völlige Ge-
nehmigung. Carl von Lützow bemerkt hierzu iu
seinem Buche „Wien 1848 — 1888": „Das Jnnere
der schönen Kirche gab den Anstoß zu einer groß-
artigen Schöpfung monumentaler Malerei, zu dem

Freskenzyklus Führichs und seiner Genossen.-

Die Romantiker und Neu-Deutschen wandten Wien
den Rücken oder siechten kraftlos dahin. Der tem-
peramcntvolle, märchendustige Schwind fand in

München, der edle zart-
sinnige E. v. Steinle in
Frankfurt seinen Wir-
kungskreis. NurFüh-
rich, allerdings bei
iveitem das stärkste
Talent dieser ern-
sten Richtung, wur-
zeltefestinderöster-
reichischen Heimat
undlegteschon inseinem
Passionszyklus der Jo-
hanneskirche eineProbe
seines Beruses zur mo-
numentalen Kunst ab.
Der Freskenschnmck der
Altlerchenfelder Kirche,
zu dessen Ausführung
I. Binder, C. v. Blaas,
F.Dobiaschofsky, Ed.v.
Engerth,LeopoldKupel-
wieser, K.Mayer,Josef
Schönmann und Leo-
pold Schulz sich mit
Führich vereinigten.hat
die auf den Meister ge-
setztenHoffnungen glän-
zend gerechtsertigt." —
Führich selbst schuf
dazu sämtlichc Kompo-
sitionen für das Pres-
byterium und zwar das
diegesamteHöhederAp-
sisausfüllendeundzchn
Kartons erfordernde
Hauptbild „Die Trinität mit den Heiligen", zwei
große Bilder über den Oratorien „Auferweckung
des Lazarus" und den „Ungläubigen Thomas"
(Abb. 31) — die Erweckung vom leiblichen und
geistigenTode —, vier kleinere Bilder „Petrus auf
den Wellen", „Die Jünger in Emaus", „Das
Fegefeuer" und den „Schutzengel", schließlich an
den Rückwänden der Seitenschiffe die müchtigen
Kompositionen vom „Engelsturz" und „Jüngsten
Gericht" — Beginn und Abschluß der Zeit.

Nahezu zehn Jahre ersorderte dieses Werk, ein
Zeugnis einträchtigen Zusammenwirkens vater-
ländischer Künstler, dem selbst ein moderner
Kritiker wie A. Nossig (Kunstgeschichte) die An-
erkennung der „Nazarenerkunst" nicht versagcn

Abb. 32 IText S. 23) St. Benedtkt und Scholastika
 
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